Tanz der Dämonen
Gesicht einen gewissen Ausdruck des Erstaunens. Aber den Zug von Einfalt, den der eine oder andere Übelmeinende darin sehen wollte, konnte ich nicht erblicken.
»Wenn es sich denn so verhält, dass wir uns gut miteinander verstehen«, sagte der Kaiser mit der Miene eines Menschen, dem gerade ein guter Einfall gekommen ist, »dann sehe ich keinen Grund, meine Herren, warum dieses Fräulein und ich nicht ohne Eure Hilfe zurechtkommen sollten; deshalb will ich Euch, denen ich viele Aufträge erteilt habe, zu diesen Aufgaben entlassen.«
Der Sekretär hatte verstanden. Er zog sich mit ehrerbietigen Verbeugungen zurück und winkte den Schreiber mit sich. Allerdings tat er das, wie ich zu bemerken glaubte, nicht ohne ein gewisses Zögern; es schien, als lasse er mich keineswegs leichten Herzens mit seinem Souverän allein. Ob man es für möglich hielt, dass ich gefährlich war? Dass ich vielleicht einen Dolch am Busen trug?
Der Kaiser tat, als bemerke er nichts vom Zögern seines Höflings, und wartete gelassen, bis die Türen sich geschlossen hatten. Dann erst wandte er sich wieder zu mir, und seine Stimme war jetzt so gemäßigt, dass beinahe der Eindruck entstand, er flüstere, als wolle er der Neugier von Lauschern entgehen. Jedenfalls war zu vermuten, dass niemand außerhalb des Zimmers seine Worte verstehen könne.
»Meine Beauftragten …«, sagte er und machte eine kurze Pauseals überlege er, ob das Wort Beauftragte in diesem Zusammenhang richtig am Platze sei, »… haben mir Dinge berichtet, die dazu angetan sind, Wachsamkeit zu wecken.«
»Was für Dinge, Sire?«, fragte ich, obwohl mir gänzlich unklar war, ob es von mir erwartet wurde, ja ob es überhaupt gestattet war, die Gedanken Seiner Heiligen Majestät mit Einwürfen zu unterbrechen. Es schien jedoch, dass er keinen Anstoß daran nahm und mich sogar ermuntern wollte, denn er nickte nachdenklich und fuhr fort: »Man spricht von geheimen Machenschaften, die auf eine Verschwörung schließen lassen. Und man hat mir berichtet, dass du etwas darüber wissen könntest.«
Kalte Schauder durchliefen mich. Wer konnte auf die Idee verfallen sein, mich mit solchen Ränken in Verbindung zu bringen – und es für sinnvoll zu halten, das dem Kaiser persönlich zuzutragen?
»Sire!«, fuhr ich auf und erschrak zugleich von neuem über meine Kühnheit.
Seltsamerweise lächelte er. »Bedenke dich gut, und bleibe ruhig. Ich habe nicht gesagt, dass ich etwas davon glaube, und schon gar nicht, dass ich dich in irgendeinem Sinn für schuldig halte. Ich würde nicht mit dir hier sitzen, wenn es anders wäre.«
»Sire, ich weiß nichts von einer Verschwörung gegen Eure Majestät! Das schwöre ich bei Gott! Und ganz gewiss habe ich nicht Anteil an so etwas!«
»Du wirst aber wissen, dass es Kräfte gibt, die gegen mich wirken und die mir übel wollen.«
»Das fürchte ich, Sire … Darüber habe ich dies und das gehört in der letzten Zeit. Ich bin weit herumgekommen. Die Menschen reden viel. Es sind unruhige Zeiten. Böse Zeiten. Jeder macht sich seine Gedanken. Und manche reden davon. Propheten ziehen umher und sprechen von der Zukunft. Alle haben Angst und fragen sich, was werden wird …« Außer Atem hielt ich inne und fragte mich, ob ich nicht im Begriffe sei, viel zu viel zu reden.
»Und was genau sagt man?«, fragte er.
Ich musste schlucken, ehe ich antworten konnte. »Von einem Kometen ist die Rede …«
Er wiegte den Kopf. Das war es nicht, was er hören wollte. Natürlich nicht … Ich wurde kühner.
»Man sagt zum Beispiel in den Schänken, dass Eure Majestät Soldaten sammelt, weil es gegen den Türken geht, dass aber in Wahrheit alles anders ist … und gar nicht der Türke der Feind ist, den Ihr im Sinn hättet …«
»Sondern?«
»Sondern … äh … die Fürsten im eigenen Reich …«
»Du redest sehr offen. Das gefällt mir. Und wahr ist, dass ich es nicht nur mit einem Feind zu tun habe. Was du meinst, geht gewiss auf die protestantischen Fürsten. Dieser Riss im Glauben bedroht die ganze Welt. Jeder weiß, dass sie gerade in diesen Tagen eifrig konferieren, um sich gegen mich zusammenzuschließen.«
Es war das Bündnis von Schmalkalden, von dem er sprach. Wenig später erfuhr ich von dieser Entwicklung, die gerade in jenen Tagen stattfand. Und in der Tat ist das zum Anfang tiefer Entzweiung geworden, Streit und Krieg lagen in der Luft – Hauen und Stechen, wie man überall sagen hörte.
Er fuhr fort: »O ja. Die Unruhe beginnt in den
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