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Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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ihm suchen.«

    Als ich die Küche betrat, stand Jamie am Herd und rührte in einem schweren Kochtopf, der bis zum Rand mit blubberndem Haferbrei gefüllt war. Er trug denselben dunkelblauen Pullover vom Vortag sowie die verblichenen Jeans, und sein Lächeln war so gewinnend wie eh und je.
    Sein Gesicht jedoch sah abgehärmt aus, und seine Augen wirkten müde.
    »Guten Morgen!«, rief er. »Gut geschlafen?«
    »Sehr«, sagte ich, während ich Jacke, Mütze und Handschuhe auf eine Anrichte legte. »Und wie ist es mit dir, hast du auch gut geschlafen?«
    Er zuckte die Schultern. »Nicht so gut, wie ich gehofft hatte. Die Stille hat mich wach gehalten.«
    »Ich weiß, was du meinst.« Ich nickte verständnisvoll. »Doch auf mich hatte die Stille glücklicherweise die entgegengesetzte Wirkung.«
    Von der braunen Teekanne, die auf dem zerfurchten Eichentisch thronte, stieg Dampf auf.
    Daneben war für eine Person eingedeckt. Jamie bedeutete mir, Platz zu nehmen.
    »Wendy hat Haferflocken, Sultaninen und H-Milch in der Vorratskammer aufgetrieben«, sagte er. »Bist du hungrig?«

    »Ich könnte einen ganzen Hirsch verspeisen«, erwiderte ich.
    Jamie lachte leise. »Magst du ihn roh oder gebraten?«
    »Egal wie.«
    Ich setzte mich an den Tisch und goss mir eine Tasse Tee ein, während Jamie eine ordentliche Portion Porridge in eine Schüssel häufte und dann Sultaninen darüber streute.
    »Hau rein!« Er stellte sie vor mich hin. »Wendy und ich haben unseren Teil schon gehabt.«
    »Wo ist Wendy?«, fragte ich und kam seiner Aufforderung nach.
    »Oben in ihrem Zimmer. Sie ist dabei, ihre Route zu ändern.« Jamie legte einen Deckel auf den Kochtopf und stellte ihn auf einen Untersetzer, ehe er mir gegenüber am Tisch Platz nahm und sich Tee nachgoss. »Der Schneesturm hat ihre Pläne ordentlich auf den Kopf gestellt. Ich nehme an, dass der Boden ihres Zimmers mit Landkarten bedeckt ist.«
    »Oh«, brachte ich zwischen zwei Löffeln Porridge hervor. »Ich habe eine Freundin, die geradezu wanderkartensüchtig ist. Sie könnte den Boden der St. Paul’s Cathedral damit zupflastern.«
    »Ich bin nicht gerade ein Kartentyp«, sagte Jamie. »Mir ist es egal, wenn ich ab und zu vom Weg abkomme. Um ehrlich zu sein, habe ich einige der schönsten Orte entdeckt, indem ich mich verirrte.«
    »Ich auch!«, rief ich aus, nachdem ich rasch den letzten Bissen heruntergeschluckt hatte.
    Froh, einen seelenverwandten Wanderer gefunden zu haben, bedachte ich ihn mit einem warmen Blick. Dann erzählte ich ihm von dem einzigartigen Pub, den ich entdeckt hatte. Das kleine Dorf lag auf einer Bergkuppe und etwa anderthalb Kilometer östlich vom Zielpunkt meiner Wanderung. Daraufhin erzählte er mir von einer wunderschönen, halb zerfallenen Kirche, auf die er weit abgelegen in einem Seitental gestoßen war. Während wir uns gegenseitig mit Geschichten über unsere von der ursprünglichen Route abgekommenen Wanderungen überboten, verspeiste ich zwei bis zum Rand gefüllte Schüsseln Porridge und trank vier Tassen Tee.
    »Ich bin froh, dass Wendy auf ihrem Zimmer ist«, sagte ich. »Meines Erachtens zählt sie zu den Leuten, die beim Anblick einer atemberaubenden Landschaft nur an die Topografie denken. Den Freuden des Verirrens kann sie bestimmt nichts abgewinnen.«
    »Du hast aber nicht vor, dich heute mal wieder zu verirren, nicht wahr?« Jamie warf einen besorgten Blick auf die Sachen, die auf der wei ßen Anrichte lagen. »Ich frage mich, warum du Jacke und Handschuhe mit nach unten gebracht hast.«
    Meine Augen folgten seinem Blick, und plötzlich hatte ich ein schlechtes Gewissen. Da saß ich und gab meine Wandereranekdoten zum Besten, während ich Catchpole ganz vergessen hatte.
    Als ich Jamie fragte, ob er den Verwalter gesehen habe, verneinte er.
    »Wenn das so ist, mache ich mich besser gleich auf den Weg.« Ich schob den Stuhl zurück und stand auf.
    »Wo willst du hin?«, fragte Jamie und stand ebenfalls auf.
    »Nach Catchpole sehen. Ich mache mir Sorgen um ihn. Er ist nicht mehr der Jüngste, weißt du, und letzte Nacht ist er mutterseelenallein in diesen Sturm hinausgegangen, ohne seine Flinte.
    Ihm könnte alles Mögliche zugestoßen sein. Jedenfalls will ich mich davon überzeugen, dass er heil in seinem Cottage angekommen ist.«
    »Bist du sicher, dass es eine gute Idee ist, allein hinauszugehen?«, fragte Jamie zweifelnd.
    »Ich habe keine Angst vor ihm, wenn es das ist, was dich beunruhigt. Er tut mir schon nichts, Jamie. Er

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