Tanz der Dämonen
hättest wohl gerne genau so eine Narbe wie dein Alter?«
Ich rang nach Luft. War das eine plumpe Falle?
»Sieh da!«, keuchte ich. »Du Käsegesicht weißt also, wer mein Vater ist?« Hoffentlich schätzte ich diesen Feigling richtig ein …
»Halts Maul, du Kröte!« Er biss sich auf die Lippen. War es, weil er den Ärger über seinen Fehler nicht verbergen konnte? Wenn er nun doch mehr wusste, als ich gedacht hatte? Was, zum Henker, hatte dieser Kerl mit meinem Vater zu tun? Oder der mit ihm?
»Vielleicht mache ich dir etwas vor!«, sagte ich. »Vielleicht ist man auf dich längst aufmerksam geworden. Selbst ganz oben. Ich glaube, du hast in Wirklichkeit gar keine Ahnung, in was für eine Sache du hier deine schmierigen Finger steckst.«
Ich sah seine kalte Wut und dachte mir, dass ich ihn jetzt wirklich getroffen hatte. Ob das aber gut für mich war?
»Was glaubst du eigentlich, mit wem du es zu tun hast?«, zischte er.
Zum Teufel, die Versuchung war zu groß, und ich warf ihm hin: »Mit einem der dreckigsten Ganoven von Köln und seinen Kötern.«
Der Große, der mich festhielt, verstärkte den Druck seiner Pranken, so dass es höllisch schmerzte. Der Schwarze Hund hingegen schien gar nicht hingehört zu haben. Er machte ein nachdenkliches Gesicht.
Dann zischte er – und seine Zunge stieß beim Sprechen tatsächlich an –: »Es wird vielleicht ganz gut sein, wenn ihr diesen Bengel einmal mit dem Kopf da drüben in den Scheißeimer steckt …«
Die beiden Drecksäcke lachten. Ich hatte es herausgefordert! Mein freches Mundwerk! Diese Kerle konnten ja nicht ahnen, wie es tatsächlich in mir aussah. Dass ich mir vor Angst fast in die Hose machte und nur deshalb eine solche Sprache riskierte, weil sie davon nichts merken sollten.
Während sie mich zu einer stinkenden Bütte zerrten, sagte der Schwarze Hund grüblerisch: »Wenn ich es mir recht überlege, dann bist du mir wirklich schon zu oft in die Quere gekommen. Könnte also gut sein, dass es jetzt das letzte Mal war.«
»Sollen wir?«, fragte der Schmächtige. Sie packten mich zu zweit. Der Gestank des Kübels betäubte mich fast.
»Ssst!« Der Schwarze Hund hob die Hand und gebot Stille. Eine Tür am Haus hatte geklappt. Man hörte Mutter Glucks Stimme: »Ist da jemand?«
Auf einen Wink seines Herrn und Meisters hielt der Große mir wieder den Mund zu.
»Ist da drüben jemand?«
Ich mochte noch so sehr strampeln und mich winden. Diesen schraubstockähnlichen Händen war nicht zu entkommen.
»Sie geht wieder«, flüsterte der Schmächtige. »Soll’n wir jetzt endlich …?«
»Nein, du Schwachkopf«, sagte der Schwarze Hund, plötzlich sehr unsicher. »Hört doch! Seid einmal still …« Ich hörte auch etwas, trotz des Sausens in meinen Ohren, aber die Handlanger nicht.
»Sollen wir den kleinen Kacker etwa ungetauft lassen?«, fragte der Große.
Statt einer Antwort brach jäh ein ohrenbetäubendes Getöse los. Ich wusste sofort, was es war, und dennoch erschrak ich bis ins Mark. Wie musste es diesen Ganoven ergehen, die offenbar keine Ahnung hatten!
Krachend barst die Tür von Barbaros Stall. Der Bär muss sich so heftig vorwärts geworfen haben, dass die Kette an seinem Halsband zerriss, der Riegel wegflog und das Holz splitterte. Er stürzte ins Freie, erhob sich auf die Hinterbeine und brüllte wie ein Rasender. Die Ganoven schrien auf, und ihr Anführer besann sich nicht einmal, Order zum Rückzug zu geben. Er wandte sich als Erster zur Flucht.
Elende Feiglinge!, dachte ich. Der Schwarze Hund vor allem! Mein Schreck wandelte sich in Triumph. Und ich brachte es doch tatsächlich fertig, dem Fliehenden nachzuschicken: »Du solltest etwas gegen deinen Grind tun!«, während er durch eine Lücke im Bretterwerk verschwand. Vorher stolperte er über den Eimer, den er mir zugedacht hatte, und wahrscheinlich hat er sich das Schienbein lädiert. Der Schmächtige spuckte mich an, und der Großestieß mich so heftig gegen einen Stützbalken, dass ich stürzte und für einige Zeit benommen dalag. Als ich wieder zu mir kam, stand Barbaro über mir und leckte mich am Ohr. Mir war eiskalt. Ich rappelte mich auf, und alles drehte sich. Ich atmete tief durch. Seltsam war, dass ich nichts anderes denken konnte als: Was für ein Glück, dass der Schwachkopf mich von hinten gepackt hat, und das bei den Schultern, nicht am Busen. Sonst wäre wohl sogar ihm etwas aufgefallen.
Ich tätschelte den Bären und murmelte: »Danke, mein Freund, du bist ein
Weitere Kostenlose Bücher