Tante Dimity und der unerhoerte Skandal
war. Aber ich war noch nie wirklich mit einem anderen Fahrzeug zusammengestoßen, und ich war nur einmal im Straßengraben gelandet, als nämlich die enge Kurve vor dem Hause der Schwestern Pym vereist gewesen war.
»Ich danke euch für eure Fürsorge«, fuhr ich fort, »aber weder werden wir die Polizei bemühen, noch wird mich einer von euch nach Haslemere fahren.« Ich hob die Hand, um Dereks Protest im Keim zu ersticken. »Wenn Tante Dimity geglaubt hätte, dass die Polizei helfen kann, dann hätte sie mir gesagt, dass ich mich an sie wenden solle, genau wie sie mir geraten hätte, einen Zug zu nehmen, wenn das besser gewesen wäre. Aber das hat sie nicht. Sie hat gesagt, ich soll nach Haslemere fahren, und deshalb werde ich es tun.«
»Die Eisenbahn wäre aber eine gute Idee«, murmelte Derek und verschränkte die Arme. »Warum in aller Welt sollte es denn so wichtig sein, dort ein Auto zu haben?«
»Wer weiß?«, sagte ich. »Vielleicht, um schnell die Flucht ergreifen zu können. Derek«, sagte ich sanfter, »hör mir mal zu. Glaubst du wirklich, dass Dimity nach zwei Jahren zurückgekommen wäre, wenn sie nicht annehmen müsste, dass William in ernsten Schwierigkeiten ist?«
Derek sah zu Boden und zuckte die Schultern.
Emma ließ nicht locker. »Aber das sollte dich nicht daran hindern, dich von einem von uns fahren zu lassen«, sagte sie.
»Du wirst einen Nervenzusammenbruch bekommen, wenn du dich in dieser Phase für länger als eine Stunde aus deinem Garten entfernst«, sagte ich energisch. »Und wie du bereits erwähntest, Derek muss das Kirchendach reparieren. Ich will nicht für einen durchnässten Bischof verantwortlich gemacht werden. Er ist wahrscheinlich sowieso nicht sehr widerstandsfähig, und wenn …«
»Wie auch immer«, sagte Derek und richtete sich zu seiner stattlichen Größe auf, »ich kann es unmöglich zulassen, dass du dort ganz allein hinfährst. Selbst wenn du keinen Unfall baust, verirrst du dich bestimmt. Du bist doch noch nie in Haslemere gewesen.«
»Aber Bertie und ich waren schon dort«, sagte Nell ruhig. Sie stand auf und stellte sich zwischen ihren Vater und ihre Stiefmutter. »Und wir sind auch schon mit Lori gefahren. Sie fährt ganz gut, solange sie jemanden neben sich hat, der mit aufpasst und die Karte liest. Und ich kann sehr gut Karten lesen. Das hast du selbst gesagt, Papa.«
Bot Nell sich ernstlich an, mit mir zu fahren?
Überrascht und ein bisschen verlegen sah ich sie an. Ich war heute noch nicht sehr nett zu ihr gewesen, und ich hatte etwas gutzumachen. Wenn sie mitkommen wollte, würde ich sie unterstützen. Es wäre schön, Gesellschaft zu haben, und außerdem konnte sie wirklich gut Karten lesen.
Derek rieb sich das Kinn. »Ich weiß nicht, Nell
… Dimity hat angedeutet, dass es nicht ganz ungefährlich sein könnte.«
»Ich werde schon auf Nell aufpassen«, versprach ich. »Ich achte darauf, dass sie sich anschnallt und dass ihr nichts passiert.«
»Und außerdem kann Nell auch ganz gut auf sich selbst aufpassen«, sagte Emma.
»Bitte, Papa«, bettelte Nell, und sogar Ham schnüffelte an Dereks Hand.
Was blieb dem armen Mann übrig? Er war drei zu eins überstimmt – nein, mit Ham sogar vier zu eins. Widerwillig nickte er, und Nell flog ihm um den Hals.
»Unter zwei Bedingungen«, fügte er hinzu.
»Dass ihr nicht nach Einbruch der Dunkelheit fahrt und euch auf keinen Fall in den Londoner Verkehr stürzt.«
»Einverstanden.« Ich stand auf. »Und denkt daran, kein Wort davon zu Bill. Wenn er anruft, sagt ihm …«
»Sagt ihm, wir sind zur St.BartholomäusKirche gefahren, um uns die Glocken anzusehen«, schlug Nell vor.
»Wunderbar.« Zustimmend lächelte ich Nell an.
»Und jetzt ein schnelles Mittagessen, denke ich, ehe wir abfahren.«
Ich hatte keine Lust zu frühstücken gehabt und wollte mich nicht mit leerem Magen in dieses Abenteuer stürzen. Nell lief nach Hause, um ein paar Sachen zu packen, und Emma, Derek und ich gingen in die Küche und bereiteten schnell einen Salat und ein paar Sandwiches zum Mittagessen vor; als Nachtisch gab es die Karamellbrownies, die ich am Abend zuvor nach einem alten Rezept meiner Mutter gebacken hatte. Ich hatte sie als Kind immer sehr gern gegessen. Während Nell und ich die Krümel zusammenfegten und die Küche aufräumten, fragte ich mich, wie lange es dauern würde, bis ich das nächste Mal zum Backen käme.
Nells Koffer war ungefähr fünf Mal größer als das, was man gewöhnlich übers
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