Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Tante Dimity und der unheimliche Sturm

Titel: Tante Dimity und der unheimliche Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
Vom Netzwerk:
das blaue Buch wieder auf, ganz sanft, in der Hoffnung, dass Dimity es mir nicht allzu übel nahm, sie in einem derart spannenden Moment allein gelassen zu haben.
    »Dimity?«, fragte ich vorsichtig. »Es tut mir leid, dass ich so lange weg war. Es war wohl falscher Alarm. Das heißt, es war zwar jemand an meiner Tür, aber es war nicht der, von dem ich glaubte, dass er es war, sondern jemand anders.«
    Bestürzt sah ich zu, wie die Linien der blauen Schrift auf der weißen Seite erschienen. Die ausladende fließende Handschrift von Dimity hatte sich in eine unheilvolle spröde und förmliche Druckschrift verwandelt – und das zeigte mir klar und deutlich, dass sie nicht allzu viel vom Übernachten in fremden Betten hielt.

9
    WER, GENAU, IST noch eingeschneit mit uns , Lori? Dimitys schnörkellose Schrift mutete wie die schnippische Stimme einer Oberlehrerin an.
    Eine Bande von Vagabunden? Ein Pfadfindertrupp? Die Blasmusikabteilung der Londoner Philharmoniker?
    »Tut mir leid«, sagte ich nochmals. »Es ist einfach so, dass Jamie und ich uns verplaudert und darüber die Zeit …«
    Jamie heißt er also? Jetzt verstehe ich . Sag nichts , lass mich raten . Groß? Dunkelhaarig?
    Gut aussehend? Oh , und vor allem charmant . Sie sind immer charmant , nicht wahr?
    Ich wusste, dass Dimitys Anfall von Wut nur dem Umstand zu schulden war, dass ich sie so lange hatte warten lassen und sie sich Sorgen gemacht hatte. Das Thema, das sie gerade angesprochen hatte, bezog sich im Übrigen auf die wenigen Begegnungen der »Huch-ich-hätte-beinahe-vergessen-dass-ich-verheiratet-bin«-Art, die ich in letzter Zeit mit Männern gehabt hatte.
    Zwar hatte ich meinen Treueschwur gegenüber Bill nie gebrochen, aber Dimity wusste dummerweise nur allzu gut, wie oft ich in Versuchung geraten war, also nahm ich ihr ihren Tadel nicht übel, noch warf ich ihr vor, dass ihre Andeutungen jeglicher Grundlagen entbehrten.
    »Jamie Macrae hat all diese Eigenschaften«, sagte ich gelassen, »aber nun ist er wieder auf seinem Zimmer, so wie ich auf meinem bin, und niemals wird zusammenkommen, was nicht zusammengehört, wie es so schön heißt, es sei denn auf rein platonischer Ebene beziehungsweise auf der Ebene des Sich-gegenseitig-Decken-Ausborgens. Okay? Im Übrigen ist er hier nicht der einzige weitere Gast. Da ist auch noch eine amerikanische Rucksacktouristin namens Wendy Walker und ein alter verschrobener Verwalter, der sich um das Anwesen kümmert.« Ich hielt kurz inne, ehe ich leise hinzufügte: »Die Philharmoniker sind in London stecken geblieben.«
    Als Dimitys Handschrift wieder erschien, hatte sie die alte, anmutige Form wieder angenommen, und ich wusste, dass zumindest dieser Sturm vorüber war.
    Ich muss mich für meinen unmäßigen Ausbruch entschuldigen , meine Liebe , aber ich war schrecklich in Sorge um dich . Du musst mir unbedingt erzählen , was hier vorgeht . Warum bist du so wutentbrannt aus dem Zimmer gestürmt?

    Wo warst du die ganze Zeit? Und warum bist du so lange weggeblieben?
    Ich sandte ein Stoßgebet gen Himmel, dafür, dass Dimity eine so großzügige Seele war, setzte Reginald in meine linke Armbeuge und sagte:
    »Ich dachte, dass der alte Verwalter hinter mir herspioniert und mich durchs Schlüsselloch beobachtet, also ist mein Temperament mit mir durchgegangen, und ich bin hinter ihm hergerannt – um ihm gehörig den Marsch zu blasen.
    Aber er war es gar nicht. Es war Jamie.«
    Ich verstehe . Der Schriftzug stockte einen Moment lang. Jamie hat dich durchs Schlüsselloch beobachtet?
    »Nein!«, entfuhr es mir, und ich beeilte mich zu erklären, was Jamie auf dem Flur gesucht hatte. »Er hat mich mit dir reden hören und dachte, ich würde mit Bill telefonieren. Und da er mein Tête-à-Tête mit meinem Gatten nicht stören wollte, ging er allein in die Bibliothek. Jamie ist sehr rücksichtsvoll und höflich, Dimity, etwas, das ich von Wendy nicht sagen kann, die andere Rucksacktouristin. Sie geht mir ganz schön auf den Wecker …« Ein Gähnen, das meine Kiefer arg beanspruchte, unterbrach den Gefühlsausbruch, der mich nun zu übermannen drohte.
    Ich muss dir nicht erst sagen , dass ich vor Neugierde platze , was es mit dieser Wendy auf sich hat , aber es hört sich so an , als müsstest du dringend ins Bett , Lori . Du musst nach diesem anstrengenden Tag schrecklich müde sein .
    »Lächerlich, aber wahr.« Mit verschwommenem Blick sah ich auf meine Uhr. »Es ist noch nicht einmal neun Uhr, aber es fühlt sich

Weitere Kostenlose Bücher