Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
Vom Netzwerk:
noch irgendetwas geglaubt hätte?
    »Ich weiß von diesen Morden und habe zwei aus nächster Nähemiterlebt. Aber wenn es ein klares Ziel gibt, kenne ich es nicht. Ich bin jedoch ganz und gar sicher, dass es um verbrecherische Taten gewöhnlicher Art geht, Geldgier oder Rache, nicht um Politik und nicht um Religion.«
    »Verbrechen der ganz gewöhnlichen Art«, sagte er, und ich hatte das Gefühl, dass er in meinen Worten einen etwas anderen Sinn erblickte als ich. Dennoch hatte ich nicht das Empfinden, dass er mir misstraue, auch nicht, als er sagte: »Und wie, so frage ich mich, kommst du überhaupt in diese Gesellschaft?«
    Diese Frage hatte ich erwartet. »Ich bin nach Köln gekommen, Sire, weil ich meinen Vater gesucht habe …«
    »Ich weiß.«
    »Auch davon wisst Ihr?!«
    »Mach dir keine Gedanken darüber. Zu passender Zeit wirst du erfahren, was du wissen musst.«
    Ach ja! Der Teufel mochte es holen! In solch nichts sagenden Floskeln waren sie sich alle einig! Ob Bettler, Landsknecht oder nun sogar der Kaiser: Tut, was Euch beliebt, Ihr Herren, aber dass nur ja keiner dieser Kat auch nur ein einziges Wort zu viel verrät! Und noch während ich mich über dieses Einverständnis der Geheimniskrämer ärgerte, sagte er unvermittelt: »Dieser Junge bist du, nicht wahr?«
    »J-ja, Sire, anders hätte ich niemals ans Ziel kommen können …« Bin ich denn etwa am Ziel?, dachte ich.
    Da sprach er wieder und sagte etwas, das mich gänzlich unvorbereitet traf: »Es ist übrigens so, dass ich deine Mutter gekannt habe.«
    Ist es das?, fragte ich mich. Ist das nun der Grund, weshalb er mich gerufen hat, der wahre Grund, über den ich mir in meinem tiefsten Inneren schon die ganze Zeit Gedanken mache? Denn eines war mir insgeheim schon lange klar geworden: Nicht irgendwelche fadenscheinigen Agentenberichte und auch nicht jene windschiefen Verschwörungstheorien waren es, die sein allerhöchstes Interesse an mir verursachten. Nun hatte er es ausgesprochen! Und was um alles in der Welt hieß das für mich? Einen Augenblick lang wühlteseine Eröffnung alle Wahnideen, Zweifel und Unsicherheiten der letzten Wochen in mir wieder auf. Hatte Grifone die Unwahrheit gesagt, um mir die wirklichen Tatsachen zu verbergen? War er in Wahrheit nur ein Strohmann, hinter dem sich mein wirklicher Vater verbarg? Deutlich gesagt: War ich am Ende ein illegitimer Spross dieses Mannes, der über die Alte und die Neue Welt gebot? Und musste daraus ein Geheimnis gemacht werden, weil Seine Heilige Majestät nicht wollte, dass alle Welt erfuhr, er habe eine so wenig standesgemäße Tochter in die Welt gesetzt wie diese vermaledeite Kat?
    Ist der Kaiser jetzt womöglich drauf und dran, mir genau das einzugestehen?
    Herrgott, was für ein blühender Unsinn! Oder etwa nicht?
    Der Kaiser blickte mich nachdenklich an.
    »Was magst du jetzt denken?«, fragte er, ohne dass dabei klar gewesen wäre, ob diese Frage eigentlich an mich oder vielleicht eher an ihn selbst gerichtet war. Ich vermochte nicht, etwas zu sagen. Aber mein Gesicht hat vermutlich mit Deutlichkeit gesprochen. Ich sah es an seiner Reaktion. Er hob abwehrend die Hände.
    »Nein!«, sagte er, indem er auf etwas antwortete, das ich gar nicht ausgesprochen hatte. » Das ist es nicht.« Er lächelte nachsichtig. »Oh! Es hätte sein können! Versteh mich nicht falsch! Sie hat mir wirklich etwas bedeutet. Aber es gab zu viele Schranken zwischen uns, zu viele Fesseln – wie ein großer Teil des Lebens aus Fesseln besteht, auch für die Herrschenden der Erde. Gerade für sie! Nur dass diese Fesseln gelegentlich von Gold sind. Und dann musst du wissen, dass wir zu jener Zeit noch wahre Kinder gewesen sind, sie und ich. Kurzum: Du bist nicht meine Tochter! Darüber brauchst du nicht weiter zu grübeln.«
    Wie kommt es nur, dass die verschiedensten Menschen immer wieder genau zu wissen glaubten, was ich dachte? Sogar Seine Majestät persönlich. War ich denn wie ein offenes Buch? Kam ich denn wirklich allen so töricht vor?
    Und was war mit ihm? Belog er mich nicht möglicherweise gerade jetzt?
    »Dein Vater«, sagte er, »ist der, den du gesucht und gefunden hast. Du siehst, dass ich über recht genaue Auskünfte verfüge. Ich weiß über ihn Bescheid. Aber von ihm möchte ich jetzt nicht weiter sprechen. Das mag er selber tun.«
    Heilige Majestät, dachte ich, ob Ihr wirklich so gut über ihn Bescheid wisst, wie Ihr glaubt?
    Der Kaiser hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und schien in

Weitere Kostenlose Bücher