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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Angst davor, die Nacht in einer Kirche zu verbringen, oder? Keine Bange, bei mir sind Sie sicher.«
    »Aber vielleicht sind Sie nicht sicher bei mir.«
    Ich konnte es nicht mehr länger für mich behalten. »Ach, verflixt, Julian, ist Ihnen denn gar nicht aufgefallen, dass ich Sie sehr attraktiv finde?«
    »Was?« Julians entgeisterte Miene verriet, dass ihm der Gedanke tatsächlich noch nicht gekommen war. »Machen Sie sich lustig über mich?«
    »Das tue ich nicht. Wenn die Jungfrau Maria Gedanken lesen könnte, würde sie sicherlich ein paar Blitze auf mich herabschicken.«
    Vorsichtig nahm Julian den Arm von meiner Schulter und legte die Hände auf die Knie. »Ich hatte ja keine Ahnung.«

    »Jetzt haben Sie eine.« Die Röte, die mein Gesicht überzog, leuchtete wahrscheinlich heller als die Kerzen. »Sie kennen doch den alten Spruch:
    ›Ich mag verheiratet sein, aber ich bin nicht tot‹.«
    Ich schaute nach oben. »Noch nicht.«
    Julian schien äußerst verunsichert. »Ich könnte verstehen, wenn Sie für Kit romantische Gefühle entwickeln würden«, sinnierte er. »Kit ist ein sehr gut aussehender Mann, aber ich habe ein Gesicht wie ein … ein …«
    »Bassett«, schlug ich vor.
    »Genau«, entgegnete er ungerührt. »Und einen Bassett würde man doch kaum attraktiv finden, oder? Es sei denn …« Er führte die Hand ans Kinn. »Ist es der Bart? Vielleicht sollte ich ihn abrasieren.«
    »Es ist nicht der Bart.« Inzwischen war ich bis in die Zehenspitzen errötet. »Es hat nichts mit Ihrem Aussehen zu tun, es ist Ihre Leidenschaft, Ihre Freundlichkeit, Ihre Bescheidenheit. Sie sind ein guter Mensch, Julian, und Güte ist außerordentlich attraktiv.« Ich holte tief Luft und dachte, wo ich schon mal dabei bin … »Und falls Sie glauben, ich sei ein bisschen überkandidelt, lassen Sie mich eines sagen, Julian. Sie haben eine sehr angenehme Stimme und sehr schöne Hände.
    Und außerdem einen Körper wie ein Athlet.«

    »Ach du meine Güte«, entfuhr es Julian.
    »Wirklich?«
    Ich drückte die Handflächen gegen meine glü henden Wangen. »Glauben Sie mir ruhig.
    Kommt wahrscheinlich vom Schleppen der vielen Kisten mit Kohl.«
    Nach einer geradezu nervenzerfetzenden Pause flackerten die Kerzen durch einen Luftzug. Julian hatte begonnen zu lachen, und er hörte nicht mehr auf, bis ihm die Tränen aus den Augen liefen.
    Ich sah ihn düster an. »Amüsieren Sie sich in Ihrem Beichtstuhl auch so?«
    »Entschuldigung.« Er schnappte nach Luft.
    »Es war nur so komisch … ein Bassett … der Kohlkisten schleppt …« Langsam beruhigte er sich. »Vielleicht sollte ich ein Fitness-Video produzieren.«
    Und schon wieder prustete er los und klopfte sich auf die Schenkel.
    Ich verschränkte die Arme. »So witzig ist das gar nicht«, murmelte ich. Jetzt hatte ich das Gefühl, als würde er sich über mich lustig machen.
    »Nein.« Er wischte sich über die Augen und atmete tief durch. »Es ist nicht witzig. Aber es ist auch keine Todsünde.« Er rückte etwas zur Seite, lehnte seinen Ellenbogen auf die Rückenlehne der Bank und sah mich nachdenklich an. »Ich glaube, ich weiß, worum es geht.«
    Ich ballte die Fäuste. »Wenn Sie auch nur ein Wort über Mutterinstinkte verlieren, schlage ich Sie.«
    »Der Instinkt, an den ich denke, ist nicht notwendigerweise mütterlicher Natur«, sagte Julian.
    »Ich glaube, Sie vermissen Ihren Ehemann, Lori.
    In Bills Abwesenheit hat sich Ihr von Gott gegebenes … Verlangen zeitweilig auf ein falsches Ziel gerichtet.« Er strich sich über den Bart. Ich konnte ihm noch immer nicht ins Gesicht sehen.
    »Ich war noch nie sonderlich treffsicher.«
    »Und welch sichereres Ziel könnte man auswählen«, fuhr Julian fort, »als eines, von dem man weiß, dass es absolut unerreichbar ist.«
    Auch wenn er leise gesprochen hatte, schienen seine Worte durch die Kirche zu hallen. Als das letzte Geräusch verklungen war, wandte ich mich endlich an ihn.
    »Weil Sie kein von Gott gegebenes Verlangen haben?«, fragte ich.
    Für eine Sekunde flackerte etwas zutiefst Menschliches in Julians braunen Augen auf, aber er antwortete ohne zu zögern: »Weil ich wie Sie an das heilige Sakrament der Ehe glaube.« Er sah mich ernst an und reichte mir die Hand. »Sie wissen, dass Sie mir vertrauen können, Lori, auch wenn Sie sich selbst nicht trauen.«
    Ich sah in sein Gesicht, über das die Schatten huschten, ich sah in seine dunklen Augen und ergriff seine Hand. Wir saßen mit verschränkten Händen im

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