Tamir Triad 03 - Die prophezeite Königin
Beobachter sind. Und ich bezweifle, dass sie Tobin so gut kennen wie wir.«
Bedrohliche Stille senkte sich über den Tisch, als sich Niryn erneut Caliel zuwandte. »Ihr zweifelt des Königs Urteil in dieser Angelegenheit an, Fürst Caliel?«
Caliel versteifte sich, als er seinen Fehltritt erkannte, und Lutha sah, wie er Hilfe suchend zu Korin schaute. Korin widmete alle Aufmerksamkeit dem Schälen eines Apfels, als ob er der Unterhaltung gar nicht zuhörte.
Die anderen Fürsten und Krieger beobachteten den Wortwechsel wie ein Rudel Wölfe, das abwägte, wer der Starke war und wen sie später zerreißen könnten. Caliel stand dabei alles andere als gut da. Sogar Alben und Urmanis behielten ihre Meinung sorgsam für sich.
Lutha schämte sich für das eigene Schweigen, doch bevor ihm etwas zu sagen einfiel, suchte Caliel seinen Blick und schüttelte warnend den Kopf. Unglücklich fügte sich Lutha.
»Ich sage nur, dass wir uns hier weit weg von Ero befinden«, gab Caliel schließlich zurück, als spräche er mit Korin und als befände sich sonst niemand im Saal.
Korin beschäftigte sich weiter mit dem Apfel, schnitt eine Scheibe ab und tauchte sie in Wein.
»Wir werden die Wahrheit erfahren, wenn wir Prinz Tobin und all seine Verräter gefangen nehmen«, ergriff der junge Nevus das Wort. »Wir sind bereit, unserem wahren König zu folgen – nicht wahr?«, rief er aus und erntete damit Jubel.
»Die Sommersonnenwende werden wir auf dem Palatin feiern!«, brüllte jemand anders.
»Aye, Majestät, erteilt nur den Befehl. Bis zum Ende der Woche können wir dort sein«, sagte Meister Porion.
Korin lächelte und drückte sich anerkennend die Faust aufs Herz, doch er stand nicht auf, um einen Feldzug zu verkünden.
Lutha sah sich um und spürte dieselbe unterschwellige Ungeduld wie zuvor, die unausgesprochen hinter all dem Gebrüll und Pochen der Weinkelche schwelte.
Bald danach löste sich die Gesellschaft auf, und Korins Verbündete bahnten sich den Weg zurück zu ihren zugigen Zelten oder schliefen betrunken in der Halle auf Bänken und Tischen. Lutha stapfte in der Hoffnung hinter Caliel her, mit ihm zu reden, doch der schüttelte nur den Kopf und zog sich alleine in sein Zimmer zurück.
Entmutigt begab sich Lutha mit Barieus in sein Gemach, als ihm von den anderen Gefährten aufgelauert wurde, die ihn in Urmanis Zimmer zogen.
»Was ist bloß in Caliel gefahren?«, verlangte Alben zu erfahren. »Warum wendet er sich gerade jetzt von Korin ab, wo er ihn am meisten braucht?«
»Von ihm abwenden?« Ungläubig blickte Lutha zwischen Alben und Urmanis hin und her. »Habt ihr denn Scheuklappen auf den Augen? Ich weiß, ihr habt Tobin nie gemocht, aber seid ihr bereit, Niryn den Großkanzler, Hohepriester und weiß Sakor was noch spielen zu lassen? Ihr wisst genau, wie Korin sein kann, und nach allem, was geschehen ist, gebärdet er sich schlimmer denn je …«
Die Gefährten, Fürsten und Knappen gleichermaßen, hatten untereinander immer offen gesprochen, sogar Korin gegenüber. Deshalb waren weder Lutha noch Barieus darauf vorbereitet, dass die anderen plötzlich die Dolche zogen und sie in die von der Tür am weitesten entfernte Ecke drängten.
»Ihr beide habt einen Eid geschworen!«, knurrte Alben. »Ihr seid des Königs Gefährten, und eure Gefolgstreue hat ihm zu gelten. Nicht Caliel oder Tobin oder irgendwelchen Priestern. Habe ich nicht Recht?«
Barieus stellte sich schützend vor Lutha.
»Ihr wisst, dass wir ihm treu ergeben sind!«, stieß Lutha hervor, den die Zweifel in den Augen der Gefährten mehr entsetzte als das Schimmern des blanken Stahls. »Und dasselbe gilt für Caliel, verdammt noch mal! Wir machen uns bloß Sorgen um Korin, das ist alles. Er ist schon lange nicht mehr er selbst, und er trinkt zu viel, und … und …«
Und Niryn hat ihn befallen wie ein schlimmes Fieber, dachte Lutha, doch etwas in den Augen der anderen hinderte ihn daran, die Worte über die Lippen dringen zu lassen. Lutha mochte nicht den wachsten Verstand von Skala besitzen, aber sein Gefühl trog ihn selten, und im Augenblick flüsterte es ihm zu, dass es unklug sei, schlecht über Niryn zu reden.
»Steckt die Dolche weg, es sei denn, ihr habt vor, sie zu benutzen«, forderte er sie stattdessen auf und versuchte, sich unbekümmert zu geben. »Bei Bilairys Hintern, Alben, willst du jetzt mich bezichtigen, ein Verräter zu sein?«
Langsam zogen die anderen die Messer zurück, und Lutha hörte, wie Barieus leise den
Weitere Kostenlose Bücher