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Tangenten

Tangenten

Titel: Tangenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Sie schien über etwas nachzudenken. »Gewöhnlich bin ich nicht erfreut, wenn sich hier Kinder aufhalten.«
    »Es tut mir leid«, sagte Pal.
    »Hast du schon zu Mittag gegessen?«
    »Nein.«
    »Würde dir ein gegrilltes Käsesandwich schmecken?«
    Er schielte sie an und nickte.
    In der breiten Küche aus roten Backsteinen und Fliesen saß er an einem Eichentisch, seine Schultern kaum höher als die Tischplatte, und aß das leicht verkohlte Sandwich und beobachtete, wie Lauren Davies ihn beobachtete.
    »Ich versuche, über ein Kind zu schreiben«, sagte sie. »Es ist schwierig. Ich bin eine alte Jungfer und verstehe Kinder nicht.«
    »Sie sind Autorin?« fragte er und nahm einen Schluck Milch.
    Sie schnaufte. »Nicht, daß es jemand wüßte.«
    »Ist das dort oben ihr Bruder?«
    »Nein«, sagte sie. »Das ist Peter. Wir leben seit zwanzig Jahren zusammen.«
    »Aber sie sagten, sie wären eine alte Jungfer… ist das nicht jemand, der nie geheiratet hat oder niemals verliebt war?« fragte Pal.
    »Nie geheiratet. Und dir kann es egal sein. Peters Beziehung zu mir ist nicht deine Angelegenheit.« Sie stellte eine Schüssel Suppe und ein Thunfischsalat-Sandwich auf ein lackiertes Tablett. »Sein Mittagessen«, sagte sie. Ohne gefragt zu werden, folgte Pal ihr die Treppe hinauf.
    »Hier arbeitet Peter«, erklärte Lauren. Pal stand mit geweiteten Augen in der Tür. Der Raum war angefüllt mit elektronischem Gerät, Computerterminals und Bücherregalen mit geometrischen Kartonfiguren, die sich die Regalbretter mit Büchern und Platinen teilten. Sie stellte das Tablett riskant auf einen Stapel Disketten ab, die sich auf einem Wagen türmten.
    »Zeit für eine Pause«, sagte sie zu einem dünnen Mann, der mit dem Rücken zu ihnen saß.
    Der Mann wandte sich auf seinem Drehstuhl um, blickte kurz Pal und das Tablett an und schüttelte den Kopf. Die Haare auf dem oberen Teil seines Kopfes waren prächtig und glänzend schwarz, an den kurz geschnittenen Seiten änderte sich die Farbe abrupt zu einem überraschenden Weiß. Er hatte eine kleine, dünne Nase und große grüne Augen. Auf dem Schreibtisch vor ihm stand ein hochauflösender Computer-Monitor. »Wir sind einander nicht vorgestellt worden«, sagte er und deutete auf Pal.
    »Dies ist Pal Tremont, ein Besucher aus der Nachbarschaft. Pal, dies ist Peter Tuthy. Pal wird mir bei der Figur helfen, die wir heute morgen besprochen haben.«
    Pal blickte neugierig auf den Monitor. Rote und grüne Linien überschatteten sich gegenseitig durch eine unverständliche Transformation auf dem Bildschirm, die sich ständig wiederholte.
    »Was ist ein ›Tesserakt‹?« fragte Pal in der Erinnerung daran, was er gehört hatte, als er im Feld gestanden hatte.
    »Es ist das vierdimensionale Analogon eines Würfels. Ich versuche mir selbst beizubringen, es vor meinem geistigen Auge zu sehen«, sagte Tuthy. »Hast du das schon mal versucht?«
    »Nein«, gab Pal zu.
    »Hier«, sagte Tuthy und reichte ihm seine Brille. »Wie in den Filmen.«
    Pal setzte die Brille auf und starrte auf den Bildschirm. »So?« sagte er. »Es faltet und entfaltet sich. Es ist hübsch – es streckt sich einem entgegen und weicht dann wieder zurück.« Er schaute sich in der Werkstatt um. »Oh, klasse!« Der Junge rannte zu einem etwa einen Meter langen schwarzen Keyboard, das in einer Ecke lehnte. »Ein Tronklavier! Mit sämtlichen Schaltern! Meine Mutter hat mich Klavierstunden nehmen lassen, aber ich spiele lieber das hier. Können Sie es spielen?«
    »Ich spiele damit«, sagte Tuthy gereizt. »Ich spiele mit allen Arten von elektronischen Dingen herum. Aber was hast du auf dem Schirm gesehen?« Er blickte Lauren blinzelnd an. »Ich werde schon essen. Ich esse es schon noch. Nun stör uns bitte nicht mehr.«
    »Er sollte eigentlich mir helfen«, beschwerte sich Lauren.
    Peter lächelte sie an. »Ja, natürlich. Ich schicke ihn nach einer kleinen Weile nach unten.«
    Als Pal eine Stunde später nach unten kam, ging er in die Küche, um Lauren für das Mittagessen zu danken. »Peter ist richtig dufte«, sagte er vertraulich. »Er versucht zu lernen, in seltsame Richtungen zu sehen.«
    »Ich weiß«, sagte Lauren seufzend.
    »Ich gehe jetzt nach Hause«, sagte Pal. »Ich komme zurück, sollte… wenn es Ihnen recht ist. Peter hat mich eingeladen.«
    »Ich bin sicher, das geht in Ordnung«, sagte Lauren vage.
    »Er wird mich lernen lassen, auf dem Tronklavier zu spielen.« Damit lächelte Pal strahlend und ging durch

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