Tante Dimity und der Kreis des Teufels
Umgebung zu stark in Anspruch genommen, um aufmerksam zuzuhören. Die Halle war auf großartige Weise mittelalterlich.
Im Schachbrettmuster des gefliesten Bodens spiegelten sich die vergoldeten Wappen wider, die ins Deckengewölbe eingelassen waren. Zwei glänzende Ritterrüstungen bewachten zu beiden Seiten die breite Mahagonitreppe, deren Geländer im Obergeschoss in einer Balustrade weiterlief. Hirschgeweihe und eine Sammlung nachgebildeter mittelalterlicher Waffen hingen an den getäfelten Wänden, und auf einer Seite des mächtigen Kamins stand eine Reihe von Stühlen mit hohen, eckigen Lehnen aus der Zeit Jacobs I. Gobelinvorhänge verbargen Türen zu den Räumen hinter der Eingangshalle. Die Lampe war ein erstaunliches Gebilde aus Hirschgeweihen und Messing, und dem Kamin gegenüber befand sich ein Holzrahmen, in dem ein riesiger bronzener Gong hing.
Kaum hatte ich auch nur die Hälfte dieser Einzelheiten in Augenschein genommen, als unsere Gastgeber erschienen. Sie kamen die Treppe herunter und wirkten genauso exzentrisch wie ihre Umgebung.
Jared Hollander sah ganz so aus, wie man sich einen viktorianischen Patriarchen vorstellt –
rundlich, wohlhabend und mindestens zwanzig Jahre älter als seine Frau. Er trug einen voluminösen altmodischen Schlafrock aus gesteppter schwarzer Seide und hatte einen weinroten Seidenschal um den Hals. Sein ergrauendes Haar war mithilfe einer stark parfümierten Pomade zurückgekämmt, und die gewachsten Spitzen seines mächtigen Schnurrbarts sahen geradezu gefährlich aus.
Nicole Hollander war ganz in Weiß gekleidet, ihre zierliche Gestalt war in dem berüschten und bebänderten Morgenrock kaum zu erkennen. Sie hatte leuchtende dunkle Augen, und ihr pechschwarzes Haar, das sie zu einem Knoten hochgesteckt trug, war so dick und üppig, dass es für ihren zarten Hals fast zu schwer wirkte. Während sie ihrem Mann die Treppe hinab folgte, hielt sie den bestickten seidenen Fransenschal, der um ihren schmalen Schultern lag, vorn geschlossen.
»Dieses dämliche Weib«, dröhnte er, indem er durch die Halle auf uns zukam. »Ich hatte ihr ausdrücklich gesagt, sie solle Sie in den Salon führen.« Er verbeugte sich feierlich. »Ich muss mich entschuldigen, Mrs Willis. Eine zugige Eingangshalle ist nach Ihrem Erlebnis kaum der richtige Ort für Sie.«
Seine Gattin stand wie ein ängstliches Mäuschen neben dem Hausherrn und überließ das Reden erst einmal ihm.
Ich stand auf, befreite mich unmerklich von Guys stützendem Arm und erklärte, dass Willis der Name meines Mannes sei. »Ich heiße Lori Shepherd, aber bitte nennen Sie mich Lori. Und Mrs Hatch hat uns nicht absichtlich hier warten lassen. Ich fühlte mich ein bisschen benommen …«
»Miss Shepherd ist beinahe ohnmächtig geworden«, unterbrach Guy. »Ich hoffe, Sie haben Dr. MacEwan benachrichtigt.«
»Vielen Dank für Ihren wertvollen Ratschlag, Captain«, sagte Jared mit ironischem Unterton, ehe er sich zu mir wandte. »Ich habe unseren Quacksalber schon angerufen. Er kommt im Laufe des Vormittags vorbei.«
»Danke«, sagte ich, wobei ich Guy seinen Verrat im Stillen verzieh. Jared Hollander schien ein leicht reizbarer Mensch zu sein, und ich wollte nicht, dass Mrs Hatch für meinen
Schwindelanfall verantwortlich gemacht wurde.
»Ich denke, Sie werden sich vielleicht ein bisschen frisch machen wollen«, fuhr Jared fort.
»Meine Frau und ich würden uns sehr freuen, wenn Sie mit uns frühstücken würden.«
»Das klingt gut«, sagte ich aus tiefstem Herzen. Es war schon lange her, seit ich Adams Suppe gegessen hatte.
»Jared«, sagte Nicole ängstlich, »sollten wir nicht …« Ihre Wangen röteten sich etwas, während sie Guy schüchtern zunickte. »Sollten wir dem Captain nicht für seine Hilfe danken?«
»Dazu sehe ich keinen Grund.« Jared nahm Guys Anwesenheit mit ausdruckslosem Gesicht zur Kenntnis. »Schließlich wurde der Unfall durch seine Nachlässigkeit verursacht. Vielleicht interessiert es Sie, Sir, dass der Mann von Mrs Willis ein namhafter Rechtsanwalt ist.«
Guy ignorierte diese Bemerkung und wandte sich an mich. »Lori, was die Untersuchung betrifft – könnten wir darüber noch ein Wort reden
…?«
»Ausgeschlossen.« Jared trat zwischen Guy und mich. »Ich kann es nicht dulden, dass Sie meinen Gast so kurz nach ihrem traumatischen Erlebnis damit belästigen. Wenn Sie mit ihr reden müssen, dann machen Sie einen Termin für später aus, wenn sie wieder einen klaren Kopf
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