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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Mann von höflich reservierter Eleganz, der dem Kaiser ehrerbietig, doch ohne Unterwürfigkeit begegnete. Während der Herrscher mit dem Gast eine Unterhaltung begann, führte er ihn ein paar Schritte zur Seite. Ganz beiläufig bewegte der Kaiser sich zu den Musikanten hinüber, so dass niemand imstande war, ihre Worte zu belauschen; dann kehrten sie wieder zurück – offenbar in bestem Einvernehmen. Aber bei Politikern weiß man das nie ganz genau. Der Kaiser gab sich freundschaftlich. Ich hörte ihn – auf Italienisch – sagen: »Oh, wisst Ihr, das gebe ich zu: Es liegt in meiner Natur, halsstarrig auf meiner Meinung zu beharren.«
    Der Venezianer deutete eine Verneigung an und sagte: »Sire, auf guten Meinungen zu beharren ist Festigkeit, nicht Halsstarrigkeit!«
    Mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln kam die Erwiderung: »Ach. Manchmal beharre ich wohl auch auf schlechten.«
    Von dem, was an diesem Abend gesprochen wurde, ist mir nicht viel in Erinnerung geblieben. Zu fremd und verwirrend war alles für mich und rauschte an mir vorbei wie ein glitzernder Traum. Doch auf gewisse Weise genoss ich es. Die respektvollen Artigkeiten meines jungen Kavaliers taten mir wohl, wenn sie mich auch insgeheim ein wenig belustigten. Jedenfalls bemühte ich mich, völlig ernsthaft zu sein. Eigentlich war es nur die Gegenwart des Majordomus, die eine ständige Pein bedeutete, aber als hätte er es gespürt, schirmte der Baron mich nach Kräften vor ihm ab.
    »Die Dame hat den Wunsch, dass ich sie zur Tafel geleite«, sagte er mit einer Festigkeit, die ich dem Milchbart gar nicht zugetraut hätte. Damit trat er zwischen uns und bot mir den Arm. Der Majordomus blickte uns verstimmt nach. Was mochte ihn veranlassen, sich derart auffällig in meine Nähe zu drängen?
    Man nahm an einem langen Tisch Platz, und es wurde ausgiebig gegessen und getrunken. Fasan und anderes Wildbret, dazu deftige Saucen nach flämischer Art. Auch der Kaiser griff kräftig zu und ließ sich gut einschenken. Der Braten schmolz geradezu auf der Zunge, und vom Duft der Pasteten war ich wie berauscht. Oder war es eher der Wein, der mir mit jedem Schluck besser mundete?
    Als das Essen vorüber war, lockerte sich die strenge Etikette des Beisammenseins allmählich. Mein Kopf wurde leicht, obwohl ich dem Wein durchaus nicht übermäßig zugesprochen hatte.
    Der Gesandte des Königs von Frankreich, der sich zwischendurch für einige Zeit mit dem Kaiser zurückgezogen hatte, nahm ein weiteres Mal Gelegenheit, ein paar Sätze mit seinem Gastgeber zu wechseln. Ich stand nicht nahe genug, um zu verstehen, was gesprochen wurde, aber ich sah einen Schatten auf dem Gesicht des Monarchen und hörte einen Teil des letzten Satzes, den er sagte: »… seid gewiss, dass ich das Wohl meines königlichen Nachbarn beständig in meinem Sinn trage …«
    Oder etwas ganz Ähnliches. Dabei war König Franz der geschworene Feind des Kaisers, und dieser erwiderte den Hass entsprechend. Um das zu wissen, benötigte ich keiner Erläuterung des Majordomus, der nun wieder bei mir erschien und den Baron recht unsanft wegschickte. Ich holte tief Luft, um ihn für diese Unhöflichkeit zu tadeln, und wandte mich zur Seite, weil ich mein Glas absetzen wollte – allenfalls das zweite oder dritte. Da fand ich mich plötzlich Auge in Auge mit dem Mann, den ich gerade – so gut ich konnte! – aus meinen Gedanken verbannt hatte.
    »Grifone!«, entfuhr es mir.
    »Jawohl«, gab er leise zurück. »Kein anderer! Und ich frage dich: Was um alles in der Welt hast du hier zu tun?«
    »Du … Du hast mich also erkannt«, setzte ich ihm etwas dümmlich entgegen.
    »Wenn ich nicht durch La Lupa Bescheid gewusst hätte, wäre das tatsächlich ein Wunder!«, sagte er und schaute missbilligend auf meinen entblößten Busen.
    Irgendwie freute ich mich, dass er sich ärgerte!
    »Denkt Euch: Ich wurde eingeladen.«
    »Spreiz dich gefälligst nicht wie ein Perlhuhn. Du bist hier nicht sicher!«
    »Ist das etwas Neues?« Und noch eine Äußerung drängte sich auf meine Zunge: Vor wem muss ich wohl am meisten Angst haben? Aber die schluckte ich herunter.
    »Und du bringst auch mich in Gefahr«, fuhr er fort. »Was in Teufels Namen will er von dir?«
    »Der Kaiser?«
    »Stell dich nicht dämlich!«
    Ich glaube, in diesem Augenblick hätte er mir am liebsten eine Ohrfeige verpasst, und ich weiß nicht, welchen Verlauf das Gespräch weiter genommen hätte, wenn wir nicht unterbrochen worden wären.
    Der Kaiser

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