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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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denke, darin ist er ebenfalls bemerkenswert. Aber räumliche Beziehungen – Koordinaten und Bewegung in höheren Dimensionen… Wußtest du, daß, wenn man ein dreidimensionales Objekt nimmt und es in der vierten Dimension rotieren läßt, es links-rechts seitenverkehrt zurückkommt? Also wenn ich meine Hand…« – er hielt seine rechte Hand hoch – »…nach uben nehmen würde…« – er artikulierte klar das Wort ›uben‹ - »…oder sie nach onten fallen ließe, würde sie so wieder zurückkommen?« Er hielt die linke Hand über seine rechte, ballte die rechte zur Faust und ließ sie hinter seinem Rücken verschwinden.
    »Das wußte ich nicht«, sagte Lauren. »Was bedeutet uben und onten?«
    »Das ist, was Pal Bewegung entlang der vierten Dimension nennt. Ana und kata für Puristen. Wie oben und unten für einen Flachländer, der lediglich links und rechts, vor und zurück begreifen kann.«
    Sie dachte einen Moment über die Hände nach. »Ich kann es immer noch nicht sehen«, sagte sie.
    »Ich habe es versucht, kann es aber auch nicht«, gab Tuthy zu. »Unsere Schaltkreise sind eben zu fest verdrahtet, nehme ich an.«
    Oben schaltete Pal das Tronklavier zu einer Kombination von Kirchenorgel und Hawaiigitarre zusammen und spielte Variationen zu Pergolesi.
    »Willst du weiterhin für Hockrum arbeiten?« fragte Lauren. Tuthy schien es nicht zu hören.
    »Es ist bemerkenswert«, murmelte er. »Der Junge ist einfach nur hereingekommen. Du hast ihn zufällig mitgebracht. Bemerkenswert.«
     
    »Kannst du mir die Richtung zeigen, mich darauf hinweisen?« fragte Tuthy den Jungen drei Tage später.
    »Keine meiner Muskeln bewegt sich derart«, antwortete der Junge. »Ich kann es in meinem Kopf sehen, aber…«
    »Wie ist es, diese Richtung zu sehen?«
    Pal schielte. »Es ist ein ganzes Stück größer. Wir sind irgendwie mit anderen Orten zusammen aufgestapelt. Ich fühle mich einsam dabei.«
    »Warum?«
    »Weil ich hier stecke. Niemand dort draußen schenkt uns auch nur die geringste Aufmerksamkeit.«
    Tuthys Mund zuckte. »Ich dachte, du hättest diese Richtungen einfach instinktiv in deinem Kopf. Sagst du mir gerade… daß du tatsächlich nach draußen siehst?«
    »Ja. Es gibt auch Leute dort draußen. Na ja, eigentlich keine Leute. Aber es sind nicht meine Augen, die sie sehen. Augen sind wie Muskeln – sie können sich nicht in diese Richtungen richten. Aber der Kopf – das Gehirn, nehme ich an, kann es.«
    »Verdammt noch mal«, sagte Tuthy. Er blinzelte und fing sich wieder. »Entschuldige. Das ist ungehörig. Kannst du mir die Leute zeigen… auf dem Schirm?«
    »Schatten wie die, über die wir geredet haben«, sagte Pal.
    »Schön. Dann zeichne die Schatten für mich.«
    Pal setzte sich vor das Terminal und hielt die Finger über die Tastatur. »Ich kann sie Ihnen zeigen, aber Sie müssen mir bei etwas helfen.«
    »Wobei helfen?«
    »Ich möchte Musik spielen für sie… dort draußen. Dann werden sie uns bemerken.«
    »Die Leute?«
    »Ja. Sie sehen wirklich seltsam aus. Sie stehen irgendwie auf uns. Sie haben Haken in unserer Welt. Aber sie sind groß… hoch uben. Sie bemerken uns nicht, weil wir verglichen mit ihnen, so klein sind.«
    »Gott, Pal, ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie wir Musik zu ihnen nach draußen senden können… ich bin nicht mal sicher, ob ich glauben soll, daß sie existieren.«
    »Ich lüge nicht«, sagte Pal, wobei sich seine Augen verengten. Er drehte seinen Stuhl, um eine Maus auf einem schwarz gemusterten Pad anzusehen und begann Formen auf dem Monitor zu zeichnen. »Denken Sie daran, dies sind nur Schatten davon, wie sie aussehen. Als nächstes zeichne ich die Linien von uben und onten, um sie mit den Schatten zu verbinden.«
    Der Junge schattierte die Formen, die er gezeichnet hatte, um sie solide aussehen zu lassen, lächelte über seinen Trick, erklärte aber, es wäre notwendig, weil die Projektion eines vierdimensionalen Objekts im normalen Raum natürlich dreidimensional war.
    »Sie sehen aus, als ob man Pflanzen aus dem Garten nähme, Blumen und sowas, und ihnen viele Arme und Beine geben würde… und es ist, wie Dinge in einem Aquarium zu sehen«, erklärte Pal.
    Nach einer Weile stellte Tuthy seinen Unglauben hintenan und starrte staunend und mit offenem Mund auf das, was der Junge auf dem Monitor geschaffen hatte.
     
    »Ich denke, Sie verschwenden Ihre Zeit. Das ist es, was ich glaube«, sagte Hockrum. »Ich hätte dieses Machbarkeitsurteil heute

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