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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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die Küchentür, gerade so, wie er hereingekommen war.
    Als sie das Tablett holte, fand sie Peter, der sich mit geschlossenen Augen in seinem Stuhl zurückgelehnt hatte. Die Figuren auf dem Bildschirm falteten und entfalteten sich immer noch.
    »Was ist mit Hockrums Arbeit?« fragte sie.
    »Ich bin dabei«, erwiderte Peter mit geschlossenen Augen.
     
    Am zweiten Tag rief Lauren Pals Pflegemutter an, um sie vom Aufenthalt ihrer Sohnes in Kenntnis zu setzen, und die Frau versicherte ihr, daß es in Ordnung sei. »Manchmal ist er eine kleine Nervensäge. Schicken Sie ihn nach Hause, wenn er lästig wird… aber nicht sofort! Lassen Sie mir eine Pause«, sagte sie, dann lachte sie nervös.
    Lauren preßte die Lippen zusammen, dankte der Frau und legte auf.
    Peter und der Junge waren nach unten gekommen, um sich in die Küche zu setzen und Papier mit Zeichnungen zu füllen. »Peter lehrt mich, wie man sein Programm benutzt«, sagte Pal.
    »Wußtest du«, sagte Tuthy im höchsten Ton eines Cambridge-Professors, »daß ein Würfel, der eine ebene Fläche schneidet, eine Anzahl von geometrisch unterschiedlichen Querschnitten besitzt?«
    Pal schielte auf die Skizze, die Tuthy gezeichnet hatte. »Sicher«, sagte er.
    »Wenn er durch die Fläche geschoben wird, kann der Würfel für ein zweidimensionales Wesen, das auf der Fläche lebt – laß es uns als ›Flachländer‹ bezeichnen – entweder als Dreieck, Rechteck, Trapezoid, Rhombus oder Quadrat erscheinen. Wenn die zweidimensionale Lebensform beobachtet, wie der Würfel vollständig durchgeschoben wird, ist, was es sieht, folgendes: eines oder mehrere der Objekte werden größer, ändern unvermittelt ihre Gestalt, schrumpfen und verschwinden.«
    »Sicher«, sagte Pal und tappte mit den Zehen seiner Turnschuhe. »Das ist leicht. Wie in dem Buch, das Sie mir gezeigt haben.«
    »Und eine Kugel, die durch eine Fläche gestoßen wird, würde für die glücklosen Flachländer zunächst aussehen wie ein ›unsichtbarer‹ Punkt – wenn die zweidimensionale Oberfläche die Kugel tangential berührt –, dann wie ein Kreis. Der Kreis würde in der Größe zunehmen, dann wieder zu einem Punkt zurückschrumpfen und wieder verschwinden.« Er skizzierte zweidimensionale Strichmännchen, die einem solchen Eindringen ehrfürchtig entgegenblickten.
    »Verstanden«, sagte Pal. »Kann ich jetzt auf dem Tronklavier spielen?«
    »Einen Moment noch. Hab Geduld. Also, wie würde ein Tesserakt aussehen, wenn er in unseren dreidimensionalen Raum käme? Erinnere dich jetzt an das Programm… die Bilder auf dem Monitor.«
    Pal blickte an die Decke. »Ich weiß nicht«, sagte er, offensichtlich gelangweilt.
    »Versuch nachzudenken«, drängte Tuthy ihn.
    »Er würde…« Pal hielt die Hände auseinander, um ein kantiges Objekt anzudeuten. »Er würde aussehen wie eines dieser ägyptischen Dinger, aber mit drei Seiten… oder wie eine Schachtel. Er würde auch aussehen wie eine seltsam geformte Schachtel, nicht quadratisch. Und wenn Sie durch ein Flachland fallen würden…«
    »Ja, das würde komisch aussehen«, stimmte Peter mit einem Lächeln zu. »Querschnitte von Armen und Beinen und dem Körper, alles umgeben von Haut…«
    »Und ein Kopf!« schwärmte Pal. »Mit Augen und einer Nase.«
    Die Türglocke läutete. Pal sprang von seinem Küchenstuhl auf. »Ist das meine Mom?« fragte er und sah besorgt aus.
    »Ich denke nicht«, sagte Lauren. »Wahrscheinlich ist es Hockrum.« Sie ging zur Vordertür, um nachzuschauen. Einen Moment später kam sie mit einem kleinen, blassen Mann zurück. Tuthy stand auf und schüttelte die Hand des Mannes. »Pal Tremont, das ist Irving Hockrum«, stellte er vor und wedelte mit der Hand zwischen ihnen herum. Hockrum blickte Pal an und blinzelte ihm kühl zu.
    »Wie geht es mit der Arbeit voran?« fragte er Tuthy.
    »Sie ist erledigt«, sagte Tuthy. »Sie ist oben. Es sieht so aus, als bellten Ihre Gelehrten am falschen logischen Baum.« Er holten einen Ordner mit Papieren und Ausdrucken und händigte ihn Hockrum aus.
    Hockrum blätterte durch die Ausdrucke. »Ich kann nicht behaupten, daß es mich glücklich macht. Dennoch, ich kann keinen Fehler entdecken. Es scheint, als wäre die Arbeit so brillant wie Ihr üblicher Standard. Hier ist Ihr Scheck.« Er händigte Tuthy einen Umschlag aus. »Ich wünschte nur, Sie hätten es uns schon früher gegeben. Es hätte mir einigen Kummer erspart – und der Gesellschaft einiges an Geld.«
    »Das tut mir leid«, sagte

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