Tanz der Dämonen
hochwohlgeborenen Herrlichkeit in der Euch gebührenden Achtung den Stab voraus?« Zunge machte ironisch vor, wie das aussähe.
»Unsinn«, sagte Bär. »Wenn’s anders wäre in der Welt, dann gäb’s das alles gar nicht mehr.«
Ich musste mit ihnen lachen, aber eigentlich waren meine Gedanken noch anderswo.
»Ob es vielleicht alles mit dem Kaiser zu tun hat?«, fragte ich im Gehen. Es war ein Versuch.
»Pfft! Der Kaiser!«, machte Knaller. »Drunter tust du’s wohl nicht gern?«
»Eine politische Verschwörung?«, fragte Bär.
»Manche scheinen an so etwas zu glauben …«
»Was weiß ich! Die Protestanten, der Franzose, der Türke … Er hat viele Feinde, der Kaiser. Vielleicht gehört auch der Papst dazu; manche sagen sogar: sein eigener Bruder, weil er ganz regieren möchte … Ich weiß es nicht. Wenn es damit zu tun hätte, müsstest du doppelt vorsichtig sein!«
Er machte ein geheimnisvolles Gesicht. »Eher glaube ich jedoch an etwas anderes …«
»Und was sollte das sein?«
»Ach, es ist nur ein Gedanke. Man hört so manches. So heißt es, dass vor einiger Zeit ein rätselhafter Schatz nach Köln gelangt ist und dass er irgendwo verborgen gehalten wird.«
»Gold und Juwelen?«
»Etwas viel Kostbareres. Heißt es …«
»Verflixt«, rief Knaller dazwischen. »Was sollte mehr wert sein als glitzernder Mammon!?«
Bär zuckte die Schultern.
»Und was könnte das alles mit mir zu tun haben?«
»Keine Ahnung. Aber manche sagen, der Kaufmann Arndt sei in die Sache verwickelt gewesen. Du weißt, was alles so geredet wird …«
Ich blieb stehen. »Das hilft mir alles nicht weiter«, sagte ich. »Die Frage ist doch: Was soll ich tun?«
Zunge grinste mich an und schob mit den Fingern seine Lider auseinander.
»Er meint, du sollst die Augen offen halten«, gellte Knaller.
Bär nickte bedächtig. »Lass dich nicht alleine erwischen«, ergänzte er. »Und red nicht mit den falschen Leuten.«
»Verdammt: Wer sind die falschen Leute?«
»Du darfst eigentlich gar keinem trauen.«
»Ich traue euch .«
»Das ist was anderes.«
»Gerne würde ich wenigstens meinem Vater trauen … Vorausgesetzt ich wüsste, wer er ist!«
»So ist es richtig, konzentrier dich auf deinen Vater. Was ist eigentlich mit seinem Brief? Den würde ich gerne genau kennen.«
»Soll ich ihn vorlesen?«
Er nickte. Ich kramte das Blatt hervor. Den Text hätte ich auch auswendig zitieren können. Während Bär über die wenigen Sätze nachdachte, drehte ich ohne besondere Absicht das zerknickte Papier um – und hielt den Atem an.
Bär, der meinen Schreck wohl spürte, fragte: »Na? Was ist?«
Ich blieb stehen und schnappte nach Luft. »Es steht etwas drauf. Außen! Etwas, das vorher nicht da war …«
»Nachdem du bei Arndt …«
»Ja, erst danach! Hör zu:
»Ehrwürdiger Pater Nabor.
Dies kam heute in meine Hand. Ein Junge bringt es mir ins Haus. Ihr wisst ja selbst, um wen es sich handelt. Bei Gottes Gnade! Ich beschwöre Euch. Helft Eurem Freunde
Arndt«
Mit fliegender Feder war das geschrieben, in fahriger Schrift und stellenweise unachtsam verwischt.
Meine Freunde schwiegen.
»Was bedeutet das?«, fragte ich.
»Das ist deine Spur!«
»Aber wieso denn?«
»Sei nicht dumm! Das liegt doch auf der Hand. Deine Spur ist dieser Brief. Arndt wollte ihn weitergeben und ist nicht mehr dazu gekommen. Da schreibt er an einen Priester, dass er sich Sorgen macht, was du wissen könntest. Was immer da im Gange war: Der geistliche Herr ist ein Komplize!«
»Diesen Priester müsste ich also finden … Pater Nabor.«
»Natürlich. Und ich weiß auch schon, wer dabei helfen kann. Nicht wahr, Zunge?«
Zunge nickte.
»Bruder Anselmus«, rief Knaller.
Bär nickte bestätigend. »Aber erst morgen. Morgen werden wir zu ihm gehen.«
Zunge hob den Finger. Er zog ein Täfelchen aus der Tasche, das ich noch nicht bei ihm gesehen hatte, und kritzelte mit einem Stück Kreide etwas darauf. Es war ein Strichmännlein mit zwei Köpfen, einer mit einem lachenden und einer mit einem bösen Gesicht, und beide mit krassen Schielaugen.
»Ja«, sagte Knaller. »Das ist er. Du bist ja ein Künstler!«
Bär blieb an einem Torweg stehen. »Das Knäuel wird sich aufdröseln lassen«, sagte er mit Überzeugung. »Nur braucht es Zeit. Wir müssen Schritt für Schritt vorgehen.«
»Wenn du so redest«, sagte ich, »dann wird mir vieles klar. Vieles, was vorher in meinem Kopf wie ein Haufen Gerümpel durcheinander gelegen hat.«
»Das ist
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