Tanz der Dämonen
Schmerz und stellen sich auf die Hinterbeine, um wenigstens die Vorderpfoten zu schützen. Es geht den Tieren, wie es uns geht: Irgendwann machst du deine Schritte …«
»So haben wir das nie gemacht!«, protestierte Sambo.
»Scheiße!«, sagte Pietro. »Wie soll man zurechtkommen, wenn einem so dazwischengeredet wird!«
»Vielleicht habt ihr keine Lust«, stichelte Polonius. »Warum lasst ihr nicht den Jungen machen?«
»Den Jungen? He, Kat!« Sie bemerkten erst jetzt, dass ich da war. Lieber hätte ich mich ungesehen ins Haus geschlichen.
»Ja, den Jungen. Warum nicht?«, sagte Polonius. »Merkt ihr nicht, wie das Tier sich freut, dass er da ist?«
»Ich?«, fragte ich. »Meint ihr das im Ernst?« Ich war unsicher. Mir wurde jetzt erst bewusst, was ich gerade erlebt hatte. Ich spürte den Pfeil, der unter meiner Jacke steckte. Meine Hände bebten.
»Du zitterst«, sagte Sambo. »Hast du Angst?«
»Es ist schon gut«, sagte ich. Am liebsten hätte ich mich in seine Arme geworfen und erzählt, was mir zugestoßen war. Gerade eben hatte jemand versucht, mich zu töten! Aber würde dann nicht Ahasver davon erfahren? Es wäre Wasser auf seine Mühle. Und dann würde er mich vielleicht einsperren …
»Soll er es nur versuchen«, sagte Sambo und reichte mir die Kette.
Pietro grinste mich an und blies von neuem auf seiner Flöte.
Zögernd winkte ich dem Bären zu. Und tatsächlich: Er brummte zwar auch jetzt recht unlustig, aber er stellte sich auf und fing an, ungelenk im Kreise zu tanzen!
»Seht ihr?«, rief Polonius. »Seht ihr, wie er tanzt?«
Ich war erstaunt und auch stolz.
Sambo klopfte mir auf die Schulter. »Lass gut sein«, sagte er. »Barbaro muss erst wieder lernen. Morgen weiter.«
Der Bär erhielt einen Leckerbissen als Belohnung. Dann brachten wir das Tier in seinen Stall, und Pietro nahm mich beiseite. »Der Alte ist wütend auf dich«, sagte er. »Er will dich sprechen. Du sollst gleich zu ihm kommen.«
»Noch ehe ich esse?«
»Er hat ?gleich? gesagt.«
»Und was will er von mir?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich nehme an, es passt ihm nicht, wie du dich in der Stadt herumtreibst.«
»Du willst sagen, er macht sich Sorgen?«
»Kann sein. Du bist unvorsichtig.«
»Ich kann selbst auf mich aufpassen.«
»Oder auch nicht. Jedenfalls ist es ihm nicht recht. Ich kenne ihn.«
»Er ist seltsam, die letzten Tage …«
»Er ist immer seltsam gewesen.«
»Nicht doch. Du weißt, was ich meine!«
»Vielleicht hat er Gründe.«
Es war wie bei Sambo. Ich spürte, dass ich nicht mehr aus ihm herausbekommen würde. Pietro war immer offen mit mir gewesen, aber wenn es um Ahasver ging, blieb er neuerdings sehr vorsichtig.
»Dann werde ich ihn wohl besser nicht warten lassen.«
Ahasver saß auf seinem Bett, die Augen geschlossen, den Rücken gegen die Wand gelehnt und den rechten Fuß auf seinem Strohsack ausgestreckt. Er hatte das Hosenbein bis zum Schenkel hochgezogen, und ich sah einen ungeschickt angelegten Verband um Wade und Knie, der teilweise gelöst war. Er hob die schweren Lider und sagte leise: »Du musst mir helfen. Ich brauche Hilfe, und einen anderen will ich nicht fragen.«
»Das sieht übel aus«, sagte ich, und ich hätte hinzufügen können: Und es riecht auch nicht gut.
»Weiß ich selbst. Was kannst du tun?«
»Waschen. Ordentlich verbinden. Vielleicht eine Salbe.«
»Es wird schon werden.«
Da waren Schürfungen und ein tieferer Riss. Vielleicht von einem gesplitterten Holz. Es sah seltsam aus. Aber brandig schien es nicht zu sein.
»Es hat geeitert«, sagte er. »Ich hab es ausgebrannt, mit einem heißen Eisen …«
Mein Gott, genau so sah es aus!
»Wie habt Ihr Euch das zugezogen«, fragte ich. »Und wann?«
»Eine verfluchte Ungeschicklichkeit! Sonst nichts. Du fragst zu viel!«
Mindestens vor ein paar Tagen, dachte ich. Bestimmt nach unserer Trennung. Und bevor er wieder aufgetaucht ist. Seitdem humpelt er. Vielleicht an dem Tag, als ich zu Fuß nach Köln unterwegs war? Ich musste an den Leichnam auf der Straße denken. Das Skorpionzeichen in seiner Hand. Diese Spur im Schnee. Und dann der blutbeschmierte Zaunpfahl! Nur jetzt keine voreiligen Schlüsse!
»Es wird wehtun«, gab ich zu bedenken.
»Nun mach schon!«
Ich tat, was ich konnte. Er gab nur ein Stöhnen von sich. Danach wirkte er sehr erschöpft. Dennoch sagte er: »Geh noch nicht.«
»Ich kann aber nicht mehr tun … und Ihr seid müde.«
»Gleichviel. Ich möchte mit dir reden.«
Dann
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