Tanz der Dämonen
Fugger redet! Ich war dabei, als der Kaiser in Augsburg einzog, um Reichstag zu halten; Anno 30, im Juli, kein Jahr ist es her. Glaubt Ihr denn, da wäre es um Rittertugend gegangen – oder um den Christenglauben? Um Kredit ging es! In der Goldenen Stube beim Fugger hat er gesessen und um Unterstützung gebeten. Von da kam das Geld, um mindestens fünf Kurfürsten zu kaufen, damit sie für die Wahl Ferdinands stimmen sollten! Dafür gab’s dann Adelstitel und Landbesitz.«
»Und wisst Ihr auch, wie die Kosten für die Wahl eingeschätzt werden? Auf sechshunderttausend Gulden!«
»Schon überholt! Carolus steht längst mit mehr als einer Million in der Kreide! Sein Wahlspruch: ? Plus ultra!? , ›Immer weiter!‹, dass ich nicht lache! Was über alle Grenzen geht, sind doch nur die Schulden!«
»Aber das wahre Übel sind die protestantischen Reichsstände! Verfluchte Ketzer! Die geben ihm einen schweren Stand, und uns machen sie das Geschäft kaputt!«
»Der Kaiser weiß, dass sein Thron wackelt! Umso mehr wo jetzt seine Tante gestorben ist, Margarete, die Erzherzogin in den Niederlanden …«
»Er hat noch andere Feinde! Ich möcht wahrlich nicht in seiner Haut stecken …«
»Gestern soll ein Bursche festgenommen worden sein, der ihn vergiften wollte! Einer von den eigenen Dienern!«
»Ach was?«
»Ein mörderisches Komplott, sag ich Euch!«
»Verrat und Verschwörung! Überall! Nehmt nur den Tod von Herrn Arckenberg, drei Tage ist es erst her!«
»Was ist denn damit?«
»Ich könnte vielleicht mehr sagen, aber das darf ich nicht!«
»Alles wird vertuscht. Jawohl, so ist es. Damit keine Unruh entsteht.«
»Unruh hab ich Anno 25 genug gehabt. Jetzt will ich Geld verdienen!«
Gerade jetzt, da ich mit wachsender Spannung lauschte, fing Pietro an zu sprechen. Der Wein löste ihm die Zunge.
»Hörst du sie reden?«, fragte er. »Ah! Was die alles wissen!« Er war betrunken genug, um mitteilsam zu werden, aber noch nicht so berauscht, dass wirres Zeug kam. Das konnte eine Gelegenheit sein, ihm Antworten auf Fragen zu entlocken, die mich schon seit dem Vortag beschäftigten.
»Wann hat euch Ahasver eigentlich verboten, in Köln aufzutreten? Habt ihr den Alten denn nach dem Überfall noch einmal getroffen?«
Pietro schien nachzudenken. Dann sagte er etwas geistesabwesend: »Ja. Wir haben ihn noch mal getroffen.«
»Hier in Köln?«
»Nein. Nicht hier. Hier haben wir ihn erst gesehen, als du schon wieder bei uns warst …«
»Wo denn dann?«
»Am Tag des … des Überfalls … Ja, da ist es gewesen. Wir haben nicht den direkten Weg nach Köln genommen …«
Schlau genug, dachte ich.
»Es gibt da ein Wirtshaus in einem Kaff, ich … weiß nicht mehr, wie es heißt, Siechburg oder so, wo wir früher schon mal eingekehrt sind. Ahasver kennt den Wirt. Ich dachte mir … na ja, dass wir ihn vielleicht dort finden würden … Ahasver meine ich.«
»Ja und?«
»Es war auch so. Aber es war … seltsam.«
»Wie das?«
»Er wollte uns gar nicht bei sich haben … Als wir eintrafen, kam er nach draußen. Muss uns vom Fenster gesehen haben, denke ich.« Seine Gedanken schweiften ab.
»Na und, was dann?«
»Er hat uns vor der Tür abgefertigt, der Bastard.«
Wieder dieser gedankenverlorene Gesichtsausdruck. Wahrscheinlich hatte sich Ahasver dort bereits über Rosannas Anwesenheit geärgert, aber das wollte Pietro wohl verschweigen.
»Hat er es euch da verboten?«
»Was verboten?«
Langsam wurde es mühselig, mit ihm zu reden. »Dass ihr nicht öffentlich …«
»Ja doch. Versteckt … sollten wir uns halten, hat er gewollt … Herberge, wo wir jetzt wohnen …«
»Ja?«
»Die kannt ich auch sch… schon«, lallte er. »Vom letzt’n Jahr …« Nun wurde sein Blick plötzlich wieder aufmerksam. »Gegen Rosanna, gegen die hat er gleich was gehabt. Scheißkerl. War von Anfang gegen sie! E chi se ne frega! Ich … scheiß drauf!«
Er beäugte mich misstrauisch; aber ich gab ihm keine Gelegenheit zum Streiten.
»Ich glaub, es war da einer bei ihm …«, murmelte er. »In dem Gasthof. Einer, den wir nich seh’n sollt’n. Verstehst?«
»Und ihr habt auch nichts von dem gesehen?«
Er glotzte mich abwesend an. »Da war so’n Gaul …«
»Ein graues Pferd?«, fragte ich aus einer Ahnung heraus.
Er glotzte nur noch dämlicher. »Wooo… woher weißt du?«
»Spielt keine Rolle«, sagte ich. Aber es war von großer Wichtigkeit: Sie steckten unter einer Decke, Ahasver und der Mann mit der
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