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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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genannt hatte, war mir dadurch, dass er inzwischen auch für mich einen Namen hatte, keineswegs angenehmer. Er, der Graf und Grifone kannten sich, das wusste ich ja schon lange. Genau gesagt seit dem von mirbelauschten Treffen, das mit einer grässlichen Verfolgungsjagd in den Gassen von Köln geendet hatte. Nun erkannte ich, dass jeder von ihnen auf seine Art dem Kaiser diente. Ferrand, der Ohrring, neigte sich in den Lichtkreis der Kerzen, ein boshaftes Grinsen auf dem Gesicht, das freilich rasch einer undurchdringlichen Miene wich.
    »Was immer Ihr miteinander auszumachen habt – vergesst nicht, dass ich in das Spiel mit eingestiegen bin!« Damit wandte er sich achtlos von den beiden Gegnern ab und streifte mich mit einem gleichgültigen Blick. Vermutlich erkannte er mich nicht. Er ließ ein verächtliches Schnauben hören und verließ den Raum. Dabei zog er deutlich wahrnehmbar bei jedem Schritt das linke Bein nach. Der Stich mit dem Fischmesser, mit dem ich ihn mir damals vom Hals geschafft hatte, machte ihm wohl noch zu schaffen. Wenigstens das!
    Bei diesem Stand der Dinge lag für mich klar zu Tage, dass die drei Galgenvögel zusammengehörten, wobei ich nicht mehr zögerte, Grifone einzubeziehen. Dennoch war ihre Wechselbeziehung nicht weniger undurchsichtig als zuvor. Jetzt aber war der Verdacht ausgesprochen, Grifone sei der meisten jener Morde schuldig, die der Graf aufgezählt hatte. Und die Schüsse mit der Armbrust auf ihn – und auf mich gingen auch auf sein Kerbholz.
    Was sollte ich glauben? War es nicht Ahasver gewesen, sondern Grifone, der den Rentmeister Arckenberg erstochen hatte? Herrn Arndt erwürgt? Und dem Aussätzigen den Schädel eingeschlagen? So viel Blut an seinen Händen? Und war sein Interesse an mir nur Täuschung? Meine Angst sagte: ja! Mein Gefühl sagte: nein! Was für eine böse und schmutzige Farce aus Gier, Grausamkeit und Verstellung!
    Grifone war abwartend etwas zurückgewichen. Der Graf, der sich für den Augenblick davon befreit fühlte, sein Leben mit dem Degen behaupten zu müssen, atmete schwer und hatte Schweiß auf der Stirn. Sein Gegner war nicht so sehr aus der Ruhe gebracht, obwohl er der Ältere von beiden zu sein schien. Er machte dieselbe Beobachtung, denn er sagte: »Mein Herr, Ihr habt Fett angesetzt.Bist verweichlicht, mein Freund! Das Hofleben bekommt dir zu gut! Bist eine Schranze geworden zum Lohn dafür, dass du unsere Truppe verraten hast. Kannst du eigentlich ruhig schlafen, wenn du an damals denkst? Trink einen Schluck!«
    »Du redest, wie du es verstehst«, murmelte Graf Eglof und griff nach einem Glas Wein, das Grifone ihm hinhielt. Mit langsamer Geste führte er es an die Lippen und verharrte so einen Atemzug lang, als müsse er sich mühsam zur Ruhe zwingen. In diesem Augenblick sah ich etwas, das mich viel mehr erschreckte als die ganze Szene, die vorausgegangen war. Das Gesicht des Mannes veränderte sich unvermutet: Seine Augen weiteten sich und wurden stumpf, die Haut von Stirn und Wangen lief kreidig an, und der Mund war auf eine unnatürliche und schreckliche Weise aufgerissen, die Kieferlade geradezu ausgerenkt, als habe er krampfhaft nach Luft gerungen und sei in diesem verzweifelten Aufbäumen erstarrt.
    Ohne eines Gedankens fähig zu sein, tat ich einen Schritt auf ihn zu und hörte mich selbst Worte ausstoßen, die nicht aus dem Verstand kamen, sondern nur aus dem Gefühl: »Trinkt nicht«, keuchte ich. »Trinkt nicht davon!«
    Schon war das Zerrbild wieder verschwunden, und ich sah die Züge des Mannes, wie sie wirklich waren, erschöpft und gespannt, aber auf keine Weise entstellt.
    »Was soll das?«, flüsterte er. »Was redet Ihr da? Was wollt Ihr von mir?«
    Dabei zuckte es um seine Mundwinkel, und ein Augenlid schien nervös zu flattern. Oder war das nur eine Täuschung, hervorgerufen durch das Flackern der Kerzen?
    »Ich – ich weiß nicht«, war alles, was ich stottern konnte.
    Der Graf hielt das Glas erhoben, trank aber nicht. Sein Blick wanderte zu Grifone. Der hatte die Szene mit Spannung verfolgt und blickte nun auf mich, wurde sich bewusst, dass ich ihn meinerseits anstarrte, und wich aus. Der Bann war gebrochen.
    Der Graf zögerte und schüttelte den Kopf. Er nahm das Glas andie Lippen, trank aber wiederum nicht, sondern verharrte in dieser Pose, so als schnuppere er an der glitzernden, völlig ungetrübten Flüssigkeit.
    Dann ließ er die Hand sinken, stellte das Gefäß achtlos ab und ging davon, ohne einen von uns noch

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