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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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mich zur Seite und springt den Kerl zu meiner Rechten an wie ein Panther. Ich taumele gegen die Wandlaterne, und was dann folgt, wundert mich noch im Nachhinein: Ich reiße die Laterne herab und schmettere sie dem Burschen zu meiner Linken ins Gesicht. Dem Kleinen. Mit aller Kraft! Splitterndes Glas und brennendes Öl! Er heult auf und stürzt nieder. Auch der Mann zur Rechten ist am Boden. Nur noch der große Kerl mit der Pike steht uns gegenüber und starrt ausdruckslos auf den Angreifer, dann auf mich, dann auf den Schwarzen Hund, der stöhnend in die Knie gebrochen ist.
    »Nimm das, und hau ab«, höre ich meinen Retter knurren. »Du hast es dir verdient!« Der Große weicht zurück, ergreift den Beutel, der ihm hingestreckt wird, und wendet sich ab. Er stolpert über den Kleinen, den die Laterne getroffen hat, rafft sich auf und verschwindet im Dunkel.
    Der Schwarze Hund ist gegen den Türpfosten gesunken. Stumm gleitet er daran hinunter, bis er am Boden liegt. Der Mann mit der Armbrust beugt sich über ihn und prüft den Puls an seinem Hals. Dann richtet er sich auf, tritt die Lunte aus und sagt: »Der macht uns keinen Ärger mehr.«
    »So möchte ich nicht sterben«, flüstere ich, »mit einer Gemeinheit auf den Lippen.«
    Der Mann zuckt die Schultern und grinst auf eine Art, die mich an einen Wolf denken lässt.
    Warum diese Hilfe?, frage ich mich.
    Es dauerte einige Augenblicke, bis mir klar wurde, dass der Kampf, der so plötzlich losgebrochen und so blitzschnell abgelaufen war, nun schon hinter mir lag. Da begannen meine Hände zu beben, und das Grauen der Gewalt überfiel mich.
    Armbrust beugte sich der Reihe nach über die Toten und den stöhnenden Verletzten; er griff unter ihre Jacken mit jener routinierten Zielsicherheit, die ich schon einmal bei ihm beobachtet hatte, um die Geldbeutel hervorzuziehen, die er seelenruhig in seiner Tasche verschwinden ließ. Dann wandte er sich wieder zu mir.
    »Komm!«, sagte er rau. »Wir müssen verschwinden.«
    »W-was ist mit Pietro?«, fragte ich, die Kehle trocken.
    Er wies durch den Türspalt in die Schankstube. »Wenn das dein Freund ist: Der wird versorgt.« Und tatsächlich: Pietro saß auf einem Stuhl, und eine Frau war dabei, ihm den Kopf zu verbinden. Also ging es ihm wohl nicht allzu schlecht. Armer Kerl! Er bekam allerhand einzustecken in diesen Tagen.
    Die Schankknechte und Gäste starrten ängstlich zur Tür, wagten aber nicht, herauszukommen und nachzusehen, was geschehen war.
    Mein Retter wandte sich zum Gehen, ohne zurückzuschauen, ob ich ihm auch folgte. Als ich den ersten Schritt machte, spürte ich, dass der Boden schlüpfrig war. Ein scheußliches Gefühl. Auch meine Jacke war mit Blut bespritzt. Einen Moment lang glaubte ich, es müsse mir übel werden. Dann rüttelte die kalte Nachtluft mich auf.
    Wir reinigten uns oberflächlich an einer Pumpe und tranken ein paar Schlucke vom eisigen Wasser. Dann gingen wir in eine andere Wirtschaft, etliche Straßen entfernt. Der Mann schien sich dort auszukennen, und offenbar kannte man auch ihn. Es herrschte solcher Lärm, dass wir sprechen konnten, ohne zu fürchten, dass uns jemand belauschte.
    Armbrust verschaffte uns zwei Krüge Bier. »Trink etwas«, sagte er.
    Dann begann er: »Du wirst wissen wollen, mit wem du es zu tun hast. Nenne mich Grifone. So sagen die meisten zu mir.«
    Grifone! Was war das nur für ein Name?
    Zum ersten Mal kam ich dazu, ihn mit Ruhe anzusehen. Er wirkte älter, als ich zuvor gedacht hatte. Er war kräftig gebaut und hatte ein breites, offenes Gesicht. Kräftige Zähne. Aber dieses Lächeln – das mahnte zur Vorsicht.
    »Ich heiße Kat«, sagte ich und fügte ungeschickt hinzu: »Ihr habt mir das Leben gerettet …«
    Da war eine Narbe, eine hässliche Narbe. Sie verursachte diesen Eindruck des Unregelmäßigen, ja Abstoßenden, den ich schon bei der Begegnung auf dem Domplatz bemerkt hatte, ohne ihn benennen zu können. Sie war groß und lief über die linke Seite seines Gesichts, vom Haaransatz über Schläfe und Wange bis zum Mundwinkel. Eine furchtbare Wunde musste das gewesen sein!
    Er brummte etwas Unverständliches und schob mich etwas näher zum Licht, damit er mich seinerseits besser sehen konnte. Was er jetzt murmelte, klang wie: »Ich hätte es gleich merken müssen, neulich schon …«
    Um der Peinlichkeit dieser Musterung zu entgehen, sagte ich für den Fall, dass er es überhört haben sollte, noch einmal: »Bestimmt – ich verdanke Euch mein Leben.«
    Da

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