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Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Tante Dimity und der unerhoerte Skandal

Titel: Tante Dimity und der unerhoerte Skandal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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»Hallo?«, sagte ich erwartungsvoll.
    »Und hallo auch hier, Lori, mein Liebling.«
    »Bill!«, rief ich überrascht. Es war fast zwölf Uhr in Finch, aber in Boston dämmerte kaum der Morgen. »Oh Bill, ich bin so froh, deine Stimme zu
    …«
    »Hör zu, Lori, ich habe nicht viel Zeit«, unterbrach Bill, er klang atemlos und schien durch irgendetwas abgelenkt. »Es gibt eine Änderung im Ortstermin. Reeves Biddiford hat beschlossen, die Verhandlungen im Landhaus der Familie am Little Moose Lake zu führen. Er schickt gleich ein Auto, das mich zum Flughafen bringt. Wir fliegen so früh, damit wir noch ein bisschen angeln können, ehe wir mit den Gesprächen anfangen.«
    »Angeln?«, sagte ich.
    »Angeln?«, frage Derek im Hintergrund.
    »Reeves denkt, es würde seine blutrünstigen Verwandten beruhigen«, erklärte Bill. »Sollte er Recht haben, dann stehen wir kurz vor dem Durchbruch, Lori. Wenn ich meine Karten richtig spiele, kann ich wahrscheinlich nächste Woche die ganze Sache zum Abschluss bringen.«
    »Aber Bill …«
    »Tut mir Leid, Liebes, das Auto ist schon da, und ich muss mich beeilen. Grüß Vater von mir.
    Ich hab dich lieb. Ich rufe wieder an. Tschüs.« Und ehe ich auch nur sagen konnte »Ich dich auch«, hatte mein Mann aufgelegt.
    Ich legte behutsam den Hörer hin und wandte mich meinem aufmerksamen Publikum zu. »Das war Bill«, sagte ich unnötigerweise. »Er ist angeln gegangen.«
    »Angeln?«, wiederholte Derek. »Bill?«
    Mein Mann war bekannt als Stubenhocker. Er trug eine dicke schwarzgeränderte Brille sowie zwanzig überflüssige Pfunde an seinem Bauch und hatte die blasse Gesichtsfarbe und die hängenden Schultern eines überzeugten Schreibtischmenschen. Die Harris wussten genauso gut wie ich, dass Bill, als er das letzte Mal angeln gegangen war, über seine eigenen Wasserstiefel gestolpert und kopfüber in einen eiskalten schottischen Gebirgsbach gefallen war.
    »Diesmal wird er in einem Boot sitzen«, erklärte ich etwas lahm, »auf einem See in Maine. Es hat etwas mit dem Fall zu tun, an dem er im Moment arbeitet.« Plötzlich fiel mir ein, dass ich keine Ahnung hatte, wie ich Bill am Little Moose Lake erreichen konnte. »Na wunderbar«, stöhnte ich und ließ die Schultern hängen. »Jetzt ist nicht nur mein Schwiegervater, sondern auch mein Mann weg.«
    »Und Reginald«, erinnerte Nell.
    »Psst«, sagte ihr Vater und kam zu mir herüber.
    »Aber Lori«, beruhigte mich Emma, »du hast sie doch nicht verloren, sie sind dir nur abhanden gekommen. Vorübergehend. Ich bin sicher, Bills Sekretär weiß, wie du ihn erreichen kannst.«
    »Und ich habe ein paar Vorschläge, wie man William finden kann«, fügte Derek hinzu. Ich sah ihn hoffnungsvoll an. »Zuerst rufen wir die Polizei in Haslemere an und bitten sie, nach dem Mercedes Ausschau zu halten. Vielleicht lassen sie sich sogar überreden, dass sie William anhalten und ihm eine Nachricht von uns überbringen.«
    »Das ist eine gute Idee«, sagte Emma. »Und wenn du dann noch immer nach Haslemere willst, dann fahre ich dich.«
    »Ein großartiger Plan«, gab Derek zu, »mit einer Ausnahme. Ich werde Lori nach Haslemere fahren.« Er drohte seiner Frau mit seinem schmutzigen Zeigefinger. »Nein, mein Schatz, du kannst doch im August nicht deine Dahlien verlassen.«

    »Aber du musst doch am Kirchendach arbeiten«, gab Emma zu bedenken.
    »Moment mal.« Die beiden hatten schon so viele Andeutungen fallen lassen, dass ich jetzt eingreifen musste, denn die Sache sah mir nach einem abgekarteten Spiel aus. Emma und Derek stritten sich nicht etwa um die Ehre, wer von beiden mich nach Haslemere fahren durfte, vielmehr wollten sie verhindern, dass ich mich ans Steuer setzte und selbst fuhr. Sie trauten einfach meinen Fahrkünsten nicht. Sie hatten Angst, dass ich mit dem Mini in einen Straßengraben oder gegen einen Laternenpfahl fahren würde, wenn nicht gar Schlimmeres. Und meiner Meinung nach übertrieben sie.
    Ich war keine so schlechte Fahrerin. Es war zwar richtig, dass ich manchmal erschrocken reagierte, wenn ich auf der falschen Straßenseite fuhr und mir etwas entgegenkam. Es stimmte auch, dass ich vor lauter Unsicherheit ganz nahe am Straßenrand fuhr. Und ich kann auch nicht leugnen, dass ich an den Hecken der engen, gewundenen Straßen in der Gegend um Finch bereits vier Außenspiegel abgerissen hatte und dass der Mini an der Beifahrerseite schon so viele Kratzer im Lack hatte, dass Mr Barlow wochenlang damit beschäftigt gewesen

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