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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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es hatte kein Wunder gegeben.
    Wenn überhaupt, war Kit noch schwächer geworden. Ich sprach ein stummes Gebet für ihn, warf die Bettdecke zur Seite und stieg aus dem Bett.
    Ich stand eine Weile vor dem Fenster und blickte auf die Schneeflocken hinunter, die den Straßenlaternen einen magischen Glanz verliehen. Durch die Doppelglasfenster konnte das Geräusch des heulenden Winds nicht eindringen, aber ich hörte ihn trotzdem, und egal, wie viel Brandy ich trank, mein inneres Frösteln blieb.
    Ich brauchte den heulenden Wind, er musste mich daran erinnern, dass ich Teil einer Welt war, die viel mehr umschloss als Familie und Freunde. In dieser Welt gab es viel zu tun, und ich verfügte über die Mittel, einen erheblichen Beitrag zu leisten.
    »Lasst uns in den Ärmsten unter uns das Gesicht Jesus’ erkennen«, flüsterte ich die Worte des Vikars wie ein Versprechen an Kit, an Julian und an mich selbst. Dann legte ich mich wieder ins Bett.

    Am nächsten Morgen nahmen Julian und ich das Frühstück auf dem Zimmer ein. Wir waren fast fertig, als es an der Tür der Suite klopfte.
    »Madam?«, meldete sich eine vertraute Stimme. »Die Limousine steht bereit.«
    Ich eilte zur Tür und riss sie auf. »Paul!«, rief ich. »Ich wusste nicht, dass Sie im Dienst sind.
    Ich wollte gerade nach Schneeschuhen schicken lassen.«
    Der kleine, grauhaarige Mann in der marineblauen Chauffeursuniform tippte mit zwei Fingern an die Stirn, da er seine Mütze in der Hand hielt, und verneigte sich förmlich. »Nicht nötig, Madam. Miss Kingsley hat mich angewiesen, Sie nach Belgravia zu fahren und danach postwendend zum Cottage zurückzubringen.«
    Er sah mich voller Sorge an. »Die Party findet doch statt?«
    Der unaufgetaute Truthahn tanzte an meinem geistigen Auge vorbei, aber ich setzte ein tapferes Lächeln auf. »Aber sicher doch«, sagte ich.
    Paul schien beruhigt. »Freue mich schon sehr darauf, Madam. Sehr freundlich von Ihnen, mich einzuladen.« Er hielt seine Mütze mit beiden Händen fest. »Ich will Sie nicht hetzen, Madam, aber die Stadt ist das reinste Chaos, und wir brauchen sicherlich länger …«
    »Wir sind schon unterwegs«, sagte ich und rief Julian zu, er solle seinen Toast liegen lassen und sich seine Jacke schnappen.

    »So was hab’ ich ja noch nie gesehen«, murmelte Paul. Das Trennfenster zwischen Fahrer und Passagier blieb stets offen, wenn ich mit Paul unterwegs war. »Hab’ mein ganzes Leben in London verbracht, Madam, aber so viel geschneit hat’s hier noch nie.«
    Der Schneesturm hatte Pauls geliebte Heimatstadt in der Tat in ein ziemliches Chaos gestürzt, aber es war ein friedliches Chaos. Viele Geschäfte mussten geschlossen bleiben, die Zahl der mit Einkaufslisten herumirrenden Konsumenten tendierte entsprechend gegen null. Nur wenige Passanten schienen gewillt, sich durch die gewaltigen Schneeberge zu kämpfen, die von den Räumfahrzeugen am Straßenrand aufgehäuft worden waren. Nur noch selten sah man ein Auto, das sich hinter den schwarzen Rauch ausstoßenden Schneepflügen herquälte, die in diesen Stunden Londons Straßen beherrschten.
    Belgravia, eines der reichsten Wohnviertel der Stadt, wurde natürlich bevorzugt behandelt. Paul hatte nur wenig Mühe, die Limousine durch die geräumten, von Schneegebirgen gesäumten Stra ßen zu manövrieren, bis wir vor den Toren von Havorford House standen. Während Julian an der Gegensprechanlage erklärte, dass er ein Gespräch mit Lady Havorford bezüglich ihres Bruders wünsche, verrenkte ich mir den Hals, um einen genaueren Blick auf das Haus zu werfen, aus dem Kit an jenem kalten Februarabend vor vier Jahren geflohen war.
    Havorford House war einige Jahrhunderte älter als die Nachkriegsbauten Stepneys, ein palladianischer Palast aus silbergrauem Stein, der sich glänzend in der Mitte eines kleinen, aber exquisiten, von Mauern umgebenen Parks erhob. Ein filigraner schmiedeeiserner Zaun trennte den Garten von der Straße, und hinter dem Eingangstor mit seinem Säulengang führte eine Auffahrt in einem Halbkreis zu dem Anwesen.
    Überall glitzerte es strahlend, so als habe man das herrschaftliche Haus für den Anlass vergoldet. An jedem einzelnen Baum im Garten hingen winzige goldene Lichter, die im Wind schaukelten wie tanzende Glühwürmchen. Goldglitter schmückte die Eiben entlang der Auffahrt, goldene Lichtbögen krönten die Tore. In jedem Fenster brannte eine Kerze vor einer Ansammlung von Weihnachtssternen. Ich schaute auf den beeindruckenden

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