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Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
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schrecklich, was er getan hat.«
    »Weißt du, weshalb er es tat? Hat er vielleicht nicht andersgekonnt?« Er machte eine lange Pause. »Ist gleichgültig, ob du verstehst. Meine Vergangenheit ist auch mir eine Last auf der Seele – weil ich selbst nicht imstande bin zu verzeihen … Das ist es.«
    Er fuhr mit der Hand über seine Stirn und schloss die Augen.
    »Dieser Ahasver … der ist doch böse?!«
    »Gut. Böse. Du bist jung. Dir scheint alles so klar. Ich habe dir schon einmal gesagt, dass ich das nicht mehr so sehen kann. Mag sein, er ist wie jeder von uns.«
    »Und wie ist das mit den Juden?«
    »Die Juden sind wie andere Menschen. Einige gut. Andere nicht. Oder besser: Es ist so: Jeder einzelne Mensch ist manchmal gut und manchmal nicht. Es gibt keines davon alleine.«
    »Aber sind es denn nicht die Juden, die Schuld am Tod des Heilands sind?«
    »Ach. Man hat die Juden viel geschmäht. Auch dieser Luther hat dazu beigetragen. Man tut ihnen Unrecht.«
    »Sie leugnen den Heiland!«
    »Sie glauben, dass der Messias erst noch kommen wird …«
    »Christus ist doch Gottes Sohn, und er ist auferstanden von den Toten!«
    Ahasver zuckte die Schultern. »Weißt du: Jeder glaubt, was er für richtig hält. Wer will da richten?«
    »Aber Vater Sebastian sagt …« Ich schwieg. Das alles war verwirrend. Vater Sebastian, der niemandem Böses wollte, war in diesem Punkt ganz anderer Meinung gewesen. Zugleich, während mir das durch den Kopf ging, meldete sich ein anderer Gedanke: Ich wollte doch ganz bestimmte Dinge erfahren. Davon kamen wir immer weiter ab. Ob der Alte das bewusst so steuerte?
    »Und die dunklen Männer? Sind auch die keine Feinde?«
    »Die Dunkelmänner!« Ahasver lachte rau, aber er warf mir einen Blick zu, der gar nicht fröhlich war. Zugleich hatte ich jedoch den Eindruck, dass er froh sei, sich auf ungefährlichem Gebiet bewegen zu können. »Es fing damit an, dass ein paar Kleriker aus Köln die Äußerungen von Reuchlin heftig angegriffen haben. Besonderseiner hat sich dabei hervorgetan. Er saß im Kloster der Dominikaner, wo einmal der große Albertus gelehrt hat. Die Hohe Schule in Köln ist nicht mehr, was sie war! Reuchlin selbst und seine Freunde nahmen den Fehdehandschuh auf und antworteten, dass es eine Freude war. Sie haben den Namen Dunkelmänner in die Welt gesetzt mit einer Reihe Spottschriften, die sich gewaschen hatten! Das ist ein Gelächter von Basel bis Rotterdam, überall, wo freie humanistische Geister sitzen. Oh, diese Schriften sind schon wirklich infam! Sie sind geschrieben wie Briefe, die zwischen dem Magister und seinen Spießgesellen hin und her gehen. Und sie strotzen nur so von Dummheit und von schlechtem Latein … Haha! Bruder Dollenkopf! Magister Federleser! Magister Schlauraff! Hör zu: ›Höchster Gott, o sei mir gnädig, schick einen Teufel ab, dass er zum Galgen die Poeten und Juristen führe, die mir so viele Qualen antun …‹»
    Das Thema munterte ihn auf. Ich glaube, er hatte lange nicht mehr so herzlich gelacht. Er schlug mir sogar auf die Schulter.
    Die Gelegenheit schien allzu günstig. Der Alte hatte noch nie zuvor so offen mit mir geredet. Trotz meines grundsätzlichen Misstrauens fühlte ich, dass ich diesem Mann jetzt zum ersten Mal seit langem innerlich nahe war. Deshalb warf ich meine Vorbehalte über Bord. Diesen Augenblick durfte ich nicht ungenutzt vorbeigehen lassen!
    »Es gibt da noch eine Frage«, tastete ich mich vor. Ein skeptischer Blick von ihm. Trotzdem!, dachte ich. »Dazu habt Ihr mir nie etwas gesagt: Was bedeutet der Skorpion, den ich trage?«
    Seine Heiterkeit war wie weggeblasen. Dennoch fuhr ich fort: »Ich habe dasselbe Zeichen in der Hand dieses Mannes gesehen, auf der Straße nach Köln, als er vor meinen Augen starb.«
    Ein Schatten fiel über Ahasvers Gesicht. Aber es war nicht Zorn, sondern Schmerz, wenn ich mich nicht täuschte. Er senkte den Blick. »Es ist ein Zeichen«, sagte er. »Ein Zeichen, das nur wenigen Eingeweihten etwas bedeutet. Für alle anderen ist es einfach nur irgendein Ding …«
    »Sind diese Eingeweihten so etwas wie … Verschwörer?«
    »Es ist besser für dich, wenn du nichts darüber weißt. Das sagte ich dir schon.«
    »Aber es ist gefährlich, dieses Ding zu tragen, oder nicht?«
    »Nicht für dich. Für dich ist es gefährlich, dass du zu viele Fragen stellst!«
    Ich fühlte den Pfeil, der unter meiner Jacke steckte, und darum gab ich nicht nach.
    »Ich bin durch Euch in Gefahr! Ihr lasst mich

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