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Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Tante Dimity und der Fremde im Schnee

Titel: Tante Dimity und der Fremde im Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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hatte.«
    Sie zog eine Seitenschublade auf und holte ein schweres Bündel Papier heraus, das durch ein schwarzes Band zusammengehalten wurde. »Papa hat über ein Jahrzehnt an diesen Memoiren gearbeitet«, sagte sie und legte das Manuskript auf den Tisch. »Aber Christopher zeigte kein Interesse an Papas Arbeit. Weder er noch ich sahen die Memoiren, bis …«
    »Bis …?«, bohrte Julian.
    Lady Havorford legte die Hände über dem Manuskriptstapel zusammen. »Vor vier Jahren«, sagte sie, »wurde Papa in die Normandie eingeladen, um an den Feiern zum 50. Jahrestags des D-Day teilzunehmen.«
    »Eine weitere Ehrung für Sir Miles«, kommentierte Julian.
    »Das hätte es werden sollen«, stimmte Lady Havorford zu. »Aber er konnte nicht teilnehmen.
    Die D-Day-Feierlichkeiten fanden nämlich im Juni statt, knapp vier Monate, nachdem sich Papa an einen Jahrestag ganz anderer Art erinnert hatte.« Ihr Blick wanderte von Julian zu mir.
    »Sagt Ihnen der 13. Februar etwas?«
    Es war im Februar vor vier Jahren gewesen, als Kit aus dem Haus seiner Schwester geflohen war, um sich auf die Suche nach dem Schutzheiligen der Piloten zu machen. Hatte er sich mit seinem Vater wegen einer sich im Februar jährenden längst vergessenen Schlacht gestritten?

    Hatte er seinen Vater auf irgendeine Weise verletzt, und war er nach Sankt Joseph gekommen, um irgendeine Form der Absolution zu finden?
    »Am 13. Februar 1945 flog mein Vater einen Einsatz mitten in Deutschland«, sagte Lady Havorford nun. »Als Pathfinder bestand seine Aufgabe darin, die Ziele mit Brandgeschossen kenntlich zu machen.
    Er erfüllte seine Aufgabe ganz ausgezeichnet.
    Als die Bombardierungen der ersten Nacht endeten, konnte man das Feuer am Zielort noch in zweihundert Meilen Entfernung sehen.
    Am Ende der zweiten Nacht«, fuhr sie fort,
    »waren etwa 25000 Menschen tot, 25000 Männer, Frauen und Kinder, sowohl Einwohner der Stadt als auch Flüchtlinge, die vor der Sowjetarmee flohen. Verbrannt, durch die Explosionen getötet oder im Feuersturm erstickt, der ihnen den Sauerstoff aus den Lungen saugte.« Sie fuhr mit der Hand über das Manuskript. »Das Ziel war keine Munitionsfabrik und kein U-Boot-Stützpunkt. Es war eine praktisch wehrlose Barockstadt, die für die Schönheiten ihrer Kunst und Architektur berühmt war. Sie haben den Namen der Stadt sicher schon einmal gehört. Er lautet Dresden.«
    Das bislang so angenehme Prasseln des Kaminfeuers schien sich in ein bedrohliches Gebrüll zu verwandeln, das Zischen des Splintholzes glich plötzlich dem Seufzen gequälter Seelen. Die dekorativen Vergoldungen glühten, als würden sie in Flammen schmelzen, aber Lady Havorfords Augen blieben kalt wie Eis, als sie die Hand hob und zum vergoldeten Balkon hinaufdeutete.
    »Am 13. Februar«, sagte sie, »neunundvierzig Jahre nach dem Luftangriff auf Dresden, erhängte sich mein Vater dort oben, dort, wo seine Bü cher über Militärgeschichte stehen.«
    Irgendwo im Haus stimmte eine süßliche Tenorstimme »God Rest Ye Marry Gentleman« an.
    Ich dachte an Kit, wie er im Regen am Rande eines von Unkraut überwucherten Rollfelds gestanden hatte, aller Freude und allen Trostes beraubt.
    Lady Havorford legte ihre Hand wieder auf das Manuskript. »Christopher war an jenem Abend hier«, sagte sie. »Er hat Papas Leiche gefunden. Er fand auch den Brief, in dem mein Vater gestand, Verbrechen gegen die Menschheit begangen zu haben, weshalb er sich selbst mit dem angemessenen Urteil für einen Kriegsverbrecher bestrafte.«
    Julian schien neben mir zusammenzusacken, als sei die Last von Sir Miles’ Tragödie auf seine Schultern gefallen. »Die arme, gequälte Seele«, sagte er leise.
    »Mein Vater braucht niemandes Mitleid.« Lady Havorfords Stimme klang beinahe verächtlich. »Sir Miles war ein großer Mann, den ein undankbarer Sohn quälte. Christopher liebte die Welt, die mein Vater verteidigt hatte, aber er hielt es für angebracht, die Art und Weise zu verurteilen, auf die Papa sie verteidigen musste.
    Papa ist ein Held. Christopher ist ein Heuchler und ein Mörder.«
    »Er ist kein Mörder«, wandte ich sacht ein.
    »Ihr Vater hat Selbstmord begangen.«
    »Christopher hat ihn hineingetrieben«, fuhr Lady Havorford mich an. »Sir Miles hatte nie ein schlechtes Gewissen wegen seiner Rolle im Krieg, bis Christopher den Zweifel in ihm säte.« Sie ballte die Hand zur Faust. »Erst nachdem sein Sohn ihm die Achtung entzog, verlor er die Achtung vor sich selbst.«
    »Haben Sie Ihren

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