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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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tut.
    Darüber, warum sie in Wäschetruhen herumwühlt, wo sie doch einen Schlafsack hat.« Nachdenklich rieb ich mir das Kinn. »Jetzt, da ich darüber nachdenke, kommt mir in den Sinn, dass sie mir auch eine schlüssige Antwort bezüglich einer Waffe schuldig geblieben ist.«
    »Waffe? Was für eine Waffe?«
    »Ich fragte sie, ob sie eine Waffe im Rucksack bei sich führt, und sie sagte: ›Nicht wirklich.‹
    Das kann alles Mögliche heißen, findest du nicht?« Ich schüttelte den Kopf. »Und ich glaube auch nicht, dass es in ihrem Zimmer kalt ist. In meinem jedenfalls ist es so warm wie in einem Backofen.«
    »Das wird es bald nicht mehr sein, wenn du noch länger das Feuer vernachlässigst.« Jamie legte einen Arm um mich und drückte mich kameradschaftlich. »Lass uns mal einen Moment innehalten, Lori, einmal tief Luft holen, was meinst du? Ist es nicht möglich, dass die Ausnahmesituation, in der wir uns befinden, ein wenig dein Urteilsvermögen beeinträchtigt? Glaubst du nicht, dass du zu viel in die Dinge hineininterpretierst, die du unter anderen Umständen womöglich nicht einmal zur Kenntnis nehmen würdest? Ich mache mich nicht über dich lustig –
    mir geht es ebenso.« Er nahm seinen Arm weg und ließ den Blick durch den Raum schweifen.
    »Die Stille, die Schatten, das Abgeschnittensein von der Außenwelt – all das legt sich wie ein mächtiger Zauber auf uns. Diese Umgebung beschwört zwangsweise seltsame Vorstellungen herauf. Ich bin sicher, dass du Wendy bei Tageslicht mit anderen Augen betrachten wirst.«
    Eine Weile schwieg ich, dann nickte ich widerwillig. »In Bezug auf Wendy magst du vielleicht recht haben. Was das Feuer in meinem Zimmer anbelangt, da hast du definitiv recht. Ich sollte zurückkehren, ehe es ganz ausgeht. Im Gegensatz zu anderen, deren Namen ich nicht wieder ins Spiel bringen will, bin ich nicht mit einem Schlafsack ausgerüstet.«

    »Ich werde dich begleiten.« Jamie häufte die restlichen noch glimmenden Kohlen zusammen, ergriff seine Petroleumlampe und ging dann mit mir zusammen den Flur entlang. Als wir mein Zimmer erreicht hatten, blieb er stehen und beugte das Gesicht zu mir herab.
    »Wenn es dir heute Nacht kalt werden sollte«, sagte er sanft, »dann klopf einfach an meine Tür.« Ich wollte gerade ein höfliches Danke-aber-nein-das-wird-nicht-nötig-sein stammeln, als er mich abermals auf den Boden der Tatsachen zurückholte: »Auf meinem Schrank muss mindestens ein Dutzend zusätzlicher Decken liegen. Du kannst dich gern bedienen.«
    »Ich bin sicher, dass ich sie nicht brauchen werde«, beeilte ich mich zu sagen und hoffte inständig, dass der Boden mich verschlucken möge, ehe Jamie die Röte bemerkte, die mir ins Gesicht gestiegen war. »Schlaf schön.«
    »Schlaf auch schön.« Er lächelte warm und ging dann zu seinem Zimmer.
    Ich huschte in mein Zimmer, schloss die Tür hinter mir und lehnte mich mit dem Rücken dagegen. Wie peinlich, dachte ich. Um Haaresbreite war ich noch mal daran vorbeigekommen, eine Einladung zurückzuweisen, die Jamie gar nicht ausgesprochen hatte, und mit Sicherheit hatte er auch keine derartige Absicht verfolgt. Wie konnte ich mir nur vorstellen, dass er mir Avancen machen sollte? Wer, dachte ich, war ich eigentlich? Fräulein Unwiderstehlich?
    Jamie Macrae war kein hormongetriebener Teenager mehr. Er war ein erwachsener Mann, und ein Gentleman obendrein. Abgesehen davon war er gerade dabei, sich von dem Schock zu erholen, seinem Vater dabei zuzusehen, wie seine Persönlichkeit immer mehr von der Alzheimer-Erkrankung verheert wurde. Er war ganz bestimmt nicht in der Stimmung für ein Techtelmechtel mit wem auch immer, und schon gar nicht mit einer glücklich verheirateten Mutter von Zwillingsbuben, die ihm mit größter Wahrscheinlichkeit einen Korb gegeben hätte, hätte er jemals einen Annäherungsversuch gewagt, was er nicht hatte.
    »Reiß dich zusammen«, murmelte ich, darauf bedacht, ja nicht Reginalds Blick zu begegnen.
    Das blaue Notizbuch anzusehen, kam ich jedoch nicht umhin. Es schien vor Ungeduld zu glühen, und als ich auf die Uhr sah, zuckte ich zusammen, denn seit ich es vor Schreck zugeschlagen hatte, weil ich draußen vor der Tür ein Knarren gehört hatte, waren drei geschlagene Stunden vergangen. Ich legte Kohlen auf die ersterbende Glut, stellte die Petroleumlampe vom Nachttisch auf den Teetisch und ließ mich in den Armlehnsessel sinken. Einen Moment lang hielt ich inne, um Atem zu schöpfen, dann schlug ich

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