Tanz der Dämonen
»Nichts auf der Welt ist mir stärker verhasst!«
Er lachte. »O doch! Du ziehst den Ärger an wie der Magnet das Eisen. Das ist es. Es muss ja Ärgernis kommen, aber wehe dem, durch den es kommt!«
Wie ich es hasste, dieses überlegene Getue!
»Selig sind die Friedfertigen«, sagte ich. »Das Ärgernis kommt nicht durch mich. Höchstens, dass es mir folgt. Es ist wohl so, dass ich meine Nase zu tief in Dinge hineingesteckt habe …«
»Wie auch immer. Ich bin froh, dass ich dich gefunden habe.«
»Habt Ihr mich denn etwa gesucht?«
»Ich wusste ungefähr, wo du sein musstest. Von deinen Freunden. Die am Dom sitzen. Die Menschen erzählen mir mehr als anderen …«
»Ihr seid mir unheimlich.« Dabei wirkte er freundlich, fast heiter. Auch konnte ich nicht behaupten, dass er mir je etwas zuleide getan hatte; gerade eben hatte er mir vermutlich das Leben gerettet. Warum wurde ich dennoch bei ihm nie dieses Frösteln los?
»Was wollt Ihr von mir?«
»Du weißt wohl«, sagte er, »dass ich dich bei manchen Unternehmen ganz gerne bei mir habe. Habe ich das nicht schon einmal gesagt?«
»Ich wüsste wirklich nicht, wie ich Euch – nützlich sein könnte!«
»Stell dir einfach vor, dass ich glaube, du bringst mir Glück.«
»Ihr verlasst Euch auf Glück?«
»Sei nicht vorlaut. Glück gibt es natürlich nicht. Auch keinen Zufall. Und es mag auch noch weitere Gründe geben …«
Er schien verstimmt, und wieder einmal wusste ich nicht, warum.
Dabei hielt er unangenehmerweise immer noch meinen Kragen fest. Ob er nicht ahnte, dass ich ein Messer im Stiefel trug?
»Hab keine Angst«, sagte er.
Ehrlich gesagt hätte ich in diesem Augenblick auf keinen Fall allein sein wollen. Ich hatte keine Vorstellung, in welchen Teil der Stadt es mich verschlagen hatte. So war ich gar nicht gewillt, ihm davonzulaufen. Als ob er das erkannt hätte, ließ er mich los.
Ich betrachtete ihn genauer. In seinem Gürtel steckte eine Pistole, ein merkwürdiges Ding mit einem Rad am Abzugshahn.
Damit wird er vorhin geschossen haben, dachte ich. Zum Laden hat er bestimmt noch keine Zeit gehabt. Ob er weitere Waffen trug?
»Was wollt Ihr jetzt tun?«, fragte ich.
Er blickte mich prüfend an und versetzte: »Wir werden einbrechen.«
»Einbrechen? Wo?«
»Das ist etwas Schönes an dir. Du fragst nicht nach Gründen …« Wieder lächelte er auf seine undurchsichtige Weise. »Du hast keine Ahnung, wo wir sind, nicht wahr?«
»Nicht so recht …«
»Ganz einfach. Wir sind da, wo der Schatz liegt, hinter dem alle her sind, und es wird Zeit, dass wir zugreifen.«
»Und wo ist das?«
»Du weißt es wirklich nicht?«
»Nein!«
»Du lügst. Oder du bist weniger klug, als ich dachte. Oder – das wird es sein – du weißt längst Bescheid und hast es dir nur noch nicht klar gemacht. Aus Gründen, die du dir wahrscheinlich nicht eingestehen willst. Du bist ein schwieriges Kind. Mach kein so salziges Gesicht. Erkennst du denn nicht die Mauern da drüben? Es ist das Haus mit dem Löwen.«
in G espräch im leeren H aus
Ein leises Knirschen, mehr nicht. Der Magus hatte seinen Dolch genau an der richtigen Stelle angesetzt. Das Fenster schwang auf, und wir stiegen in das Innere des Hauses. Es schien mir so stumm und düster wie ein Grab.
Dabei hatte sich im Erdgeschoss anscheinend nichts verändert, seit ich – vor wie vielen Tagen mochte das gewesen sein? – zwei Mal dort gewesen war. Verschlossen und verlassen. Nach dem, was die Leute erzählten und was ich von meinen Bettlerfreunden gehört hatte, war das Haus nunmehr unbewohnt und wartete auf einen Erben, angeblich einen Großneffen des Herrn Arndt, der in den niederländischen Provinzen lebte.
Was wohl aus dem Diener geworden ist?, dachte ich. Stellungslos vermutlich und einer ungewissen Zukunft ausgesetzt.
Der Magus schien sich hier auszukennen. Er ging voraus, durch die Halle, die Treppen hinauf und dann über einen Flur, der mir unbekannt war. Schließlich betraten wir einen Raum unter dem Dach, ein Zimmer mit schräger Decke, das altertümlich möbliert war. Auf einem Tisch war ein Schachspiel aufgebaut.
»Es ist muffig«, sagte der Magus und öffnete ein Fenster, das anscheinend schon lange nicht mehr bewegt worden war. Ich war froh über die frische Luft, die hereinströmte. Aber mein Unbehagen wuchs.
Der Magus blickte angelegentlich über die Dächer der Stadt und begann zu sprechen, ohne sich zu mir umzudrehen: »Du hast von dem, was vorgeht, nichts wirklich
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