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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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ergriff Julians Hand und eilte mit ihm den Reitweg hinauf. Ich hätte mir in den Hintern treten können, weil ich Willis seniors Probe vergessen hatte.
    Mein Schwiegervater erwartete uns vor dem Cottage, als wir atemlos antrabten. Er hatte den Mantel bereits im Arm, und als ich eine Entschuldigung herausbrachte, nahm er sie liebenswürdig wie immer an. Und dann, nachdem er in seinen Mercedes gestiegen und losgefahren war, fiel mir auch noch ein, dass ich ihm gar kein Abendessen gemacht hatte.
    »Ich bin die schlechteste Schwiegertochter, seit es die Ehe gibt«, klagte ich, als ich den Rücklichtern des Mercedes durch das Erkerfenster hinterhersah.
    »Das würde ich nicht sagen«, meinte Julian und legte mir tröstend die Hand auf die Schulter.
    »Ich würde sagen, Sie geben Ihr Bestes.«

    Als Julian ging, gab ich ihm die restlichen Angel Cookies für die Männer in Sankt Benedikt mit.
    Dann war es Zeit für die Zwillinge, Zeit zu spielen, Zeit zu baden und schließlich Zeit zum Schlafengehen. Nachdem ich die Küche saubergemacht, das Wohnzimmer aufgeräumt und das Bad geputzt hatte, war ich zu erschöpft, um auch nur in Erwägung zu ziehen, das Cottage festlich zu schmücken. Stattdessen trug ich Kits Reisetasche nach oben in unser Schlafzimmer und stellte sie auf die Wäschetruhe am Fußende unseres Betts, wo sie einigermaßen sicher vor den Zwillingen war.
    Als ich das braune Pferd neben den Lederbeutel legte, fragte ich mich zum wiederholten Male, was Kit zu einem honigfarbenen Cottage in den Cotswolds geführt hatte, mitten in einem Wintersturm.
    Während ich mit einem Ohr auf das Telefon und Miss Kingsleys heiß ersehnten Anruf wartete, packte ich das Buch aus, das Luke mir geliehen hatte, sah das Inhaltsverzeichnis durch und entdeckte ein Kapitel, das mich besonders interessierte: »Die Geburt der Pathfinder-Truppen«.
    Fasziniert saß ich auf dem Bett und las.
    Zwei Stunden später schreckte mich ein Niesen aus meiner Lektüre auf. Willis senior stand in der Tür.
    »Ich habe bei meinen Enkeln reingeschaut«, informierte er mich. »Und nun werde ich mich zur Nachtruhe begeben.«
    »Lass mich dir noch rasch etwas zu essen machen«, sagte ich und erhob mich hastig.
    »Ich bin nicht übermäßig hungrig.« Willis senior betupfte seine Patriziernase mit einem Taschentuch aus Leinen. »Hast du in Oxford irgendetwas Interessantes in Erfahrung bringen können?«
    Eine weitere Aufforderung brauchte ich nicht, um ihm das Neueste über jenen geheimnisvollen, charismatischen Mann namens Kit Smith zu erzählen.

    Drei Stunden später, als Bill aus Boston anrief, erzählte ich alles noch einmal. Willis senior war zu Bett gegangen, die Zwillinge schliefen tief und fest in ihrem Kinderzimmer. Ich hatte schon eine ganze Weile angezogen auf unserem Bett gelegen und an die Decke gestarrt, als das Telefon klingelte.
    »Du scheinst dich sehr für diesen Kit Smith zu interessieren«, meinte Bill, ein Echo auf die Worte Luke Boswells.
    »Würdest du das nicht auch?«, entgegnete ich.
    »Er ist entweder ein Verrückter oder ein Heiliger.«
    »Du scheinst der letzteren Meinung zuzuneigen«, sagte Bill.
    »Einer muss es ja tun«, sagte ich. »Alle anderen sind praktisch davon überzeugt, dass er übergeschnappt ist.«
    Nach einer kleinen Pause sagte Bill vorsichtig:
    »Und wenn sie recht haben?«

    Ich hob den Kopf und dachte, et tu , Bill?
    »Haben sie nicht«, sagte ich kurz angebunden.
    »Wann landet dein Flugzeug morgen?« Bill räusperte sich. »Um die Wahrheit zu sagen, deswegen rufe ich an …«
    Ich hörte ganz ruhig zu, während Bill mir erklärte, dass er am Freitag nicht heimkommen würde. Es schien, als bedürfe Hyram Colliers Witwe Hilfe bei der Nachlassverwaltung ihres verstorbenen Gatten, und Bill fühlte sich verpflichtet, seine Dienste anzubieten. Ich gab meinen Segen zu seinem verlängerten Aufenthalt.
    Was hätte ich auch dagegen einwenden können, wenn er der Witwe eines alten Freundes in der Stunde der Not beistehen wollte?
    »Bleib, so lange du musst«, sagte ich. »Solange du Heiligabend zu Hause bist.«
    »Da bin ich längst zurück«, versprach Bill.
    Nachdem ich aufgelegt hatte, schaltete ich die Nachttischlampe aus und lehnte mich gegen die Kissen. Eigentlich hatte ich noch mit Tante Dimity sprechen wollen, aber nun musste ich dem langen Tag Tribut zollen. Ich wollte nur noch ein heißes Bad, in mein Flanellnachthemd schlüpfen
    – und schlafen.
    Das Mondlicht schien ins Schlafzimmer und warf zitternde

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