Tanz der Dämonen
gestattete mir keinen Laut.
Als meine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt hatten, konnte ich drei Männer ausmachen. Einer von ihnen zog meineAufmerksamkeit sogleich auf sich. Er lehnte herausfordernd lässig an der gegenüberliegenden Wand und blieb dabei fast völlig im Schatten. Seine Hand spielte mit einem Bündel Federn. War damit dieses flatternde Geräusch erzeugt worden?
Ich hörte ein spöttisches Lachen und dann die leisen Worte: »Neugier ist ein Laster bei vielen jungen Leuten. Ich hoffe, wir haben den edlen Knaben nicht zu sehr erschreckt?«
Die beiden anderen Männer lachten unterdrückt. Den schmächtigen kannte ich. Es war einer von denen, die mir im Dunkeln nachgeschlichen waren. Der, der hinter mir stand und mich festhielt, würde dann wohl sein großer Kumpan sein. Beide rochen entsetzlich nach Schweiß.
»Tja«, sagte die spöttische Stimme. »Man könnte glauben, dass unser Freund sich gar nicht richtig freut, uns zu sehen. Er weiß uns gar nicht zu schätzen. Das wird sich ändern!«
Der Mann beugte sich vor, und sein Kopf war im Abendlicht.
»Du kennst mich doch, oder?«
Mit zwei oder drei schnellen Schritten war er dicht vor mir und hielt ein Messer an meine Kehle. »Tu einen Schrei«, sagte er, »und es ist dein letzter!«
Mit einer fast zärtlichen Bosheit verstärkte er den Druck der Klinge, bis ich spürte, dass ein Blutstropfen über meine Haut rann.
Ich versuchte zu nicken, ohne mich noch mehr in Gefahr zu bringen.
Er gab dem Großen einen Wink, und der nahm die Hand von meinem Mund.
»Dich nennen sie den Schwarzen Hund«, brachte ich heraus.
Er grinste böse, und die Zähne, die dabei zum Vorschein kamen, waren lang und gelb.
»Schlaues Bürschchen!«
»Was wollt ihr von mir?«
»Nicht so hastig, unsere Freundschaft fängt ja gerade erst an.«
Endlich nahm er das Messer weg.
»Schöne Freundschaft. Auf deine kranke Fresse kann ichverzichten!« Ich war wütend. Vor allem über mich selbst. Ich wollte ihn treffen. Irgendetwas sagte mir, dass die schwache Stelle dieses Burschen die Eitelkeit sei, und ich konnte der Versuchung nicht widerstehen, ihn zu reizen.
Sein Grinsen erlosch, und auf meiner Wange brannte eine heftige Ohrfeige.
»Du hast nicht zu reden, wenn du nicht gefragt wirst.«
»Krank an Leib und Seele …« Meine auflodernde Wut machte mich erst recht unbesonnen.
Da! Eine neue Ohrfeige. »Kinder mag ich lieber, wenn sie hübsch bescheiden sind.«
»Hört den Kinderschreck …!«
Zack! Wieder eine. Jetzt blutete meine Lippe.
»Du solltest meine Geduld nicht so sehr auf die Probe stellen …« Er zog sich wieder in den Schatten zurück. Ich glaubte zu spüren, dass er in Wahrheit unsicher war. Vielleicht fürchtete er, sich vor seinen Männern eine Blöße zu geben. Doch hatte ich nicht den Eindruck, er werde bis zum Äußersten gehen – aus welchen Gründen auch immer.
Gut. Ich hatte schließlich wenig Lust, mich grün und blau schlagen zu lassen, und in dieser verrotteten Scheune aufgeschlitzt zu werden war erst recht nicht nach meinem Geschmack. Also hielt ich jetzt still.
»Du wirst mir gut zuhören«, sagte er. »Und dann wirst du mir sagen, was ich wissen will.«
»Ich weiß doch gar nichts!«
»Ts, ts. Bevor ich dir auch nur eine einzige Frage gestellt habe?«
»Es ist trotzdem so. Ich begreife gar nichts von dem, was um mich herum vorgeht. Und was ihr von mir wollt, weiß ich auch nicht.«
Ob er sich vorstellen konnte, wie sehr das der Wahrheit entsprach?
»Du weißt also nicht, hinter was dein großer Ahasver her ist?«
»Ich habe keine Ahnung.«
Offenbar unterdrückte er mühsam die Anwandlung, mich erneut zu schlagen.
Wenn ich weit genug hätte reichen können, hätte ich ihm allzu gerne einen Tritt versetzt. In den Bauch – oder wenigstens vors Schienbein. Am besten natürlich ins Gemächte. Falls er so was hatte. Er hielt jedoch Abstand und stelzte mit abgezirkelten Schritten auf und ab. Der Kerl, der mich festhielt, tat mir weh.
Hoffentlich kommen sie nicht auf die Idee, mich zu durchsuchen, dachte ich. Erstens würden sie den Skorpion finden, und zweitens … Verdammt, das, was ich an einer Stelle zu viel und an der anderen zu wenig hatte, würde ihnen bestimmt zu denken geben.
Der Schwarze Hund zeigte mit dem Messer auf mich.
»Wohin geht der alte Knabe, wenn er das Haus verlässt?«
»Ahasver?«
»Wer sonst?«
»Scheiße, ich weiß es nicht.« Ich fand, dass ich die hier passende Ausdrucksweise gut gelernt hatte.
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