Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
Vom Netzwerk:
gesprochen. Und? Wer hat ihn dann umgebracht? War es Ahasver?« Schon einanderer hatte erwähnt, Ahasver sei im Haus von Arndt gewesen, der Schwarze Hund! Blitzschnell ging mir das durch den Kopf. Zu wenig Zeit! Ich musste ihn am Sprechen halten!
    »Was fürchtet Ihr denn, das der Aussätzige mir verraten hätte?«, fragte ich.
    Er holte tief Luft und ging darauf ein: »Hat er Namen genannt? Leute, mit denen er zu tun hatte?«
    »Er hat seltsame Dinge erzählt«, sagte ich vorsichtig. »Aus der Zeit des Bauernaufstands …«
    »Vom Jahr 25«, sagte Pater Nabor, und seine Hände glitten unruhig über die Falten seiner Kutte, als fürchte er, seine Kleidung könne in Unordnung sein. »Bei Gott! Das war ein Jahr, in dem der Teufel stark gewesen ist! Mit allen Dämonen der Unterwelt ist er über die Welt gekommen und hat die Menschen zum Bösen verführt. Verbrecherische Narrheit hat er ausgesät – Narrheit und Tod.«
    »Sagt Ihr mir, was da geschah!«
    »Der Satan! Aufgestachelt hat er die Herde gegen den Hüter! Verkehrte Welt! Die verhetzten Seelen haben sich gegen den Klerus gewandt! Der Mann Gottes war vogelfrei! O ja. Ich hatte niemals geahnt, wie sehr sie uns hassen …«
    Er begann ruhelos auf und ab zu gehen – die wenigen Schritte, die ihm der beengte Ort gestattete.
    »Das Unglück hat es gewollt, dass ich auf Reisen war. Vor Köln musste ich das Schiff verlassen und Zuflucht suchen. Das Gerücht ging, die Rebellen hätten die Herrschaft an sich gerissen in der ganzen Stadt. Konnte das sein, dass der Herr die seinigen derart prüfen wollte? Die Priester und Mönche, so hieß es, würden erschlagen, wo man ihrer habhaft werden konnte, und die Inquisition sei in den Händen ihrer Feinde! Wer die Kutte trug, musste um sein Leben fürchten. Drei Tage und Nächte habe ich in einem Taubenschlag gesessen, bis bekannt wurde, dass alles ganz anders ausgelaufen war und die Schreckensboten maßlos übertrieben hatten. Dennoch war das ein schlimmes Jahr. Die Hölle hat offen gestanden, sage ich dir.«
    Er kehrte mit seinen Gedanken zu unserem Gespräch zurück.
    »Und in dem Jahr ist das Verbrechen geschehen«, sagte ich.
    Ein wilder Blick streifte mich. »Von welchem Verbrechen redest du?«
    »Von sieben Männern, einer großen Beute und viel vergossenem Blut.«
    »So ist es wahr«, murmelte er und hielt mich im Auge. »Das Gerede davon hat auch mich erreicht. Hat er Namen genannt?«
    »Was ihn bedrängte, war die Sünde, sein Anteil an der Schuld.«
    »Es wurden auch Klöster überfallen. Hat er das erzählt? Es hat rücksichtslose Glücksritter gegeben, die haben sich den Aufstand der Bauern zunutze gemacht. Gewalttat! Entweihung! Plünderung!«
    Und Ihr, dachte ich, habt Ihr da nicht auch mitgespielt?
    »Es war die Ernte des Teufels«, sagte er.
    »Es war menschliche Habgier, wenn ich es richtig sehe …«
    »Werd nicht unverschämt! Es gibt unterschiedliche Formen von Habgier. Nach Gold und Juwelen, nach lasterhaften Genüssen – aber auch nach anderem, beispielsweise nach Erkenntnis …«
    »Ist das weniger sündig?«
    Er antwortete nicht. Der eisige Wind war stärker geworden. Der Kranbalken knarrte. Aber war da nicht noch ein anderer Laut? Das Echo eines Geräusches? Es klang wie das Knirschen eines Stiefels auf Stein, ein Stolpern vielleicht. Es schien aus dem Treppenschacht heraufzudringen. Oder hatte ich mich getäuscht?
    Nabor hatte offenbar nichts gehört. Seine Gedanken waren bei dem Aussätzigen und seinem Schicksal. Oder?
    »Er hat mit seiner Sünde nicht mehr leben können«, sagte er. »Wie Judas hat er ein Ende gemacht. Möge der Herr ihm gnädig sein.« Es war etwas Abwartendes in diesem Satz, etwa so, als wäre er eigentlich als Frage gemeint.
    »Es war kein Selbstmord«, sagte ich. »Und das wisst Ihr!«
    Er nickte stumm. Also hatte der Aufseher von Melaten ihm wirklich alles berichtet.
    »Er ist brutal erschlagen worden«, sagte er.
    Er war sichtlich erschüttert. Und ich hatte den Eindruck, dies sei der Augenblick, da er mehr sagen werde, als er vorgehabt hatte.
    »Das ist es, was ich geahnt habe«, murmelte er. »Es geht ein Mörder um. Das war nicht das erste Opfer. Nicht wahr? Mit Arckenberg hat es angefangen. Dann Arndt, der Kaufmann. Und wer als Nächster? Du weißt etwas darüber, gib’s zu!«
    »Arndt hatte keinen Herzschlag, wie es gesagt wurde. Ich war dort und habe die Male an seinem Hals gesehen.«
    »Wer bist du«, flüsterte er, »der du gegangen kommst so wie einer, der die

Weitere Kostenlose Bücher