Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
ausgeharrt. Nun kriechen sie hervor, um in vermeintlich schwache Fersen zu beißen.«
»Was ist Eure Meinung, Fürst Niryn«, forderte ihn eines Abends ein grauer Fürst namens Tyman heraus, als sie trinkend in der großen Halle beisammensaßen. »Vermag ein Zauberer, einen Jungen in ein Mädchen zu verwandeln?«
»Ihr meint, ohne die Hilfe eines scharfen Messers und vier starker Männer, um ihn festzuhalten?«, gab der Zauberer mit einem verschlagenen Grinsen zurück.
Damit erntete er von den Versammelten ein herzhaftes Lachen. Lutha allerdings saß neben Caliel und spürte, wie sein Freund ob des Scherzes schauderte. Ihm selbst wurde ein wenig übel.
Plötzlich spürte er Blicke auf sich. Als er aufschaute, sah er, dass ihn Moriel wieder einmal beobachtete und sich zweifellos Dinge einprägte, die er später seinem Meister berichten würde. Lutha hatte mehr Wein als üblich getrunken. Mit einem verächtlichen Schnauben schleuderte er seinen Kelch auf den Kopf des neugierigen Mistkerls. Moriel duckte sich und huschte in die Menge davon.
»Falls Ihr jedoch auf magische Weise meint, so muss ich Euch enttäuschen«, fuhr Niryn fort. »In der Magie der Orëska gibt es keinen Zauber, der etwas Derartiges zu bewirken vermag. Es würde schon Totenbeschwörerei bedürfen, um eine solche Verwandlung herbeizuführen.«
»Totenbeschwörerei? In Skala?«, fragte Caliel nüchtern. »Ich dachte, Ihr und Eure Spürhunde hätten derlei Dinge längst ausgerottet. Wollt Ihr damit sagen, Ihr könntet ein paar Zauberer übersehen haben?«
Niryn lächelte ihn über den Tisch hinweg an. »Totenbeschwörerei ist eine allgegenwärtige Bedrohung, und wir alle müssen wachsam darauf achten.«
»Aber warum sollten sich die Priester des Orakels mit Totenbeschwörern einlassen?«, hakte Caliel beharrlich nach.
»Wir haben keinen Beweis dafür, dass dem so ist«, erwiderte Niryn scharf. »Ich bin sicher, wenn wir in Ero einmarschieren und die Verräter fassen, werden wir feststellen, dass es sich um ein Geflecht von Lügen handelt.«
» Falls wir dort je einmarschieren«, murmelte jemand ein Stück hinter Lutha am Tisch.
»Eine Verschwörung der Anhänger Illiors«, brummte Korin über den Kelchrand hinweg mit leicht lallender Stimme. »Sie haben meinen Vater verflucht und ins Grab getrieben. Und die Stadt an die Plenimarer verraten!«
»Was?«, rief Ursaris aus.
Lutha wechselte einen überraschten Blick mit Caliel. Von einer solchen Verschwörung hörten sie zum ersten Mal.
Korin nickte düster. »Ich habe meine Spitzel und Quellen.«
Darob tauschten Lutha und Caliel einen weiteren verstohlenen Blick; Fürst Niryn befehligte die Spitzel des Königs, und alle Auskünfte gelangten über ihn zu Korin.
»Ihr alle, die ihr in der Stadt wart – ihr habt gesehen, dass bereits Monate vor dem Angriff überall ihre Halbmondzeichen aufgetaucht sind«, fuhr Korin fort, an die Allgemeinheit gewandt. »Ihr habt gehört, wie sie an jeder Ecke Verrat gegen meinen Vater gepredigt und behauptet haben, er hätte Seuchen und Hungersnot über das Land gebracht, indem er die Krone trug. Mein Vater mit all seinen Siegen! Der Mann, der das Land nach dem Wüten seiner wahnsinnigen Mutter wie ein freundlicher Vater geheilt hat!«
Korin ließ den Kelch heftig auf den Tisch vor sich niedersausen, so heftig, dass Wein daraus auf sein Hemd spritzte. Seine dunklen Augen blitzten, und seine Stimme zitterte. »Mein Vater war ein guter Mann, ein Held Skalas! Ariani war noch ein Kind, und der Feind stand vor den Toren. Hättet ihr damals ein Kind auf dem Thron gewollt? Wo wären wir dann heute, hä?«
Mittlerweile war er aufgestanden und brüllte regelrecht. »Und sie hat sich als ebenso wahnsinnig wie ihre Mutter erwiesen, oder nicht? Und jetzt Tobin?« Mit bebender Brust setzte er ab.
Lutha beobachtete ihn mit wachsender Besorgnis; so hatte sich König Erius verhalten, wenn ihn ein Anfall überkam.
»Ich dachte schon immer, dass er eigene Ziele verfolgt, von dem Tag an, als er in Ero aufgetaucht ist«, brummte Alben gedehnt, der sich wie immer zu Wort meldete, wenn es darum ging, Tobin schlecht zu machen. »Du warst gut zu ihm, Korin, besser als ein Bruder, und so vergilt er es dir.«
Korin sackte zurück auf den Stuhl und wirkte benommen. »Wahnsinnig. Er ist wahnsinnig geworden!«
»Wie wollten wir das mit Sicherheit wissen?«, fragte Caliel. »Bei allem Respekt, Fürst Niryn, ich kenne Eure Spitzel nicht. Ich weiß nicht, wie zuverlässig sie als
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