Tanz der Aranaea (German Edition)
Glockengebimmel am frühen Sonntagmorgen war es auch nicht.
Die beiden schliefen noch tief und fest, und obwohl das Bett sehr groß war, lag ich wie eingekeilt zwischen ihnen. Die furchtlosen Wildkatzen waren gar nicht so furchtlos. Sie suchten die Geborgenheit, wie kleine Katzen. Es war Angst. In Wahrheit hatten sie Angst, die beiden Miezekatzen. Ich hatte auch schon seit geraumer Zeit die Hosen voll, nur ich als Mann, durfte keine Miezekatze sein.
Die eine hatte ihren Kopf auf meinen Bauch gelegt, und die andere geruhte ihr Haupt auf meine Brust zu legen. Meine Muskulatur hatte schon vor einiger Zeit jeden Protest aufgegeben. Ich fühlte mich schier unbeweglich, vom Haaransatz bis unter die Zehennägel. Ich war ihr Schutzengel, und ihre oftmals etwas oberflächliche Art war nur Maskerade. Sie klammerten sich an mich und suchten die Führung. Sie waren zu oft auf sich allein gestellt und bestimmt gab es Zeiten, in denen sie in Bruchteile entscheiden mussten, und dann war niemand da den sie fragen konnten: »Gehen wir links, oder gehen wir rechts, oder lassen wir es ganz.« Oder einfach nur: »Wie sollen wir es machen?«
Vorsichtig versuchte ich mich heraus zu schälen, um in die Küche zu schleichen.
»Wo gehst du hin, Tonton?«
»He, Cello wo bist du? Du, mein Kopfkissen! Komm doch bitte zurück.«
»Tonton, was machst du denn?«
»Schlimm, schlimm«, brabbelte ich vor mich hin. Wenn ich kein Edelmann wäre, würde ich jetzt sagen, lasst mich in Ruhe, ich muss zum Pinkeln. Ich war und bin aber ein Edelmann und deshalb sagte ich nur: »Ich gehe in die Küche einen Eimer Ziegenmilch trinken. Vielleicht hat es auch noch rohe Zwiebeln.«
»Pfui Deibel, Cello. Unterstehe dich, und leg dich nachher wieder zwischen unsere Leiber. In den Ritz mit dir, und außerdem gehe ich mit meiner Lieblingschwester in den Kongo. Ich lasse sie nicht allein. Wir wollen nie mehr alleine etwas unternehmen!« Sabi Loulou sagte es wie ein trotziges Kind.
»Tonton, kommst du mit uns nach Kongo-Katanga?«, bettelte Zouzou mit großen Augen.
»Ja, ich komme mit euch, aber nur unter einer Bedingung!«
»Wüstling!«
»Blaubart!«
»Abgelehnt! Du hattest uns erst gehabt.«
»Trotzdem sind wir nämlich noch Jungfrauen!«
»Ich komme nur mit, wenn ich von euerem CIA Agenten in Constantine, wie heißt die Kanaille?«
»Fitzgerald heißt die Kanaille, lieber Francesco!«
»OK, wenn ich von der Kanaille, 5000 US Dollar extra für die Tour nach Katanga bekomme, dann bin ich dabei!«
»Hast du sie nicht alle im Seier, Cnollo? Wir haben genug Stutz bekommen, oder? Das reicht für uns drei!«
»Tonton, was willst du mit die viele 5000 Stutz Dollar?«
»Wenn wir den Unimog nicht nach Mali, sondern nach Katanga gebracht haben, sofern wir die Fahrt quer durch die Sahara und Zentralafrika überleben, dann kaufe ich mir einen neuen Namen, einen echten falschen argentinischen Pass, eine neue Identität, und lasse mir noch zusätzlich meine Visagerie frisieren, damit ihr mich weder erkennt noch findet. Bleibt noch etwas Stutz übrig, dann kaufe ich mir ein riesiges Himmelbett, für mich alleine. Dafür muss die Kanaille Fitzgerald blechen, das sage ich euch!«
Ein unbeschreibliches Geschrei, begleitet von fliegenden Kissen in den schönsten ballistischen Kurven flogen an meinen Kopf, und zum Teil weit daneben. Ich flüchtete mich aus dem Zimmer und suchte die Küche auf. Es war mein Sieg, und ich genehmigte mir einen kräftigen Schluck Ziegenmilch, den Asissa, in einem seltsam geformten Tonkrug aufbewahrte. Ich lehnte mich ans Fenster und dachte an die Lebensgeschichte der beiden jungen Frauen, die sie letzte Nacht erzählt hatten. So mancher Mensch konnte hundert Jahre alt werden und brachte nicht einmal den Bruchteil an Erlebnisse zusammen, als dass, was die Bergerac Schwestern zu erzählen hatten. Asissa musste wohl von dem Mark und Bein erschütternden Geschrei der Schwestern, wach geworden sein, denn sie kam nun ebenfalls in die Küche und sah mich vorwurfsvoll an.
»Entschuldige bitte Asissa. Ich hätte dich fragen müssen. Sei mir jetzt nicht böse, aber ich konnte mich nicht beherrschen.«
»Beherrschung ist keine Tugend der Europäer, dennoch kannst du tun und lassen was du willst in meinem Haus. Du bist unser Gast.«
»Wenn ich gewusst hätte, Asissa, dass du so empfindlich reagierst, hätte ich es bestimmt nicht getan.«
Das Spiel mit Asissa fing an mir zu gefallen, denn ich wusste ihren vorwurfsvollen Blick zu deuten. Sie
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