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Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Tante Dimity und die unheilvolle Insel

Titel: Tante Dimity und die unheilvolle Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Atherton
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eingefallen.
    »Aber wenn so wenig Leute den Felsen besuchen«, fuhr Damian fort, »warum dann die Mü he, einen Eisenring in den Felsen zu rammen?
    Der Ring hat doch nur einen Zweck: Man soll Boote daran vertäuen können. Wozu sich damit abgeben, wenn niemand anlegt?« Er schürzte die Lippen. »Und auch sein Zustand lässt gewisse Schlüsse zu.«
    Ich erinnerte mich daran, dass Damian kräftig an dem Ring gezogen hatte, bevor er das Boot zusammen mit Mick Ferguson daran festgemacht und mir dann geholfen hatte, auf den nassen und rutschigen Felsen zu klettern.
    »Was für Schlüsse?«, fragte ich.
    »Der Ring ist ständig dem Meerwasser ausgesetzt. Entweder ist er überflutet, oder er wird von der Gischt benetzt. Weil er aus Eisen ist, müsste er eigentlich längst verrostet sein, aber das ist nicht der Fall. Ich kann mir nur eine Erklärung denken: Bolzen und Ring müssen regelmäßig ausgetauscht und in der Zwischenzeit gut geölt werden. Warum die große Mühe für einen Ring, der angeblich nicht benutzt wird?«
    Von uns beiden war eindeutig Damian derjenige mit der schärferen Beobachtungsgabe. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, das Gleichgewicht zu wahren, um irgendwas Besonderes am Eisenring zu bemerken, und wäre nie auf die Idee gekommen, mich zu fragen, wozu er eigentlich da war.
    »Und dann wäre da noch das Grab des alten Laird.« Damian stützte die Ellbogen auf die Armlehnen und dehnte seine Finger. »Wie Sie sich erinnern werden, befindet es sich in einer großen, schüsselförmigen Senke. Die kann aber nicht natürlich entstanden sein. Sie passt nämlich überhaupt nicht zur übrigen Topografie von Chapel. Ich glaube, sie wurde erst geschaffen, als man dem Laird sein Grab aushob.«
    Ich hielt mir die rechteckige Steintafel mit der eingravierten Inschrift vor Augen und begriff, dass Damian recht hatte. Überall sonst war die Oberfläche der winzigen Insel abweisend und zerklüftet. Woher also diese glatte Senkung?
    »Auf Chapel gibt es nur wenig Erde«, fuhr Damian fort. »Um ihrem Laird ein Grab zu schaufeln, hätten die Leute massives Felsgestein abtragen müssen – eine zeitaufwändige, mühselige Arbeit. Warum hätte man unter solchen Umständen dann ein so großes Grab anlegen sollen? Wenn der Laird nicht gerade in einem gewaltigen Sarkophag aufgebahrt wurde – was ich angesichts der Schlichtheit des Gedenksteins für unwahrscheinlich halte –, hätte das Loch viel kleiner sein können. Warum haben sich die Totengräber diese zusätzliche Strapaze aufgehalst?«
    Die Liste an Fragen, auf die ich keine Antwort wusste, wuchs sprunghaft, aber das machte mir nichts aus. Ich freute mich schon auf die aufregende Lösung. Bestimmt würde Damian gleich den Schleier über dem Rätsel lüften und mir alles offenbaren.
    »Der alte Laird ist 1937 gestorben«, sagte er.
    »Wir können also getrost davon ausgehen, dass er kurz nach der Aushebung des Grabs auf Cieran’s Chapel bestattet wurde. Mit anderen Worten, das Grab des alten Laird wurde vor vielen Jahren zugeschüttet und mit der Gedenktafel versiegelt.« Damian blickte mich unverwandt an.
    Seine Augen glitzerten silbrig im Licht des Kaminfeuers. »Andererseits bin ich bereit zu schwö ren, dass das Grab vor sehr viel kürzerer Zeit geöffnet wurde. Genauer gesagt vor zwei Tagen, als Sie, Peter und Cassie diese eigenartigen Lichter auf Cieran’s Chapel gesehen haben.«
    Obwohl ich überhaupt nichts mehr begriff, gab ich mir alle Mühe, klug dreinzuschauen.
    Damian hatte mir garantiert einen bahnbrechenden Hinweis gegeben, nur konnte ich nicht das Geringste damit anfangen, höchstens spekulieren. Und das beste Resultat meines wilden Ratens war so weit hergeholt, dass ich es kaum wagen konnte, es zu äußern. Doch weil er jetzt verstummt war und auf etwas zu warten schien, warf ich meine Bedenken über Bord und wagte mich aus der Deckung.
    »Sie glauben doch nicht, dass jemand dort draußen war und … den alten Laird ausgegraben hat?«
    »O nein! Ich glaube, er ist schon vor Jahren ausgegraben worden.«
    Mir fiel das Kinn herunter. »Ich hab doch bloß gescherzt , Damian!«
    »Ich nicht«, entgegnete er und wandte den Blick wieder auf das Feuer. »Ich vermute, dass die Bewohner der Insel die Überreste des alten Laird schon vor einiger Zeit exhumiert und auf Erinskil bestattet haben. Die Gruft hätte sich dann erweitern und als Lager für Konterbande benutzen lassen können. Mein Verdacht ist, dass die Kuriere häufig kommen und gehen

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