Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
einen Gefährten für ihn. Lhel war so endgültig verschwunden wie der Dämon. Er fragte sich, ob er ihr vielleicht dereinst in den Augen eines Kindes wieder begegnen würde.
Als er in den Schutz der Bäume gelangte, ereilte ihn plötzlich ein Gedanke, und er hielt noch einmal inne. Behutsam fuhr er mit den Händen über sein Oo’lu . Es war noch heil und wies keinerlei Sprünge auf.
Mit einem schiefen Lächeln schulterte er es und setzte den Weg in Richtung der Berge fort. Seine Zeit des Reisens war noch nicht vorbei, und eigentlich störte es ihn nicht. Es war ein gutes, ein starkes Horn. Er fragte sich nur, wer sein neuer Führer werden würde.
Kapitel 55
Tamír hielt Ki die ganze Nacht fest und sorgte dafür, dass er wach blieb, indem sie von der Schlacht und ihren Plänen für die neue Stadt redete. Beide mieden es, das Einverständnis anzuschneiden, das sie erlangt hatten. Es war noch zu neu und zerbrechlich, um sich ausgiebiger damit zu befassen, zumal noch so viel vor ihnen lag. Auch Ki dabei zu beobachten, wie er sich in einen Helm übergab, war derlei Gedanken nicht gerade zuträglich. Seine rechte Wange wies einen großen Bluterguss auf, und ein Auge war zugeschwollen.
Bei Sonnenaufgang wirkte er erschöpft und unbehaglich, aber deutlich wacher. Der Regen hatte nachgelassen, und sie hörten, wie draußen Leute umhergingen und Verwundete stöhnten. Im Wind trieb der beißende Gestank von Rauch der ersten Scheiterhaufen.
Luchs brachte ihnen Frühstück – Brot und köstlichen Hammeleintopf, den der Kapitän eines der Schiffe aus Gedre geschickt hatte. Außerdem hatte er einen Heiltrank für Ki dabei. Er half ihm, diesen zu schlucken, dann grinste er. »Du siehst miserabel aus.«
Ki versuchte, eine finstere Miene aufzusetzen, verzog stattdessen vor Schmerzen das Gesicht und streckte Luchs die Zunge heraus.
Luchs kicherte. »Es geht dir tatsächlich besser.«
»Was ist mit den anderen?«, fragte Tamír, während sie abwechselnd mit Ki den Eintopf löffelte.
»Denen geht es recht gut. Für Korin und sein Gefolge haben wir Scheiterhaufen vorbereitet. Ki, unsere Freunde können es kaum erwarten, dich zu besuchen, falls du dich dem gewachsen fühlst.«
Das Zelt war nicht groß genug für alle. Tamír ging hinaus, um Platz zu schaffen. Luchs begleitete sie und stand stumm neben ihr, während sie den steifen Rücken streckte. Über Nacht waren weitere Zelte aufgestellt worden, ein Unterfangen, das immer noch im Gange war. Die Drysier kümmerten sich um die Hundertschaften von Verwundeten, die nach wie vor unter freiem Himmel lagen, und in der Ferne kräuselte sich schwarzer Rauch in den Morgenhimmel. Etwas abseits des Klippenrands waren mehrere große Scheiterhaufen aufgebaut worden. Einen zierten Korins Banner und Schild.
Die Wolken trieben in langen Fetzen auseinander, was besseres Wetter versprach, und das dunkelblaue Meer sprenkelte weiße Schaumkronen.
»Sieht so aus, als könnten wir endlich trocknen«, murmelte Tamír.
»Na, zum Glück. Mir wächst schon Moos am Hintern.« Luchs bedachte sie mit einem Seitenblick, und sie bemerkte sein schiefes Lächeln. »Verkündet ihr beiden es gleich hier oder wartet ihr noch, bis wir wieder in Atyion sind?«
»Du hast uns gehört?« Tamír spürte, wie ihre Wangen heiß wurden.
»Nein, aber ich habe Augen im Kopf. Nik und ich haben eine Wette darüber laufen, seit wir Alestun verlassen haben. Also stimmt es? Ist Ki endlich zur Besinnung gekommen?«
»Das könnte man so sagen, ja.«
»Wurde aber auch Zeit.«
Tamírs Blick wanderte zu den verhüllten Leichnamen, die in der Nähe aufgebahrt lagen. Tanil und Caliel befanden sich dort und hielten immer noch Totenwache. »Sag noch niemandem etwas. Zuerst soll angemessen um Korin getrauert werden. Immerhin war er ein Prinz.«
»Und ein Freund.« Luchs senkte die Stimme zu einem belegten Flüstern und wandte sich ab. »Wäre ich in jener Nacht nicht mit dir gegangen …«
»Ich bin froh, dass du auf meiner Seite gelandet bist. Und du?«
»Ich denke, ich auch.« Seufzend schaut er zurück zu Caliel und Tanil. »Für sie ist es härter.«
An jenem Nachmittag verbrannten sie Korin und die anderen. Die überlebenden Gefährten wohnten der Bestattung als Ehrengarde bei. Ki bestand darauf, hinausgetragen zu werden und hielt von einer Bahre aus zusammen mit ihnen Wache, bis ihn die Kraft verließ. Caliel stand mit ausdruckslosem Blick da. Tanil verhielt sich ruhig, wirkte aber wie benommen.
Tamír und
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