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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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jetzt aufbrechen«, sagte der Graf. »Eure Eskorte steht bereit. Ich habe einen vertrauenswürdigen Mann zu ihrem Kommando.«
    Etwas an seinem beflissenen Gehabe wollte mir nicht gefallen; war es die Art, wie er – ganz überflüssig – das Wort vertrauenswürdig in seinen Satz eingebracht hatte? Und war dabei nicht etwas in seinen Augen aufgeblitzt? Aber zu diesem Zeitpunkt begriff ich noch nicht genug.
    Als ich aus dem Portal trat, warteten dort drei Kavalleristen. Wie lange schon? Sie hielten auch für mich ein Pferd am Zügel, ein Pferd, das für einen Mann gesattelt war. Hatte der Graf vorausgesehen, dass ich nicht mit Rock und Schleppe herauskommen – und dass ich die Kutsche verschmähen würde? Was für ein Spiel trieb dieser Mann?
    Einer der Soldaten hielt mir den Steigbügel, und ich stieg auf; kein Blick mehr für den Grafen, wohl aber einer zum Fenster im ersten Stock. Ob nicht der Kaiser herausblickte? Nein. Das Fenster war verhängt und nur schwach erleuchtet. Sei’s drum!
    Das Reiten war mir nicht ungewohnt. Schließlich war ich ein Kind vom Lande! So gab ich dem Gaul die Fersen. Ich wollte fort! Schon war ich unter dem Tor hindurch, als einer der Männer mich mit rauer Stimme aufforderte, noch zu warten.
    »Warten? Wozu?«
    »Der Korporal ist noch nicht da!«
    »Ein Korporal?«, fragte ich.
    »Da ist er schon«, sagte der Soldat.
    Ferrand mit dem Ohrring, ich hätte es mir denken müssen!
    Meine Kehle wurde trocken. Er trabte auf einem mächtigen Schlachtross an die Spitze der kleinen Abteilung und befahl: »Dann vorwärts, Leute!«
    Es fröstelte mich unter seinem ausdruckslosen Blick. Er wusste Bescheid, ganz zweifellos, auch wenn er kein Zeichen des Erkennens gab.
    Was sollte ich tun?
    Seine Begleitung ablehnen?
    Um Hilfe rufen?
    Die Flucht ergreifen?
    Ich fühlte mich wie unter einem Bann. Wie dumm war ich doch! Sagt man nicht, das Kaninchen erstarre angesichts der Schlange? Mir wurde sofort bewusst, dass man mich nicht zurück zum Kaiser lassen würde. Die drei Reiter waren zwischen mir und dem Haus. Sie würden ihrem Befehlshaber gehorchen, falls ich mich widersetzte. Dasselbe galt für alle Bediensteten im Hof und auf der Treppe. Ich hatte hier nicht einen einzigen Freund. Diese Lage verdankte ich dem Grafen.
    Verdammter Drecksack! Ganz egal! Ich redete mir ein, dass ich unterwegs, wenn ich es nur mit der Eskorte zu tun hätte, bestimmt eine Gelegenheit finden würde zu entwischen. Ich nickte dem Grafen zu – so hochmütig wie ich konnte – und wunderte mich über die Ruhe, mit der ich das fertig brachte.
    Er salutierte schweigend, und der Trupp setzte sich in Bewegung. Mir war durchaus klar, dass dies alte Kämpen waren, die ich nicht leicht loswerden würde. Andererseits: Es waren die Leute des Kaisers. Würde Ferrand sich in ihrem Beisein einen Übergriff erlauben?
    Ich hatte immer noch den Kopf voller Selbsttäuschungen!
    Es ging ein scharfer Wind in dieser Nacht, und es roch nachSchnee. Und nach Holzrauch. Der Hufschlag unserer Pferde hallte von den dunklen Wehrmauern zurück. Dann waren wir im freien Feld.
    Ferrand ritt vor mir, er behielt wortlos die Spitze und schaute sich nicht einmal um. Seine Begleiter waren weniger reserviert. Es schienen hartgesottene Haudegen zu sein, die mich wohl für ein verzogenes Bürschchen hielten, das sie nicht für voll zu nehmen brauchten. So machten sie sich einen Spaß daraus, mich einzuschüchtern – oder es wenigstens zu versuchen.
    »Hört ihr den verdammten Hund da heulen?«, fragte der eine.
    »Das is’ kein Hund. Das is’ ein Wolf«, antwortete der zweite.
    »Hört sich an wie ’ne verlorene Seele«, sagte der dritte. »Wo ich herkomm, hat’s ’nen Mann gegeben, der hat, wenn’s Vollmond war, geglaubt, er wär ein Wolf, hat sich die Kleider vom Leib gerissen und hat Menschen angefallen …«
    »Das ist gar nichts«, gab der erste zurück. »Aber das Vieh da, das weiß, dass in solchen Nächten der Leibhaftige umgeht. Mein Bruder hat ihn geseh’n. Seine Augen glüh’n im Dunklen.«
    »Red kein’ Unsinn …«
    »Doch. Er ist es! Hast du nich’ gehört, was sie sag’n? Ei ’m Ratsherrn von Köln hat er ’n Hals umgedreht, vor ’n paar Tagen, und dann der Pfaffe, den hat er am Dom vom Turm geschmissen. Der Wanst is’ ihm geplatzt wie ’ne Blutwurst. Ich hab’s geseh’n. Und der lausige alte Gaukler, den ’s auf dem Boot erwischt hat? Was is’ mit dem?«
    »Den hat sein eigner Spießgesell über ’n Haufen geschossen… Ich

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