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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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drängte, musste ich mich seiner Logik beugen. Mein kanariengelber Range Rover stach überall heraus wie eine Neonreklame. Kurz, die Gerüchteküche würde tatsächlich überkochen, wenn man mich in den frühen Morgenstunden zusammen mit einem Mann herumschleichen sah, der eindeutig nicht der meinige war.
    Während Nicholas langsam das Steinkreuz umrundete, zermarterte ich mir das Hirn nach einem Weg, die Observation doch noch gemeinsam durchzuführen, ohne die Maßnahme – oder meinen Ruf – zu gefährden. Die Lösung fiel mir so plötzlich ein, dass ich vor Freude fast einen Luftsprung vollführt hätte.
    »Bills Büro«, sagte ich und eilte Nicholas nach. »Es liegt direkt gegenüber vom Pub. Ich bin ständig dort, um irgendwelche Papiere zu holen, die Bill vergessen hat. Ich kann mich kurz vor Tagesanbruch durch die Hintertür reinschleichen. Von dort aus kann ich alles verfolgen, was sich auf dem Platz abspielt.«
    »Und alle auf dem Platz können deinen Range Rover sehen.«
    »Dann nehme ich eben das Fahrrad!«, rief ich, stolz auf meine Klugheit. »Jeder weiß, dass Bill mir zu Weihnachten ein Fahrrad geschenkt hat und ich bisher noch keine Gelegenheit hatte, es auszuprobieren. Ich fahre auf der Straße bis zur Brücke, biege dann auf den Uferweg ab …« Ich begann, die Route mit Gesten anschaulich zu machen, als Nicholas mir in den Arm fiel.
    »Nicht deuten«, zischte er. »Es besteht kein Grund, unsere Pläne zu verraten.«
    » Unsere Pläne?« Ich blinzelte ihn bange an.
    »Meinst du das ernst?«
    Sein Lächeln brachte Licht in diesen trüben Tag. »Für Augen gilt dasselbe wie für Ohren: Vier sind immer besser.« Er legte meine Hand in seine Armbeuge, und wir traten den Rückweg zum Range Rover an. »Und während du den Pub vom Büro deines Mannes aus beobachtest, kann ich vom Pfarrhaus aus verfolgen, was sich bei Mr Wetherhead tut. Später treffen wir uns dann bei dir und vergleichen …« Er verstummte abrupt und blieb stehen.

    Selbst durch drei Schichten hindurch – Hemd, Sakko und Mantel – konnte ich spüren, wie sein Bizeps anschwoll. »Stimmt was nicht?«, fragte ich beunruhigt.
    »Alles in Ordnung.« Er tätschelte mir begütigend die Hand, doch ich merkte ihm an, dass er in Gedanken ganz woanders war. »Mir ist bloß gerade eingefallen, dass es nur ein Gebäude gibt, von dem man sowohl den Pub als auch Mr Wetherheads Haus gleichzeitig im Auge hat.«
    Mir stellten sich die Nackenhaare auf, als wir uns langsam umdrehten und das Crabtree Cottage anstarrten.
    »So, so, so«, murmelte Nicholas vor sich hin.
    Was für ein hervorragender Standort, um seine Nachbarn auszuspionieren.

11
    BILL REAGIERTE NICHT gerade entzückt, als ich ihm von meinem Plan, den Pub zu überwachen, erzählte. Und am Ende meiner Schilderung all dessen, was Nicholas und ich an diesem Tag ausgerichtet hatten, schien er regelrecht entnervt.
    »Das ist doch kein Spiel, Lori«, stöhnte er.
    »Prunella Hooper ist vielleicht deshalb umgebracht worden, weil sie etwas gesehen hat, das sie nicht hätte sehen dürfen. Was, wenn du dasselbe siehst? Was, wenn das herauskommt? Du könntest dich in große Gefahr bringen!«
    »Ich sperre die Bürotür zu«, versprach ich.
    »Und ich werde mich nicht am Fenster zeigen.
    Niemand wird wissen, dass ich dort bin.« Ich schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Es ist lieb, dass du dir Sorgen um mich machst, Bill, aber ich halte das wirklich nicht für nötig. Nicholas wird schon auf mich aufpassen.« Den letzten Satz fügte ich völlig arglos hinzu, ohne mir zu überlegen, welchen Eindruck er hinterlassen könnte.
    Ganz offensichtlich war dieser nicht sonderlich positiv.

    Eine lange Pause trat ein, bis Bill schließlich in einem ätzenden Ton sagte: »Er wird also aufpassen.«
    »Er unterrichtet Selbstverteidigung«, antwortete ich, jedes Wort betonend. »Wenn irgendein Vollidiot was von mir will, wird Nicholas ihn schneller zu Hackfleisch verarbeiten, als meine Küchenmaschine das könnte.« Ich schickte ein stummes Dankesgebet gen Himmel, als ich Bill leise glucksen hörte.
    »Nicholas’ Beruf hatte ich ganz vergessen«, gab er zu und zeigte sich zu guter Letzt damit einverstanden, gegen drei Uhr in der Früh im Cottage anzurufen, um meiner Geschichte von den vergessenen Akten, die unbedingt geholt werden mussten, Glaubwürdigkeit zu verschaffen. »Eigentlich sollte ich längst wissen, dass es keinen Sinn hat, dich von riskanten Unternehmungen abhalten zu wollen«, seufzte er zum Schluss.

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