Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
die anderen schnitten ihren Pferden die Mähnen ab und warfen die Haare auf die Scheiterhaufen. Tamír steuerte außerdem eine Locke ihres eigenen Haars für Korin, Porion und Lorin bei.
Die Feuer brannten den ganzen Tag und den Großteil der Nacht, und als die Asche abgekühlt war, wurde sie in Tongefäße gefüllt, auf dass sie zu den Familien der Verstorbenen gebracht werden konnte. Jene Korins nahm Tamír mit in ihr Zelt.
Zur Klärung der Frage, die unbeantwortet zwischen Ki und ihr hing und mittlerweile vermutlich das gesamte Lager beschäftigte, breitete sie ihr Nachtlager neben seiner Pritsche aus, schlief neben ihm und hielt seine Hand.
Kapitel 56
Nalia erwachte in Dunkelheit durch Gebrüll und die Geräusche von Pferden unten auf dem Hof. Einen erschrockenen Augenblick lang vermeinte sie, von jener Nacht zu träumen, in der Korin sie erstmals aufgesucht hatte.
Zitternd schickte sie Tomara los, um in Erfahrung zu bringen, was vor sich ging, dann warf sie einen Morgenrock über und eilte hinüber zum Fenster. Nur eine Handvoll von Reitern war eingetroffen. Zwar konnte sie nicht verstehen, was unten gesprochen wurde, doch es hörte sich nicht nach einem Sieg an.
Als Tomara auch nach einer Weile noch nicht zurückgekehrt war, zog sie sich rasch an, setzte sich neben das Feuer und spielte beunruhigt mit dem Perlenstrang über ihrer Brust.
Ihre Befürchtungen wurden bestätigt. Die Tür flog auf, und Fürst Alben wankte herein, wobei er sich schwer auf Tomara stützte. Sein Gesicht und seine Kleider waren blutig, die Haare hingen verfilzt um sein blasses Antlitz.
»Tomara, hol Wasser und Wein für Fürst Alben. Herr, bitte setzt Euch.«
Alben brach auf einen Lehnstuhl zusammen, und eine Zeit lang konnten sie ihm kein vernünftiges Wort entlocken. Tomara wusch sein Gesicht mit Rosenwasser, um ihn zu beleben, während Nalia angespannt und händeringend daneben ausharrte.
Endlich erholte sich Alben ausreichend, um zu sprechen. »Majestät!«, stieß er hervor, und seine plötzlichen Tränen untermauerten das Schlimmste, was sie sich ausgemalt hatte. »Der König ist tot!«
»Wir sind verloren!«, zeterte Tomara. »O Herrin, was wird jetzt aus Euch?«
Nalia sank neben dem verstörten Mann auf einen Schemel. Sie fühlte sich zugleich einer Ohnmacht nah und wie betäubt. »Wann, Herr? Wie ist er gestorben?«
»Vor zwei … nein, mittlerweile drei Tagen durch die Hand des Verräters Tobin. Ich bin sofort hergekommen, um Euch zu warnen.« Er umklammerte ihre Hand. »Hier schwebt Ihr in Gefahr. Ihr müsst fliehen!«
»Tot.« Nalia konnte kaum atmen. Ich habe keinen Gemahl mehr, mein Kind keinen Vater …
»Ihr müsst mit mir kommen«, beharrte Alben. »Ich werde Euch beschützen.«
»Wirklich?« Zuerst Niryn, der sie verraten hatte, dann Korin, der sie nicht lieben konnte, und nun dieser Mann, der noch nie zuvor ein freundliches Wort für sie übriggehabt hatte? Der unverhohlen über ihr unansehnliches Gesicht gekichert hatte? Er wollte ihr Beschützer sein? Tomara fegte bereits durch das Zimmer, riss Schränke und Truhen auf und zog Gewänder zum Packen heraus.
»Hoheit?« Alben harrte ihrer Antwort.
Sie schaute zu ihm auf und blickte in dunkle Augen, in denen Panik stand. Und etwas anderes, das sie nur allzu gut kannte. Nalia zog die Hand von der seinen zurück und stand auf. »Danke für das großzügige Angebot, Herr, aber ich muss es ablehnen.«
»Seid Ihr wahnsinnig? Tobin und ihre Armee sind mir dicht auf den Fersen!«
» Ihre Armee? Also ist es von Anfang an wahr gewesen?«
Eine weitere Lüge, Niryn?
»Herrin, hört auf ihn! Ihr müsst fliehen, und alleine könnt Ihr nicht reisen!«, flehte Tomara sie an.
»Nein«, entgegnete Nalia entschieden. »Ich danke Euch für das Angebot, Herr, aber ich sehe keinen Vorteil darin. Ich bleibe. Wenn Ihr mir helfen wollt, dann übernehmt den Befehl über die Garnison und kümmert Euch um die Verteidigung der Festung. Geht und trefft an Vorbereitungen, was Ihr für notwendig haltet.«
»Das alles war zu viel auf einmal für sie, Herr«, meldete sich Tomara zu Wort. »Lasst sie ausruhen und darüber nachdenken. Kommt morgen Früh wieder.«
»Das kann er gerne tun, aber meine Antwort bleibt dieselbe«, sagte Nalia.
»Wie Ihr wünscht, Hoheit.« Alben stand auf, verneigte sich und ging.
»Oh, meine arme Herrin! Witwe, bevor Ihr Mutter werdet!« Tomara schluchzte und umarmte sie.
Als die Wirklichkeit der Lage in ihr Bewusstsein sickerte, weinte auch
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