Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
keine Anzeichen dafür, und als das Gebräu fertig war, schenkte er für sie beide ein und trank als Erster einen ausgiebigen Schluck. Nalia nippte zögerlich.
»Schmeckt er Euch, Hoheit? Meine Meisterin hat mir beigebracht, Tee eher stark zu kochen.«
»Eure Meisterin?«, fragte sie.
»Die Zauberin, die meine Lehrmeisterin war«, erklärte er.
»Ah.«
Sie verstummten wieder, doch alsbald stellte er seine Tasse ab und musterte sie nachdenklich.
»Habt Ihr Niryn getötet?«
»Ja. Bestürzt Euch das?«
»Nicht wirklich. Ich weiß, wozu der Mann fähig war, und wenn ich mich nicht irre, habt Ihr es auch erfahren.«
Nalia schauderte und erwiderte nichts.
»Ich spüre, dass Euch noch etwas von seinen fauligen Zaubern anhaftet, Herrin. Wenn Ihr gestattet, entferne ich sie.«
Nalia umklammerte ihre Tasse krampfhaft, hin- und hergerissen zwischen Abscheu beim Gedanken, Reste von Niryn an sich zu haben, und der Furcht vor einer Hinterlist.
»Bei meinen Händen, meinem Herzen und meinen Augen, Herrin, ich würde Euch oder dem Kind nie etwas zuleide tun«, gelobte Arkoniel, der ihre Gedanken abermals erriet.
Nalia rang noch eine Weile mit sich, aber als er sie nicht bedrängte, nickte sie schließlich.
Wenn er vorhatte, sie mit diesem freundlichen Gebaren und den beschwichtigenden Worten hinters Licht zu führen, konnte sie es auch gleich in Erfahrung und somit hinter sich bringen.
Arkoniel zog einen zierlichen Kristallstab hervor, hielt ihn zwischen seinen Handflächen und schloss die Augen. »Ah, ja, da ist es«, sagte er nach kurzer Zeit. Er legte ihr eine Hand auf den Kopf, und Nalia spürte, wie kribbelnde Wärme ihren Körper durchströmte. Es fühlte sich völlig anders als Niryns Magie an; dies war wie Sonnenschein im Vergleich zu bitterem Frost.
»Ihr seid befreit, Herrin«, verkündete er und kehrte zu seinem Stuhl zurück.
Nalia überlegte, wie sie es überprüfen könnte. Da ihr nichts anderes einfiel, sprudelte sie hervor: »Niryn hat mich verführt.«
»Ah, ich verstehe.« Der Zauberer schien über die Offenbarung keineswegs entsetzt zu sein, nur traurig. »Nun, er besitzt jetzt keinerlei Macht mehr über Euch. Solange Ihr unter Königin Tamírs Schutz steht, werde ich dafür sorgen, dass Euch niemand je wieder derart missbraucht. Darauf gebe ich Euch mein Wort.«
Tränen traten ihr in die Augen. »Warum tut Ihr das?
Warum schickt mir Tamír solche Menschen, obwohl ich das Kind ihres Gegners in mir trage?«
»Weil sie weiß, was es heißt zu leiden, und weil sie Korin sehr geliebt hat, selbst am Schluss, als er keine Liebe mehr für sie empfand. Wenn Ihr sie kennen lernt, könnt Ihr Euch davon überzeugen.« Er stand auf und verneigte sich. »Schlaft gut, Herrin. Ihr habt nichts mehr zu befürchten.«
Nachdem er gegangen war, saß Nalia noch lange am Feuer, gefangen zwischen Kummer und Hoffnung.
Kapitel 57
Eine Woche später kehrte Lutha mit Fürstin Nalia zurück. Tamír saß standesgemäß auf einem mit einem Mantel verhüllten Stuhl vor ihrem Zelt, umgeben von ihren Adeligen. Ihre Armee war in zwei großen Rechtecken angetreten und bildete eine Gasse durch das weitläufige Lager. Ki war wieder auf den Beinen und nahm seinen Platz an ihrer Seite ein, immer noch stark mit blauen Flecken übersät und mit dem Arm in einer Schlinge.
Caliel hatte das Bandelier, das sie ihm angeboten hatte, höflich abgelehnt. Seither waren keine Worte mehr zwischen ihnen gefallen. Er stand mit einigen Adeligen etwas abseits. Tanil weilte, wie immer, dicht bei ihm. Die beiden waren unzertrennlich.
Als sich die zurückkehrende Streitkraft näherte, überraschte Tamír, dass deren Zahl angewachsen war. Das Rätsel wurde gelöst, als Lutha und Nyanis mit einem dritten Reiter dazwischen herankamen.
»Tharin!« Tamír schlug alle Würde in den Wind und sprang auf, um ihm entgegenzulaufen.
Tharin schwang sich aus dem Sattel und fing sie mit einem unterdrückten Grunzen auf.
»Bist du verletzt?«, fragte sie und trat einen Schritt zurück, um ihn nach Blut abzusuchen.
»Nichts Ernstes«, versicherte er ihr. »Fürst Nevus hat uns einen guten Kampf geliefert, bevor ich ihn getötet habe. Es war am selben Tag, an dem wir von deinem Sieg hier erfahren haben.« Er blickte auf das Schwert hinab, das an ihrer Seite hing, und berührte ehrfürchtig den Griff. »Endlich trägt es eine wahre Königin.«
Ki humpelte zu ihnen, und Tharin lachte bei seinem Anblick, als sie sich die Hände reichten. »Sieht so aus, als
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