Tanz der Dämonen
war es wieder, dieses Wolfsgrinsen.
»Ich habe es gehört. Jetzt ist es gut.«
»Trotzdem, das meine ich ernst – es ist schließlich schon das dritte Mal …«
Er schwieg eine Zeit lang, ehe er erklärte: »Nun, ja. Aber wenn du es so genau nehmen willst, musst du auch richtig rechnen. Was dein Leben angeht, das verdankst du mir heute zum vierten Mal.«
»Wieso das? Davon weiß ich nichts.«
»Kein Wunder. Beim ersten Mal warst du schließlich nicht dabei.«
Ich muss ihn sehr entgeistert angeschaut haben. Seltsam, dass ich so schwer verstand. Dabei wusste ich ganz genau, was er sagen wollte. Trotzdem zögerte ich.
»Heißt das – Ihr …?«
Er rieb sich das Kinn, als müsse er zu einem Entschluss kommen, der ihm schwer fiel.
»Ja, das heißt es. Du siehst deiner Mutter so ähnlich, dass ich es sofort hätte wissen müssen. Ich war nur nicht darauf vorbereitet. Neulich. Da draußen.«
Nun schwiegen wir beide. Er hatte helle Augen mit vielen Falten drum herum. Er blickte ins Leere, weit weg mit den Gedanken.
»Du hast es doch längst begriffen«, sagte er dann. »Wenn du mich wirklich gesucht hast – na gut, dann hast du mich gefunden.«
»Ihr seid es, der mich gefunden hat.«
»Wie du willst. Was tun wir jetzt?«
Ich kam mir auf einmal sehr töricht vor. Da saß ich meinem Vater gegenüber, war am Ziel meiner Reise, stand an dem Punkt, über den hinaus ich bisher weder gedacht noch geplant hatte, und wusste nicht, was ich sagen sollte.
»Ist das wirklich Euer Name?«, hörte ich mich fragen.
»Grifone? So werde ich genannt. Bedeutet ›Greif‹. Manche fügen ›Hauptmann‹ dazu. Es gibt auch noch einen anderen Namen … Kennst du den wirklich nicht? Dann sage ich ihn dir, wenn es dazu kommt, beim nächsten Mal …«
Er trank seinen Krug leer und schaute mich an, als sei das Thema erledigt.
In mir erwachte plötzlich Zorn. Und tief in mir flüsterte eine Stimme: Woher weißt du, dass er kein Lügner ist?
»Ist das etwa alles, was Ihr mir erzählen wollt?«, fragte ich.
»Für den Augenblick muss es dir genügen.«
»Ihr macht es Euch leicht! Woher weiß ich überhaupt, ob Ihr die Wahrheit sagt?«
»Du wirst mir einfach glauben müssen, fürs Erste …«
»Dass es stimmt: Ihr seid mein Vater?!«
»Im allgemeinen weiß das niemand so genau …«
»Macht Euch nicht lustig über mich! Das ist ganz was anderes! Hier geht es nicht um irgendeinen Zweifel, sondern um eine Behauptung ohne Beweis.«
»Ich bin es aber!« Er grinste.
»Kann das nicht jeder sagen?«
»Glaubst du, jemand würde sich drum reißen, als Vater einer so respektlosen Göre zu gelten, wie du es bist?«
»Spotten gilt nicht! Es könnte Gründe geben, von denen ich nichts weiß. Und wenn es nur wäre, dass meinem wirklichen Vater ein Streich gespielt werden soll …«
Er lachte auf eine überlegene Art, die mich wütend machte. »Was willst du? Soll ich dir eine paar heilige Eide schwören? Oder soll ich den Brief zitieren, den Brief von mir, den deine Mutter dir gegeben hat? Oder soll ich dir sagen, dass du da oben an der Schulter ein Muttermal hast?«
Das Verrückte an der Sache war, dass ich in Wirklichkeit gar keinen Zweifel hegte. Es war vor allem Trotz, der mich anstachelte.
»Ich will nur sagen, dass Ihr mich nicht so behandeln könnt. Ich habe ein Recht darauf, mehr zu erfahren!«
»Das habe ich mir gedacht. Gleich fangen die Fragen an, und sie werden kein Ende nehmen! Nimm einfach zur Kenntnis, dass ich dir vorerst nicht mehr sagen kann. Wir werden genug Zeit haben, denke ich, um uns in Ruhe kennen zu lernen.«
»Das heißt, Ihr wollt, dass ich bei Euch bleibe?«
»Zum Teufel mit diesem Dickkopf, den hat deine Mutter auch gehabt!«
»Das ist keine Antwort.«
»Nein. Die Antwort ist: Nein! Jetzt gleich geht es nicht. In ein paar Tagen sieht das anders aus. Ich habe Dinge zu tun, die zu wichtig sind, als dass …«
»… Ihr Euch mit einer lästigen Frauensperson herumärgern wollt!«
»So ungefähr. Obwohl du verdammt nicht aussiehst wie eine Frauensperson.«
»Aber lästig stimmt schon, nicht wahr?«
»Aufsässig wäre ein besseres Wort. Hör zu!«
Mit dieser Aufforderung, wer wüsste das nicht, werden immer Themen eingeleitet, die ärgerlich sind. Ich schwieg erbittert.
»Hör zu: In ein paar Tagen bin ich zurück. Dann weiß ich mehr als heute. Wahrscheinlich kannst du dann mit mir kommen. Vielleicht kann ich dir dann sagen, was du wissen willst. Bis dahin musst du warten.«
»Wahrscheinlich.
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