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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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könnten nebeneinander gehen.« Das taten sie in gemessenem Tempo. Auf mich achteten sie nicht. Die Luft war trocken und roch nach Zement. Es ging mehrere Stockwerke hinab, und der Treppenschacht wurde immer dunkler. Schließlich standen wir in einem runden, gewölbten Raum, in dem ich zunächst nichts Bemerkenswertes entdecken konnte.
    »Dies ist nicht das Ende«, sagte der Magus, und seine Stimme wurde mehrfach zurückgeworfen. »Seht da drüben! Eine Falltür …«
    Tatsächlich gab es eine Öffnung im gepflasterten Boden, über der ein schwerer steinerner Deckel lag.
    »Das ist seltsam«, flüsterte Grifone. »Seht Ihr das?«
    »Ja. Der Schacht ist aufgedeckt.«
    Auch ich bemerkte nun, dass der Stein ein kleines Stück zur Seite geschoben war und verkantet lag. Ein leidlich schlanker Körper konnte sich vermutlich durch den Spalt zwängen. Was hatte das zu bedeuten?
    Wachsende Unruhe überkam die Männer.
    »Wir werden den Deckel ganz wegschieben«, sagte Grifone leise.
    »Ich stimme Euch zu«, antwortete der Magus. »Man hat als Lebender nicht gerne eine Gruftplatte über sich, nicht wahr?«
    Zu zweit stemmten sie sich gegen den Stein, der knirschend beiseite glitt – ein Geräusch, das in dem finsteren Treppenschacht, der sich auftat, einen unheimlichen Widerhall fand. Die Luft, die uns entgegenströmte, war kühl und hatte einen dumpfen Geruch. Aber da war keine Nässe oder Fäulnis. Dennoch erschauerte ich unwillkürlich.
    Grifone brachte ein Bündel Kerzen zum Vorschein. »Es nützt nichts, länger hier zu warten.«
    Der Magus schüttelte den Kopf. »Hier liegt etwas Besseres«, sagte er und deutete auf ein Bündel Pechfackeln auf der ersten Treppenstufe.
    »Auch recht!«
    Sie schlugen Feuer und zündeten drei Fackeln an. Eine reichte Grifone mir – ein Zeichen dafür, dass er sich meiner Gegenwart überhaupt bewusst war. Mit einer angedeuteten Verbeugung wandte er sich wieder dem Magus zu.
    »Es ist mir eine Ehre, Euch den Vortritt zu lassen.«
    »Das schiene mir unhöflich«, gab der Angeredete zurück. »Die Ehre gebührt Euch.«
    »Ihr seid zu gütig. Aber ich bin doch sicher, dass Ihr mir diesen Gefallen tun werdet.«
    »Woher diese Gewissheit?«
    »Ganz einfach: Ich habe Freunde, die derselben Meinung sind.«
    Damit traten zwei Männer zu uns: Leng und Rau, Kerle aus Grifones Truppe! Ich erschrak. Wieso hatte ich die beiden nicht kommen gehört? Mit überlegenem Grinsen wies Grifone auf seine Verstärkung hin. Leng und Rau bleckten höhnisch die Zähne.
    Der Magus gab sich unbeeindruckt. »Manchmal braucht es nur ein überzeugendes Argument«, sagte er lächelnd. »Allerdings frage ich mich, warum Ihr mich unter diesen Umständen überhaupt mitnehmen wollt.«
    »Es gäbe ja wohl nur eine Möglichkeit, Euch loszuwerden, hab’ ich Recht?«
    »Und da hättet Ihr Skrupel?«
    »Nehmt es, wie Ihr wollt. Vielleicht will ich vor diesem Kind hier, dessen Vater ich bin, nicht zeigen, was für ein Schurke ich sein kann. Oder, wenn Euch das nicht einleuchtet, nehmt meinetwegen an, dass ich eigennützige Gründe habe. Möglicherweise sehe ich Probleme voraus, bei denen Eure Gegenwart hilfreich sein könnte …«
    »Da könntet Ihr Recht haben. Aber vielleicht sollten wir oben die Tür blockieren, damit sie nicht hinter uns zuschlägt.«
    »An was ein Mann der Gelehrsamkeit nicht alles denkt!«, spottete Grifone. Dann wandte er sich an seine Leute: »Leng, du bleibst oben und passt auf. Rau, du kommst mit.«
    »Wie dem auch sei«, murmelte sein Gegenüber. »Wir sollten jetzt gehen.« Und damit begann er, die Fackel ins Dunkle vorausgestreckt, die Stufen hinabzuschreiten. Er trug eine unbekümmerte Miene zur Schau. Grifone folgte. Dann ich, insgeheim gegen das Grauen vor diesem düsteren Schacht ankämpfend. Dann Grifones Kumpan. Die beiden Männer vor mir wirkten durchaus entspannt, aber ich sah, dass jeder die freie Hand an seinen Dolch gelegt hatte.
    Es ging wirklich tief hinunter, vermutlich bis unter die Erde. Je weiter wir vordrangen, desto kälter wurde es, und jetzt kam auch ein Geruch von modriger Feuchtigkeit. Das Mauerwerk, über das der Fackelschein huschte, wurde immer dunkler; es erschien mirbrüchig und uralt. Vielleicht sogar Felsgestein? Und da! Mein Auge erfasste einen gewundenen Umriss. Eine Schlange! Der aufgesperrte Rachen gähnte mir entgegen. Doch ein Lachen der beiden Männer beschämte mich: In Wahrheit war es nur eine Bildhauerarbeit, geschickt aus dem Stein gemeißelt, so lebendig sie

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