Tante Dimity und der unheimliche Sturm
an wie Mitternacht. Der Schneesturm hat mir wohl den Rest gegeben.«
Ich hin froh , dass er nicht noch Schlimmeres angerichtet hat . Träum schön , mein liebes Mädchen .
»Danke, Dimity.« Ich wartete, bis die Zeilen der königsblauen Schrift auf der Seite verblassten, dann schlug ich das Notizbuch zu und machte mich fertig fürs Schlafengehen. Als ich unter die Decke kroch, fragte ich mich, ob ich wohl Schwierigkeiten haben würde, an einem Ort zu schlafen, der vollkommen geräuschlos war.
Die Antwort lautete Nein.
Schläfrig rollte ich mich auf die andere Seite, um einen Arm über Bill zu legen, als ich zwei Dinge gleichzeitig bemerkte: Bill war nicht da, und in unserem Schlafzimmer war es sehr viel kälter als gewöhnlich. Fröstelnd zog ich den Arm zurück und führte ihn unter die Bettdecke, kuschelte den Kopf tiefer in das weiche, einladende Kopfkissen und hängte einen Zettel an mein gedankliches Schwarzes Brett, dass ich Mr Barlow sagen müsste, er solle die Zentralheizung überprüfen. Gerade war ich wieder kurz davor einzuschlafen, als der Klang von gedämpften Stimmen an mein Ohr drang.
Ich schlug die Augen auf und sah verwundert auf das unbekannte Muster meiner Bettdecke, um mich dann abrupt aufzusetzen, als die Wirklichkeit mich wieder eingeholt hatte. Ich war gar nicht zu Hause und lag behaglich im Bett mit meinem Gatten. Stattdessen war ich in einem fremden Bett in einem fremden Schlafzimmer an einem seltsamen Ort namens Ladythorne Abbey.
Obendrein schien ich ein fremdes Nachthemd zu tragen.
Als die Erinnerung an den vergangenen Tag mit seinen Vorkommnissen allmählich zurückkam, wurde mir auch bewusst, dass die gedämpften Stimmen draußen auf dem Flur meinen beiden Hausgenossen gehörten. Jamie Macrae und Wendy Walker unterhielten sich gerade ruhig vor der Tür meines Schlafzimmers, doch als ich die Ohren spitzte, um ihnen zuzuhören, gingen sie weiter, sodass sie außerhalb meiner Hörweite waren. Nur ein Wort hallte noch zu mir herüber, es lautete: »Frühstück«.
»Frühstück«, sagte ich wie zum Echo, und mein Magen rief mir prompt ins Gedächtnis, dass meine letzte Mahlzeit viel zu lange zurücklag. Ich griff nach meiner Armbanduhr auf dem Nachttisch und sah, dass es fast sieben Uhr war.
»Zehn Stunden Schlaf müssten eigentlich genügen, oder was meinst du, Reg?« Ich kraulte meinem rosafarbenen Hasen die Ohren und hüpfte aus dem Bett, im Vertrauen darauf, dass meine einfallsreichen Gefährten inzwischen eine Kanne Tee aufgebrüht hatten.
In der Nacht war das Feuer bis auf eine weiß liche Glut heruntergebrannt, also legte ich Kohlen nach, ehe ich mir frische Socken anzog und in einen wollenen Morgenmantel schlüpfte, den ich im Schrank gefunden hatte. Ich wartete, bis das Feuer aufloderte, um dann den Flur hinab zum Badezimmer zu tapsen.
In der vorigen Nacht war ich zu müde gewesen, um die Einrichtung des Badezimmers in Augenschein zu nehmen. Umso entzückter war ich, als ich die hübschen bemalten Fliesen an der Wand sah, die Wanne mit ihrer Mahagoniumrandung und das antike Sockelwaschbecken. Die Toilette und das Bidet waren in einem separaten Raum nebenan untergebracht, in weiser Voraussicht für all jene, die ein ausgiebiges Bad schätzten.
In einem Einbauschrank fand ich frische Handtücher und in einer handbemalten Kommode neben dem Waschbecken eine verführerische Kollektion von Toilettenartikeln – die Auswahl war genau auf die Wünsche einer Frau zugeschnitten. Ich warf einen sehnsüchtigen Blick auf die Reihe exotischer Badesalze, die luxuriösen Shampoos und wohlriechenden Lotionen, beschloss aber, nicht sogleich ausgiebigen Gebrauch davon zu machen. Obwohl
Catchpoles emsiges Schüren des Feuers für ausreichend heißes Wasser im Boiler gesorgt hatte, hielt mich der Gedanke ab, dass ich irgendwann einmal aus der dampfenden Badewanne in die kalte Luft steigen müsste, die in etwa die ideale Temperatur hatte, um Kopfsalat frisch zu halten.
Nach einer Katzenwäsche ging ich auf mein Zimmer zurück, um mich anzukleiden. Ich zog meine Jeans an und wählte aus dem Schrank statt meines leichten Baumwoll-Sweatshirts einen Wollpullover aus dem Dutzend aus, die dort zusammengefaltet bereitlagen. Meine Wahl fiel auf einen butterzarten und kuschelig warmen Kaschmirpullover, während ich insgeheim ein Stoßgebet an Tessa Gibbs sandte, welche in weiser Voraussicht und Kenntnis der Launen des englischen Klimas für ihre Gäste so wunderbar vorgesorgt hatte.
Schließlich
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