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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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Armbrust!
    Pietro hustete und rülpste gemeingefährlich. »Alter Sack«, lallte er. »Maledetto!«
    Ich merkte, dass er gänzlich in den Rausch abdriftete, und fragte nichts weiter.
    Wie sollte ich Pietro nur in diesem Zustand nach Hause kriegen? Und würde er seine Zeche wohl selbst bezahlen können? Notfalls musste das Geld herhalten, das mir mein Vater durch Herrn Arndt hatte zukommen lassen. Ich stutzte über diesen Gedanken: Mein Vater!
    Inzwischen kam – wie es manchmal ist – die Lösung bereits auf mich zu. Ein Schankbursche sprach mich an und sagte, da sei ein Herr – er sagte Herr! – oben auf der Empore, der mich zu sprechen wünsche. Ich folgte ihm zögernd und fand Ahasver hinter einem Pfeiler, von wo er den ganzen Schankraum überblicken konnte, ohne selbst gesehen zu werden.
    Er sagte in aller Ruhe: »Ich war die ganze Zeit hier und habe euch beobachtet. Es ist euch niemand gefolgt.« Ich erriet, was er meinte!
    »Heißt das etwa, Ihr habt uns als Köder benutzt?«, rief ich empört. »Ihr wollt sehen, ob man hinter uns her ist, und da ist es Euch gleichgültig, ob wir in Gefahr kommen oder nicht!«
    Er zuckte nur wegwerfend die Schultern.
     
     
     

IE K RISTALLKUGEL
    An diesem Tag war Ahasver anscheinend in seinem Gleichmut nicht zu erschüttern. Dennoch kam sein Misstrauen nicht zur Ruhe. Das verriet schon seine bedachte und wachsame Art zu sprechen. Seine Entscheidung war, dass wir uns lange genug in dieser Schänke aufgehalten hätten. Wie selbstverständlich zahlte er für uns, runzelte dabei allerdings die Stirn, als ihm deutlich wurde, was mein Gefährte alles in sich hineingeschüttet hatte. Kritisch begutachtete er Pietros Zustand. »Besoffenes Schwein«, murmelte er. Es konnte tatsächlich kaum ein anderes Urteil geben.
    »Sieh gefälligst zu, dass du nach Hause findest«, fügte er verächtlich hinzu.
    Pietro versuchte dem Alten einen Finger ins Ohr zu stecken und kicherte darüber unbändig.
    »Ich werde mit ihm gehen.«
    »Nein, wirst du nicht«, gab Ahasver zurück. »Du kommst mit mir. Der Kerl soll sehen, wie er zurechtkommt.«
    Wir verließen das Weinhaus unter spöttischen Bemerkungen der anderen Gäste, was Ahasver freilich nicht zu bemerken schien. Pietro schwankte bedenklich.
    Ahasver humpelte immer noch. Dennoch schlug er einen zügigen Schritt an, so dass ich Pietro bald nicht mehr sehen konnte. Der Alte zeigte sich leutselig gestimmt und gab mir Erklärungen zu diesem und jenem am Wege. Hinter dem Kloster der Minderbrüder kamen wir vorbei, später an der Pfarrkirche St. Kolumba, dann beim Kloster der Kreuzbrüder, bis wir auf einen großen Platz mit Bäumen gelangten.
    »Der Neumarkt«, sagte Ahasver. »Da drüben wohnt der Kaiser.« Und er wies auf ein sehr stattliches Haus mit einem reich verziertenErker und einem schlanken achteckigen Türmchen. Aber wir waren noch längst nicht am Ziel. Wie weitläufig und verwirrend diese Stadt doch war!
    Wir wanderten an einer Mauer aus verwitterten Steinen entlang, die sich ein ganzes Stück neben der Straße hinzog.
    »Diese Mauer ist noch von den Römern«, erläuterte Ahasver. »Tausendfünfhundert Jahre alt. Denke dir: Gebaut in der Epoche, als Christus auf Erden wandelte.«
    Das kam mir unvorstellbar vor, obwohl ich von Vater Sebastian wusste, dass Köln einst römische Stadt gewesen war, Colonia genannt, damals, als die Cäsaren regierten und die Märtyrer an den Richtblock und auf den Scheiterhaufen mussten.
    »Da ist ein Mann«, sagte Ahasver unvermittelt, »der von mir gewisse Dienste wünscht. Er will sein Schicksal befragen. Verstehst du? Ich habe ihm sein Horoskop gestellt, aber das reicht ihm nicht aus. Deshalb werden wir ihm etwas Besonderes bieten. Einen Blick in die Zukunft. Dazu brauche ich dich.«
    »Wir sollen ihn betrügen?«
    Er sah mich seltsam forschend und etwas missvergnügt an.
    »Das ist ein schwieriges Wort.«
    »Ich finde es ganz einfach.«
    »Sei nicht so frech! Hast du vergessen, wie du mit uns den Theriak verkauft hast?«
    Er meinte jene Wundermedizin, die wir so vielen Bauerntölpeln angedreht hatten. Er hatte wohl Recht.
    »Darüber habe ich noch nie richtig nachgedacht. Ich habe mir immer gesagt: Die Leute kriegen eigentlich immer nur das, was sie wollen.«
    »So ist es auch hier.«
    »Ist der Theriak denn wirklich ein Schwindel?«
    »Woher willst du wissen, dass meine Aquamantik ein Schwindel ist?«
    »Aqua… wie? Ist das nicht Wahrsagerei?«
    »Warum nicht?«
    Ich zweifelte natürlich nicht

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