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Tango Mosel

Tango Mosel

Titel: Tango Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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schwarzes Notizbuch. Beim Durchblättern hielt er es zuerst für unbenutzt, bis er merkte, dass Seiten herausgerissen waren. Wahrscheinlich hatte Domski das selbst getan. Für einen, der Spuren beseitigen wollte, wäre es am einfachsten gewesen, das Büchlein komplett verschwinden zu lassen.
    Das Schiff machte eine heftige Schlingerbewegung. Walde musste sich am Wandschrank festhalten.
    »Die Kollegen werden gleich eintreffen.« Walde legte das Notizbuch zurück. »Ich nehme an, Sie werden hier noch länger zur Verfügung stehen, Herr Anweber.«
    »Ich hab in der Küche zu tun. Heute Abend muss das Essen für fünfunddreißig Leute auf dem Tisch stehen, die haben den ganzen Tag über schwer gearbeitet.«
    Auf Deck spürte Walde an dem kühlen Wind, dass er in der engen Kabine ins Schwitzen geraten war. Nebenan legte ein kleineres Passagierschiff an.
    »Na endlich«, sagte Grabbe, als Walde das Tor auf dem Steg aufschloss. »Gabi ist nach hier unterwegs, um mich abzuholen. Sie glaubt, den Anrufer auf dem Notruf erkannt zu haben.«
    Ein Streifenwagen, gefolgt von zwei Wagen der Kriminaltechnik, rollte zum Ufer hinunter.
     
    Fünf Minuten später war Walde zu Hause. Er zog ein flaches Päckchen aus dem Briefkasten und legte es in der Diele zu dem, das er vor ein paar Stunden entgegengenommen hatte.
    Außer Minka, die ihn vorwurfsvoll zu ihrem leeren Trockenfutternapf führte, war niemand da. Wenn Doris mit Quintus unterwegs war, konnte es dauern. Walde machte sich gleich wieder auf den Weg. Vor einem Eiscafé in der Simeonstraße saßen Leute in der Sonne, die Stühle mit dem Rücken zur Porta Nigra gerichtet. Er bekam Lust auf eine Portion Stracciatella und Walnuss, entschied sich dann aber, bei Uli in der ,Gerüchteküche vorbeizuschauen.
    Das Mittagsgeschäft lief auf Hochtouren. Alle Tische waren besetzt, an der Theke drängten sich Leute. Elfi und eine weitere Bedienung eilten zwischen Gastraum und Küche hin und her.
    »Was zum Mitnehmen oder bleibst du hier?«, begrüßte ihn Uli, der hinter der Theke Getränke zapfte.
    »Ist ja nichts frei.«
    »Du kannst dich, wenn du möchtest, in die Redaktion setzen.«
    Als Redaktion bezeichnete Uli ein kleines, durch eine Glasscheibe vom Gastraum getrenntes Räumchen, in das kaum mehr als ein Schreibtisch mit Rechner und einigen Peripheriegeräten und zwei Stühle passten. Hier produzierte Uli das unregelmäßig erscheinende Extrablatt, in dem er alle brisanten lokalen Themen aufzugreifen versuchte, die, wie er meinte, der Tageszeitung zu heiß waren.
    Während Uli ihm eine große Apfelsaftschorle in die Hand drückte, ermahnte er ihn: »Aber schütte mir bitte nichts auf die Tastatur! Dein Baguette kommt gleich.«
    Walde beobachtete anfangs das Treiben in der ,Gerüchteküche, fühlte sich dabei aber ein wenig so, als sei er selbst in einer Glasvitrine ausgestellt. Er blätterte in einem Packen alter Ausgaben des Extrablatts und fand einen Artikel zur City-Passage.
    »Aha, die Kripo nutzt mein Archiv mal wieder zu Recherchezwecken?«, sagte Uli, der ein dick belegtes Baguette auf dem Schreibtisch abstellte. »Suchst du etwas Bestimmtes? Ich hab rund ein halbes Dutzend Beiträge allein zur City-Passage geschrieben.«
    »Danke.« Walde nahm das Baguette und suchte eine Stelle, an der er den Mund nicht allzu weit aufsperren musste.
    »Die Trading Invest aus Köln hat vor ein paar Jahren dreiundzwanzig Millionen für die Treverer-Kellerei bezahlt, dabei aber übersehen, dass ein Penthousebesitzer nicht willens war zu verkaufen. Das war der Kardiologe im Ruhestand, Dr. Rüdiger Wohlenberg. Der forderte in erster Linie eine adäquate Immobilie in der City.« Ulis Lachen klang schadenfroh. »Besorg du mal ein Penthouse in der Altstadt!«
    »Das also hat das Projekt so lange aufgehalten«, sagte Walde und wischte sich Mayonnaise aus dem Mundwinkel.
    »Wohlenberg ist während der Geschichte gestorben, und seine Witwe hat sich als nicht minder streitbar erwiesen. Drumherum wurde einfach abgerissen, eine totale Sauerei. Der alten Frau konnte angst und bange werden, aber sie ist stur geblieben. Ich glaube, erst vor einem Monat wurde verkauft. Und jetzt gibt es bereits den ersten Toten.«
    »Woher weißt du denn das schon wieder?«
    Uli grinste: »Als würde in Trier so eine Nachricht länger als eine Stunde bis zu mir benötigen!«
    Elfi steckte den Kopf herein: »Hallo, Walde! Uli, wir brauchen dich draußen.«
    »Einen Moment!« Uli blätterte den Stapel Extrablätter durch und

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