Tanz auf dem Regenbogen
Sumoringer«, sagte ich. »Schau doch mal, wie sie die lilafarbenen Poi Rolls auf dem Kaffeetisch ins Visier nimmt.«
»Baby hat am Strand nach McGovern gesucht. Es ist wirklich traurig, daß wir nicht irgendetwas unternehmen können.«
»Wir werden etwas unternehmen. Ich habe versucht, die Nummern von ein paar Leuten in meinem alten schwarzen Adreßbuch zu finden, aber das verdammte Ding ist ungefähr sieben Zentimeter dick und die Hälfte der Leute darin ist tot.«
»Das ist bei einem alten Mann wie dir ganz natürlich. Eigentlich ist das gar nicht so schlecht. Es bedeutet nur, daß du die Hälfte der Leute, die du kanntest, überlebt hast.«
»Ja, aber es handelt sich um die falsche Hälfte.«
Während wir den schönsten Sonnenuntergang der Welt beobachteten, schickte ich ein kleines Stoßgebet an Jesus, daß sich McGovern nicht der Hälfte der Bewohner meines Telefonbuchs anschließen würde, die eine Rufumleitung in den Himmel hatten. Ich wußte aus früheren Fällen mit Rambam, daß die Suche nach vermißten Personen manchmal gemächlich, manchmal irrwitzig schnell und manchmal frustrierend langsam voranschreiten konnte, gleichsam als ob sie ihren eigenen Kopf hätte. Egal, wie viele Knöpfe man gedrückt oder Grundlagen abgedeckt hatte, das Wichtigste war, einen klaren, aufmerksamen Kopf, eine professionelle Einstellung und sich selbst im Sattel zu bewahren, bis man den Bastard in den Stall geritten hatte. Diese Fälle unterlagen einem natürlichen Rhythmus, der einige Stunden oder einige Jahre dauern konnte, und der Versuch, diesen Rhythmus zu manipulieren oder zu unterbrechen, war immer eine Dummheit. Man mußte nur mit dem Strom schwimmen, und in Hawaii war man davon umgeben.
»Du mußt den Sonnenuntergang beobachten«, sagte ich, »vielleicht siehst du ja den grünen Blitz.«
»Den einzigen grünen Blitz, den ich in letzter Zeit gesehen habe, war McCalls Bündel Beschleuniger.«
»Was ich meine, ist ein natürliches Phänomen, so eine Art Hawaiianische Version des nördlichen Polarlichts. Was genau den grünen Blitz verursacht, wissen nur die Wissenschaftler. Was er bedeutet, wissen nur die Kahunas. Warum Leute wie wir hier sitzen und danach Ausschau halten, weiß nur Gott. Denn wenn man auf ihn wartet, sieht man ihn fast nie.«
»Ich hoffe, wir finden McGovern«, sagte Stephanie.
»Ich auch, mein Schatz.«
»Es scheint hier nur alles so schwierig zu sein. Wir wissen nichts über die Leute, die Polizei, das Land und die Sitten. In New York hättest du ihn mit Hilfe all deiner beknackten Freunde schon längst gefunden. Hier könnte es ewig dauern. Vielleicht hätten wir gar nicht erst kommen sollen.«
»Sexuell?«
»Das war noch nie komisch, Friedman. Und schon gar nicht zum jetzigen Zeitpunkt. Gib’s zu. Vielleicht hast du mehr abgebissen, als du kauen kannst.«
»Wir mußten herkommen«, sagte ich. »Wir alle lieben McGovern. Und jetzt, wo wir hier sind…«
»… und nichts passiert…«
»Sei dir nicht zu sicher, daß nichts passiert. Die friedliche Stimmung auf den Inseln ist trügerisch, sie könnte sich innerhalb eines Atemzugs ändern. Vielleicht dauert es nur etwas länger, bis unsere Bemühungen Früchte tragen, weil uns die Umgebung fremd ist. Ich habe noch nie zuvor eine kriminalistische Untersuchung im Paradies durchgeführt. Hier ist alles fremd und ungewohnt.«
»Hm, du weißt ja, was mein Vater immer sagt.«
»Ich hab’ nicht den blassesten Schimmer.«
»Bestell’ nie eine Margarita in einem Chinarestaurant«, sagte Stephanie.
Da ich ihren Vater nicht kritisieren wollte, nickte ich nur anerkennend und beobachtete weiter, wie die Sonne am wässrigen Horizont verschwand. Es gab keinen Grund die Weisheiten ihres Vaters zu hinterfragen. Es gab keine Zeit bei dieser Untersuchung zu verschwenden. Es gab keinen grünen Blitz.
18
»Mahalo«, sagte der Parkwächter, als Hoover sein Auto in dieser Nacht am Hotel stehen ließ.
Obwohl die Umstände anfingen, entschieden schlecht auszusehen, fühlte es sich gut an, endlich den vorgeblichen Tatort in Augenschein nehmen zu können. Es stimmte natürlich, daß die Zeit, die Gezeiten und die Touristen gekommen und gegangen waren, aber ich hatte immer noch die Hoffnung, jemanden zu finden, der McGoverns Verschwinden beobachtet hatte. Laut Hoover hatte McGovern ein hellblaues, ziemlich auffälliges Hawaiihemd getragen, mit großen grünen und gelben Palmen, die über die gesamte Länge des Hemds verliefen, welche in
Weitere Kostenlose Bücher