Tanz der Aranaea (German Edition)
gewünscht doch mit frischem schwarzen Lack überzogen. An einer Stelle des Rahmens, in der Nähe des Kraftstofftanks, hatte der unbekannte Meister des Lackes, etwas geschludert und mit leichtem Kratzen an der Oberfläche war die Originalfarbe zu erkennen. Es war die Farbe welche von der hiesigen Armee verwendet wurde. Ibrahim und seine Helfer oder wer auch immer, hatten dieses Motorrad mit Sicherheit in der vergangenen Nacht aus einem Depot der Armee geklaut.
»Zöpfchen, schwing deine schwungvollen Hüften mitsamt deinem süßen Popo auf den Sattel, wir müssen türmen.«
»Warum Said? Was ist türmen? Ich kenne dieses Wort nicht.«
»Egal, diese Maschine hat Brandblasen.«
»Ich weiß zwar nicht was du meinst aber sicher spinnst du mal wieder. Ich darf doch wirklich nicht mit dir die gewissen Situationen machen.«
Es war bereits dreizehn Uhr und Zöpfchen und ich verließen Constantine in Richtung Batna, zu den in der Nähe liegenden römischen Ruinen von Timgad. Die Sonne schien angenehm aber dennoch fröstelte es uns, sobald wir mit unserem Motorrad in schattige Zonen fuhren, und das, obwohl wir beide in warme Rollkragenpullover steckten. Sobald wir wieder in den Schein der Dezembersonne gerieten, kam auch sofort wieder Wärme auf. In wenigen Tagen war Weihnachten und wir standen vor Neujahr 1964. Vor uns lagen tausende Kilometer Wüste, Pisten und weiß der Geier was sonst noch alles. Zunächst mussten wir aber unbedingt den Anschluss zu Sabi Loulou und Zouzou finden. Ich hatte meine Reisetasche zwischen mich und dem Kraftstofftank gelegt. Es schützte mich ein wenig vor dem Fahrtwind und Zöpfchen, die sich eng an mich schmiegte, wärmte mir den Rücken. Wir fuhren von Constantine aus in südliche Richtung nach Batna. Nach meiner Landkarte war dies eine Strecke von etwa einhundertzwanzig Kilometer. Wir durchfuhren das Hochplateau von Sebkhas mit seinen zahlreichen Salzsümpfen, welche zwischen Constantine und dem Gebirge des Aures, lagen. Zöpfchen und ich konnten uns nur schreiend unterhalten und nach einer Strecke von neunzig Kilometer, in der Nähe der Ortschaft Ain Yagout, beschlossen wir eine Rast einzulegen. Wir verließen die Hauptstraße und befuhren einen in schlechten Zustand befindlichen Weg. Ich sicherte die Umgebung, dass uns auch niemand folgte, und stellte nach etwa fünfhundert Meter, den Motor ab. Zöpfchen schnatterte und fror zum Erbarmen.
»Mir ist so schrecklich kalt Said. Sind wir bald in Batna?«
»Bis Batna sind es noch dreißig Kilometer und von dort bis nach Timgad sind es auch noch einmal so viele Kilometer. Ich gebe dir meine gefütterte Lederjacke Zöpfchen. Es ärgert mich, dass ich sie dir nicht schon früher gegeben habe.«
»Danke Said-Francesco. Meine Stoffjacke ist zwar nicht dünn aber der Fahrtwind macht mir doch arg zu schaffen. Frierst du nicht Liebster?«
»Nein Zöpfchen. Du hältst mir so schön den Rücken warm, wie kann man da frieren?«
»Du bist lieb Said-Francesco.«
Batna war keine sonderlich schöne Stadt, fast könnte man Batna als armselig betrachten. Eiskalter Sprühregen rieselte auf uns nieder und das benachbarte Aures Gebirge verschwand unter schwarzen Wolken. Wir waren völlig durchnässt und froren erbärmlich. An einer Tankstelle machten wir der Vorsicht halber den Tank unseres Motorrades voll bis zum Rand. Der Tankwart, vermutlich ein Schawiya Berber, dies war hier die Heimat jener mit den Kabylen verwandten Volksgruppe, unterstrich in seiner zerrauften und verwahrlosten Kleidung die Tristesse dieser
ganzen Ansiedlung. Er war nicht der einzige vor Schmutz starrende Ortsansässige sondern nur die Vorhut zu den unzähligen Gestalten, die nicht minder ungepflegt durch die Hauptstraße, die von Eukalyptusbäumen umsäumt waren, scheinbar ziellos wanderten.
Nachdem wir unser Motorrad betankt hatten, fuhren wir sofort weiter in Richtung Timgad, zu der alten römischen Siedlung, die unter der Römerherrschaft einst Thamugadi geheißen hatte. Nichts hielt uns mehr in Batna und wir befuhren noch restlichen dreißig Kilometer die zwischen Batna und Timgad lagen. Die Fahrbahn, von Straße konnte eigentlich nicht die Rede sein, war durch den pausenlosen Niederschlag stark aufgeweicht und schwer zu befahren. Es war für uns eine Slalomfahrt zwischen mit Wasser gefüllten Schlaglöchern und nicht immer gelang es mir diesen Wasserlöchern auszuweichen. Linker und rechter Seite unserer Reifen türmen sich Fontänen auf und warfen sich danach
Weitere Kostenlose Bücher