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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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herausfinden, um einschätzen zu können, was von ihm zu erwarten sei.
    »Erkennt Ihr mich?«, fragte ich einfach.
    Es kam mir vor, als sei ein bohrender Argwohn in seinem Blick zu spüren, ohne dass er sich wirklich zu einer Entscheidung durchringen konnte. Dieses Gefühl kannte ich selber nur zu gut! Eine Erinnerung will sich nur halb einstellen und lässt einen quälend im Ungewissen, während man das deutliche Gefühl hat, gerade diese Erinnerung sei von größter Wichtigkeit. War es ihm klar, dass ich der lästige Junge gewesen war, über den er sich damals geärgert hatte, an jenem bedrohlichen und düsteren Abend im Haus mit dem Löwen?
    »Woher sollte ich dich – soll ich Euch kennen?«, murmelte er.
    War er wirklich verwirrt, oder täuschte er mich? Überhaupt schien er nicht mehr derselbe zu sein, der mir bei der ersten Begegnung durch seine herrische Stimme aufgefallen war. Sein Gesicht wirkte eingefallen, wenn ich es recht betrachtete, und seine Gesten waren fahrig.
    Er hat Angst, dachte ich. Er kommt mir beinahe vor wie sein Freund Arndt! Aber damit wollte ich noch nicht lockerlassen. Ich wollte zumindest eine Vorstellung davon haben, wie viel er denn über das Fräulein van der Weyden wusste.
    »Der Kaiser war gut über mich im Bilde«, sagte ich. »Hat er diese Kenntnis von Euch gehabt?«
    Er räusperte sich unruhig und runzelte die Stirn. »Seine Majestät hat Erkundigungen gewünscht«, sagte er. »Und ich habe Erkundigungen angestellt. Das ist alles.«
    »Dann dürftet Ihr eigentlich nicht so erstaunt sein.«
    »Es ist nur …« Er fasste sich schnell, und ich erkannte seinen Ärger über die Blöße, die er sich gegeben hatte. Nun wollte er sich nicht zur Rede stellen lassen. Ein Diener ersparte dem Grafen eine Antwort. Er brachte einen Zettel für den Majordomus. Es warennur wenige Zeilen, glaube ich. Der Graf atmete tief und sagte: »Seine Majestät hat Weisung erteilt. Ihr sollt zur Stadt Aachen geleitet werden. Es steht Euch selbstverständlich eine Kutsche zur Verfügung. Da müsstet Ihr allerdings eine Zeit des Wartens in Kauf nehmen. Andererseits … Für den Fall, dass Ihr es wünschen solltet – würde auch ein Pferd zur Verfügung stehen …«
    Ich überlegte kurz und dachte an die bedrängende Unbequemlichkeit der Kutschenfahrt. Außerdem wollte ich nicht warten. Daher sagte ich so kühl wie möglich: »Keinesfalls wieder eine Kutsche!«
    Er nickte und schien sehr zufrieden; ich war jedoch mit anderem beschäftigt.
    Ich würde unter dem Schutz des Kaisers verbleiben und nicht nach Köln zurückkehren. Was mochte das für meine Zukunft bedeuten? Für die Gegenwart hieß es jedenfalls: Adieu La Lupa, adieu Mutter Gluck! Wahrscheinlich würde ich Pietro und Sambo und auch Rosanna nie wiedersehen. Bestimmt nicht Bär, Zunge und Knaller. Vielleicht nicht einmal Grifone! Jeder dieser Namen versetzte mir einen Stich – obwohl gerade der Name meines Vaters für mich zu einem Inbegriff des Schreckens geworden war.
    Grifone!
    Würde ich nun jemals erfahren, wie sein richtiger Name lautete?
    Konnte es auf diese Art enden, ohne dass es zwischen uns eine ernste Klärung gab? War er denn wirklich der Mörder, als der er mir erschien?
    Während diese Gedanken mir durch den Kopf gingen, harrte ich meiner Begleitung für den Aufbruch. Der Raum der Wachen wurde durch Öllampen notdürftig erleuchtet. Obwohl es bereits tiefe Nacht sein musste, herrschte Unruhe im ganzen Haus. Diener eilten treppauf und treppab. Man schleppte große Truhen vorbei. Der Majordomus, der jetzt vorgab, alles Interesse an mir verloren zu haben, stürzte sich vollkommen in diesen Trubel und warf mit Anordnungen, Zurechtweisungen, Ermahnungen um sich, teilte hier und da auch Kopfnüsse aus, offenkundig vergeblich bemüht, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein. Die Abreise des Kaisersstand bevor; die Vorbereitungen hätten wohl längst abgeschlossen sein sollen.
    »Wo ist mein Vater?«, fragte ich, als der Graf wieder in meine Nähe kam.
    Er blickte mich an, als sei ich gerade vom Himmel gefallen. Das täuschte mich keineswegs.
    »Er ist fort«, sagte er. Das klang wie ein erleichterter Stoßseufzer. »Er lässt Euch ausrichten, der Treffpunkt sei Euch ja bekannt.«
    Ich nickte, obwohl ich keineswegs wusste, was gemeint war. Außerdem war das jetzt auch gleichgültig. Dem Grafen würde ich gewiss nicht auf die Nase binden, was ich empfand. War Grifone wirklich fort? Hatte nicht der Kaiser gesagt, er warte auf ihn?
    »Ihr könnt

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