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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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allerlei Verrichtungen, die mir rätselhaft waren, murmelte halblaut geheimnisvolle Sprüche und entzündete die Kerzen und etwas Weihrauch sowie eine andere harzige Substanz, die einen merkwürdigen Geruch verbreitete. Der Klient verfolgte seine Hantierungen mit Bangigkeit, und ich wartete unbehaglich auf meinen Part.
    Ahasver stellte einige Fragen in einer Sprache, die mir fremd war, vielleicht Griechisch. Der Klient antwortete in derselben Sprache.
    Dann begann die Aquamantik. Das bedeutet so viel wie Wasserdeutung und ist ein geheimes Ritual. Ahasver beleuchtete das Innere des Beckens mit den Kerzen, beugte sich darüber, ließ Kügelchen aus unterschiedlichen Metallen hineinplumpsen und beobachtete, welche Wellenringe sich bildeten und wie sie sich überschnitten. Die Ungeduld unseres Klienten wuchs.
    »Mein Amt«, flüsterte er, »meine Pläne. Sagt mir etwas über die nächsten Jahre. Weiter will ich gar nicht sehen!«
    Ahasver brummte. »Wechselhaftes Glück«, sagte er. »Mancherlei. Ihr kommt zu hohen Ehren. Aber … Ach! Nichts wirklich klar …«
    »Ich bitte Euch …«
    Ahasver knurrte: »Jetzt die Kugel des Lichtes!«
    Das war die Kristallkugel!
    Blitzend und von geheimnisvollem Schimmer erfüllt, kam siehervor, und der Alte benetzte sie mit Wasser. Rasch rekapitulierte ich, was er mir eingeschärft hatte und was ich würde sagen müssen.
    Meine Hände waren plötzlich nass geschwitzt.
    »Mein Gehilfe«, flüsterte Ahasver und deutete auf mich. »Ihr versteht: Der unschuldige Mund des Kindes – das Sprachrohr der Götter!« Er breitete die Hände aus und nickte mir bedeutungsvoll zu.
    Das war das Zeichen, das er mir angekündigt hatte. Jetzt also!
    Ich starrte auf die Kugel und schwieg eine Weile. Dann begann ich zu flüstern, unverständliches Zeug zuerst, dann einzelne Worte. Ich mimte ein krampfhaftes Zittern, warf den Kopf hin und her, verdrehte die Augen und stöhnte wie unter Schmerzen.
    »Schau keinen von uns an!«, hatte Ahasver befohlen. Dennoch konnte ich mich nicht enthalten, vorsichtig nach unserem Klienten zu schielen. Er verfolgte meine Vorstellung mit aufgerissenen Augen, und trotz der Düsternis im Raum hatte ich den Eindruck, dass er leichenblass geworden war.
    »Ich sehe ein großes Leuchten«, deklamierte ich. »Es strahlt wie die Sonne …«
    Dann stockte ich. Ahasver schob die Kugel näher vor mich hin. Was war das für ein Funke, der darin aufschien?
    Was nun geschah – ich kann mich nicht klar erinnern. Ein Zittern, das nicht vorgetäuscht war, durchlief meinen Körper, ein betäubender Schwindel erfasste mich, und ich hörte meine Stimme laut schreien, sie klang, als sei es die einer anderen Person …
    »Da ist ein Feuer«, waren die Worte. »Bei der Muttergottes, was für eine Glut! Sieh doch diese Flammen! Gib Acht, die Flammen! Halte dich fest! O Gott, lass nicht los!!!«
    Ich weiß nicht mehr, was ich sah und was ich dachte. Vielleicht will ich gar nicht wissen, was es gewesen ist. Die erste Empfindung, an die ich mich wieder erinnern kann, war ein heftiger Schmerz. Etwas traf mein Gesicht. Jemand schlug mich mit der flachen Hand. Es war Ahasver. Er redete auf mich ein.
    »Hör auf«, keuchte er. Sein Gesicht kam ganz nah, wobei mich Angst packte.
    »Hör auf und schweig still, du verdammte Närrin! Wirst du wohl still sein!«
    In meinen Ohren sauste es. Der Klient war verschwunden. Sein Stuhl lag umgeworfen am Boden. Vage schien es mir, als hätte ich sein verzerrtes Gesicht, seine zitternden Lippen gesehen, als er aufsprang und vor mir zurückwich.
    Ahasver packte mich gewaltsam an den Schultern. »Siehst du, was du angerichtet hast?«, grollte er und schüttelte den Kopf. »Weg ist er! Verflucht! Der kommt nicht zurück! Den sehen wir nicht wieder!«
    Ich wollte nur in Ruhe gelassen werden.
    »Kannst du mir vielleicht verraten, was mit dir los war?«
    »Ich … ich weiß nicht.«
    »Verflixt! Was hast du dir nur dabei gedacht?«
    Als ob ich ihm das sagen könnte! Ich war entkräftet und vermochte kaum zu sprechen.
    »Hol’s der Teufel! Der Kerl hat geglaubt, du siehst ihn im Höllenfeuer!«
    »Aber das war es nicht«, flüsterte ich. »Das ist es gar nicht gewesen …«
    Nie werde ich den Blick vergessen, mit dem er mich ansah, als ich hinzufügte:
    »Ich habe dich im Feuer gesehen!«
     
    Ahasver behielt Recht. Wir haben den Klienten an jenem Tage nicht mehr zu sehen bekommen. Sein Hausdiener ließ uns wissen, dem Herrn sei nicht wohl. Ahasver packte seine Utensilien

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