Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
Kohlenkeller gesperrt hätte.«
    »Das kann er nicht tun«, erwiderte Wendy,
    »jedenfalls nicht, ehe Catchpole uns ein Frühstück zubereitet hat.«
    Ich lächelte pflichtbewusst, mich zu entspannen gelang mir jedoch nicht. Wendys grobe Kommentare – im Übrigen betrachtete ich mich selbst durchaus als einen kleinen mutigen Toaster – hatten mich von neuem misstrauisch gemacht. Noch immer sah ich sie vor mir, wie sie in ihrer unverblümten Art das Stemmeisen eingesetzt hatte, und das eigenartige Grubenlicht schien mir ebenfalls in den Werkzeugkasten eines Einbrechers zu passen. Es könnte dazu dienen, die Hände frei zu haben, wenn es darum ging, das Familiensilber in den Beutel mit dem Diebesgut – oder den Rucksack – zu stopfen.
    Ihre Geschichte, dass sie nach zusätzlichen Decken gesucht habe, stank ebenfalls zum Himmel.
    Warum brauchte sie zusätzliche Decken, so fragte ich mich, wo sie doch einen hochwertigen Schlafsack hatte? »Haben Sie die Decken eigentlich gefunden, nach denen Sie suchten?« Ich fragte mich, ob sie wieder Gebrauch von dem Stemmeisen gemacht hatte, um die Truhe aufzubrechen.
    »Nein«, sagte Wendy. »Die Truhe war leer.
    Deshalb gab der Deckel einen solchen Lärm von sich, als er auf die Truhe knallte.« Sie schwang die Beine zur Seite und legte sie über die Armlehne des Sessels. »Ich nehme an, ich werde heute Nacht meinen Schlafsack benutzen müssen. Obwohl ich gehofft hatte, etwas Luxuriöseres aufzutreiben, einen alten Quilt zum Beispiel oder eine dicke, weiche Daunendecke.«
    Es war wie verhext: Jedes Mal, wenn ich dachte, Wendy mit meinen Verdachtsmomenten endlich am Wickel zu haben, wartete sie mit einem besseren Argument auf. Laut sagte ich: »Jamie hat das Album gefunden, das Sie sich vorhin kurz angeschaut haben. Faszinierend, finden Sie nicht auch?«
    »Nein, für mich nicht.« Wendy warf einen misstrauischen Blick auf das in Saffianleder gebundene Buch. »Alte Fotografien verursachen mir eine Gänsehaut. Die Menschen darauf wirken so steif und so … als wären sie tot. Dabei fühle ich mich immer, als würde ich ein Leichenschauhaus besichtigen.«
    »Ich muss zugeben, dass ich es noch nie unter diesem Aspekt betrachtet habe«, sagte ich diplomatisch. Wendy hatte ich insgeheim als Banause abgeschrieben, mit der mich nichts, aber auch gar nichts verband.
    Ich war froh, dass Jamie genau in diesem Moment erschien, nicht zuletzt wegen der stockenden Konversation.
    »Hier also sind Sie«, sagte er, als sein Blick auf Wendy fiel. »Ich habe Sie überall gesucht.
    Catchpole …«
    »… liegt wahrscheinlich gerade schnarchend in seinem Bett«, vollendete Wendy seinen angefangenen Satz. Dann erzählte sie nochmals ihre Geschichte mit den zusätzlichen Bettdecken.
    Er schien nicht annähernd so überrascht von ihrer Geschichte zu sein, wie ich es zuvor gewesen war.

    »Ich nahm nicht an, dass es ein Flintenschuss war«, sagte Jamie. »Es hat sich eher wie das Zuschlagen einer Tür angehört. Ich dachte, dass Catchpole Sie vielleicht durch das Haus jagt.«
    »Ich habe Catchpole nicht mehr gesehen, seit er uns auf unsere Zimmer gebracht hat.« Wendy stand auf. »Und dorthin werde ich jetzt wieder verschwinden. Ich weiß zwar nicht, wie es Ihnen beiden ergeht, aber ich bin hundemüde.«
    »Versuchen Sie, auf dem Weg zu Ihrem Zimmer keinen Lärm zu machen, ja?«, sagte Jamie.
    »Ich werde mir Mühe geben. Bis morgen früh dann.« Wendys Grubenlicht flackerte auf, als sie auf den Flur hinaustrat, Jamie und mich in der Bibliothek zurücklassend, um selbst zu entscheiden, ob wir ihrem Beispiel folgen wollten oder nicht.
    Einen Moment wartete ich noch, ehe ich zur Tür ging und einen Blick auf den Flur warf, um mich zu vergewissern, dass Wendy nicht etwa am Schlüsselloch horchte. Zufrieden stellte ich fest, dass ihr Grubenlicht in Richtung der Gästezimmer davonschwebte, und schloss wieder die Tür hinter mir. Ich warf Jamie einen forschenden Blick zu.
    »Vertraust du Wendy?«, fragte ich.
    »Inwiefern?«

    »Ich weiß nicht …« Ich umklammerte meine Hände hinter dem Rücken und lief nachdenklich zwischen der Tür und dem Kamin auf und ab.
    »Ich habe das seltsame Gefühl, dass sie uns nicht die Wahrheit sagt.«
    Jamie folgte mir mit den Augen. »Worüber denn?«
    »Darüber, warum sie hierher gekommen ist«, sagte ich abrupt. »Und warum sie ein Stemmeisen mit sich herumschleppt und ein Grubenlicht am Kopf befestigt, statt eine Taschenlampe zu verwenden, wie jeder normale Mensch es

Weitere Kostenlose Bücher