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Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Tante Dimity und der unbekannte Moerder

Titel: Tante Dimity und der unbekannte Moerder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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Schlag und ein unterdrücktes »Au!«
    hörte.
    »Nicholas?«, flüsterte ich und hastete halb geduckt zur Hintertür.
    Seine gedämpfte Stimme drang durch die Dunkelheit an mein Ohr. »Ja, Lori, ich bin’s.«
    »Bleib, wo du bist.« Ich schloss die Tür und zündete wieder die dicke weiße Kerze an, die ich auf einer Kiste voller Akten hatte stehen lassen.
    Nicholas stand unmittelbar hinter der Tür und rieb sich das Knie, das er sich offenbar an einem orangefarbenen Plastikbehälter gestoßen hatte.
    Seinen Oberkörper schützte eine wasserdichte Windjacke, aber seine Hosenbeine waren feucht und seine Schuhe schlammverschmiert. Das in verfilzten Strähnen herabhängende tropfnasse Haar hatte er hinter die Ohren geschoben, die zu verbergen er wirklich keinen Grund hatte. Seine türkisgrünen Augen im Kerzenlicht raubten mir den Atem.
    »Du bist ganz nass«, sagte ich und versuchte tapfer, mein galoppierendes Herz zu ignorieren.
    »Irgendwo müsste Bill Handtücher haben.«

    »Mach dir keine Umstände«, murmelte er und richtete sich auf. »Mir geht’s prima.«
    »Von wegen«, beharrte ich, während ich bereits nach den Handtüchern suchte. »Du bist nass, schmutzig und …«
    »Mir geht’s prima!«, wiederholte er. »Kein Grund, Hektik zu verbreiten.«
    »Ich verbreite keine Hektik. Ich …« Ich verstummte und befahl meinem verräterischen Herzen, Ruhe zu geben. »Was machst du hier so früh, Nicholas? Ich dachte, wir hätten vereinbart …«
    Er trat näher. »Ich weiß, was wir vereinbart haben, aber ich konnte einfach nicht warten.« Er kam mir noch näher, so nahe, dass ich seinen warmen Atem auf der Haut spürte. »Ist das ein
    … Hase, was du da hältst?«
    Verlegen schaute ich auf meinen pinkfarbenen Aufpasser hinunter. Stammelnd begann ich zu erklären, dass ich nervös gewesen sei und moralischen Beistand gebraucht hätte, gab aber bald auf und murmelte trotzig: »Das ist nichts, was du verstehen würdest.«
    »Ich weiß, was es heißt, bei einer Überwachung allein zu sein und Angst zu haben«, widersprach Nicholas sanft. Er hob mein Kinn mit den Fingerspitzen an. »Es war klug von dir, einen Talisman mitzunehmen.«

    Es erforderte meine ganze Willenskraft, nicht nach oben zu greifen und die wie glitzernde Trä nen über Nicholas’ Gesicht perlenden Regentropfen abzuwischen. Wäre Reginald nicht da gewesen, hätte ich sie vielleicht sogar mit den Lippen getrocknet.
    »W-was konnte nicht warten?«, stotterte ich und stopfte die freie Hand in die Hosentasche.
    Seine Finger verweilten noch kurz unter meinem Kinn, dann sanken sie herab. »George Wetherhead ist mit einer Frau zusammen«, flüsterte er. »Sie war in einen Kapuzenmantel gehüllt, als sie zu ihm rüber ging, aber du wirst bestimmt wissen, wer sie ist.«
    »Warum?«
    »Weil sie«, sagte er, und seine leuchtenden Augen tanzten, »gegenüber von meiner Tante und meinem Onkel wohnt.«
    Mein Verstand setzte einen Moment lang aus.
    »M-Miranda Morrow?«, stammelte ich.
    »George Wetherhead hat eine Affäre mit der Hexe von Finch? «

12
    MIRANDA MORROW WAR eine große, gut  aussehende Frau in den Mittdreißigern mit rotblondem Haar, die ihren Lebensunterhalt mit Telefon-Hexerei bestritt. Sie hatte zwar eine Wohnung in London, verbrachte aber einen gro ßen Teil des Jahres im Briar Cottage, das direkt gegenüber dem Pfarrhaus in der Saint George’s Lane stand.
    Mr Wetherhead dagegen war ein kleiner Mann von Mitte fünfzig mit schütterem Haar, der privat ein Eisenbahnmuseum betrieb, um seine Invalidenrente etwas aufzubessern. Nach London kam er nie; ja, da er voll und ganz in der Gestaltung von Miniaturlandschaften für seine Modelleisenbahnen aufging, fand er kaum einmal Zeit, sein Cottage zu verlassen, das zwischen dem Pfarrhaus und der alten Schule stand.
    »Miranda Morrow und George Wetherhead?«
    Mir verschlug es die Sprache. »Ich kann’s nicht fassen.«
    »Dann komm mit und überzeug dich selbst«, schlug Nicholas vor. »Wenn wir uns beeilen, erwischen wir sie noch beim Weggehen.«

    Ich ließ alle Vorsicht fahren und schnappte mir meine Jacke. Die Gerüchteküche würde überkochen, wenn man Nicholas und mich zusammen sah, aber diese Gelegenheit konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen. Das unmöglichste Liebespaar aller Zeiten musste man einfach gesehen haben, wenn Finch es denn tatsächlich hervorgebracht hatte.
    Reginald ließ ich allerdings zurück. Ich wollte mir nicht noch zusätzlichen Ballast aufbürden, und mit Nicholas an

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