Tansania Stefan Loose E-Book Reisef¿hrer
8 Uhr bis spät, Eintritt frei.
Ein Stück weiter die Straße hinunter gelangt man in einen Tunnel, der unter einem mächtigen Gebäude hindurchführt. Es hat im Laufe der Jahre u. a. den Englischen Club sowie eine Schule beherbergt. Heute bietet das Orphanage House den Waisenkindern von Sansibar ein neues Zuhause.
Shangani
Man erreicht nun den Stadtteil Shangani. Das Viertel ist heute als Souvenir-Mekka für Touristen bekannt, doch auch die feinen Balkone, filigranen Holzverzierungen an Fenstern und Türen oder die schönen Swahili-Türen stechen ins Auge. Dieser Teil der Stadt zählt nicht zum ursprünglichen Stadtkern, denn erst mit der Ankunft der indischen Händler entwickelte sich hier ein eigenes Stadtviertel. Die Herkunft der zugezogenen Händler vornehmlich aus Goa, der ehemals portugiesischen Kolonie in Indien, ist an den Häusern im typisch indischen Stil zu erkennen: Das Erdgeschoss war Geschäftsraum, das Obergeschoss mit den zur Straße ausgerichteten Balkonen diente als Wohnraum. Auch die Swahili-Türen werden dem indischen Kulturkreis zugeschrieben.
Am Kelele Square , wo sich heute das elegante Zanzibar Serena Inn befindet – zu Zeiten der Sultane war hier das Postamt –, war einst der haarsträubende Schauplatz des Sklavenmarktes. Der Lärmpegel an diesem Ort, wo die Sklaven lautstark wie auf dem arabischen Basar feilgeboten wurden, muss ohrenbetäubend gewesen sein, denn auf Deutsch bedeutet
kelele
„Lärm”. Beklemmend ist auch der Name einer kleinen Gasse unweit davon, an der Rückseite des Africa House Hotel. Viele Sklaven wählten offenbar in der
Suicide Alley,
der Selbstmordgasse, lieber den Freitod, als auf dem Markt wie Ware verhökert zu werden.
Entlang der Gizenga Street
Zurück am Beginn der Kenyatta Road zweigt beim (vermeintlichen) Geburtshaus von Freddie Mercury eine kleine Gasse ab. An den wohl berühmtesten Sohn der Stadt, den Sänger der britischen Rockgruppe Queen, erinnert außer einer kleinen Tafel (und einem Restaurant an der Meeresfront) nichts mehr; auch für die meisten Sansibaris hat der Name keinerlei Bedeutung und die Stadtväter verbitten sich gar jegliche Assoziation mit ihm (s. Kasten S. 265 ). Über die Frage, wo Freddie Mercury und seine Familie nun tatsächlich gewohnt haben, gibt es unterschiedliche Meinungen, vermutlich haben sie in mehreren Häusern entlang der Kenyatta Road gelebt, darunter auch in jenem Haus weiter südlich an der Kenyatta Road, wo sich heute das Restaurant Camlurs befindet.
Emily Ruete – eine sansibarische Prinzessin in Deutschland
Geboren wurde sie am 30.8.1844 als Tochter des ersten sansibarischen Sultans Sayyid Said und einer seiner 75 Nebenfrauen. Im Palast Bait al-Mtoni am Meer wuchs Prinzessin Salme unbeschwert in Luxus auf. Wissbegierig und ganz im Stile ihres späteren unkonventionellen Lebens brachte sie sich selbst das Schreiben bei, denn moslemischen Mädchen war nur das Lesen erlaubt. Nach dem Tod ihres Vaters 1856 und ihrer Mutter 1859 wurde sie (im Alter von 12 Jahren) für volljährig erklärt und als Erbin mehrerer Plantagen und eines Geldvermögens umgehend in die Intrigen am Hof unter der Führung ihres Bruders Majid hineingezogen. In einem Putschversuch ihres Halbbruders Barghash nahm sie eine Schlüsselrolle als seine Sekretärin ein, da sie als einzige Frau lesen und schreiben konnte. Nach dem fehlgeschlagenen Manöver wurde sie auf einer ihrer Besitzungen unter Hausarrest gestellt. Während des Hausarrests lernte sie 1866 den Kaufmann Heinrich Ruete , Agent des Hamburger Handelshauses Hansing & Co, kennen. Er trieb Handel mit Gewürzen und Nelken und zog in ein benachbartes Landgut. Die Beziehung zum christlichen Kaufmann wurde am Hof zwar geduldet, aber keineswegs gutgeheißen. Als Salme schwanger wurde, blieb ihr keine andere Wahl, als an Bord eines britischen Handelsschiffes nach Europa zu fliehen. Nur so konnte sie der nach islamischer Tradition drohenden Steinigung entgehen.
Ihr Leben in Europa stand jedoch unter keinem guten Stern. In Spanien, der ersten Station ihrer Reise, konvertierte sie zum Christentum, wurde auf den Namen Emily getauft und heiratete Heinrich 1867. Ihr erster gemeinsamer Sohn starb, doch dem sansibarisch-deutschen Ehepaar wurden drei weitere Kinder geboren. Im August 1870 starb Heinrich unter tragischen Umständen. Die repressiven deutschen Ehegesetze brachten Emily um ihr Erbe, die Hinterlassenschaften des gemeinsamen Haushalts waren bald aufgezehrt. So schlug sie sich als
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