Tanz der Dämonen
entwinden.
»Habe ich dich nicht gewarnt, du Ratte?«
Aber er hat auch etwas vergessen: Ratten beißen! Meine Hand umklammert das Messer. Die letzte Rettung! Ich hole aus und stoße zu: Mit aller Kraft! Er brüllt auf wie ein Stier, sein Griff löst sich.
Ich taumele und bin frei. Drei Schritte weg, um mich in Sicherheit zu bringen. Dann wende ich mich um und sehe ihn auf den Knien. Er presst die Hand auf seinen Schenkel. Habe ich dich erwischt, du Scheißkerl?
Zähneknirschend starrt er mich an, das Gesicht wutverzerrt. Rechts und links strömen Leute aus den Häusern, die sein Gebrüll gehört haben. Zögernd treten sie näher. Da hebt er die Hand und zeigt auf mich.
»Fangt ihn mir!«, zischt er. »Greift mir diese kleine Bestie! Wollte mich umbringen, das Aas! Drei Goldstücke für den, der ihn fängt!«
Panische Angst überwältigt mich. Ich sehe Gier und Jagdlust in den Gesichtern aufglimmen. Das Messer ist mir aus der Hand geglitten. Was sollte es auch helfen – gegen diese Übermacht?
Ich muss wieder rennen!
»Tot oder lebend«, höre ich die hasserfüllte Stimme hinter mir.
Diesmal ist eine ganze Meute auf meinen Fersen. Trappelnde Füße, gierige Hände, Geschrei.
Ich renne erneut um mein Leben.
Das Schlimmste ist: Meine Kräfte sind dahin. Das Gute: Auch meine Jäger sind fast alle nicht besonders leicht zu Fuß. Doch einhalbes Dutzend Verfolger kommen immer näher. Ich höre sie keuchen, dicht im Rücken.
Aber ich weiß jetzt genau, wo ich bin. Es ist nicht mehr weit! Noch diese Gasse, nur noch eine Ecke, schon sehe ich den Torbogen der Herberge … Werde ich das letzte Stück schaffen?
Da löst sich eine schwarze Gestalt aus dem Schatten des Torwegs und tritt ins Freie. Ahasver, kein Zweifel! Es ist Ahasver! Und meine Verfolger haben ihn auch gesehen.
»Halt, ihr Höllenhunde!«, herrscht er sie an. »Zurück, sonst geht es euch schlecht!«
Erschöpft taumle ich gegen die Mauer.
»Es ist nur einer«, ruft es hinter mir. »Ein alter Mann …« Und eine andere Stimme: »Macht sie beide fertig!« Gemurmel. »Denkt an das Geld!«
Da ertönt eine ruhige Stimme von der Höhe der Mauer herab: »Hier ist noch einer.«
Da steht Sambo, kampfbereit, mit einem Stück Balken, das er wie eine Keule hält.
Und da ist auch Pietro mit einer Fackel.
Die Meute sieht Sambos schwarzes Gesicht und seine kräftigen Arme und hält inne. Wirres Getuschel.
Ahasver macht einen Schritt auf die Angreifer zu und hebt seinen Gehstock. Mit beiden Händen hält er ihn quer auf Schulterhöhe vor sich, als wolle er eine Beschwörung damit sprechen. Während ein herausforderndes Grinsen seine Zähne entblößt, bewegt er die um den Stock geschlossenen Hände langsam zu beiden Seiten auseinander. Metall kommt zum Vorschein. Er zieht eine lange, gerade Klinge aus dem Schaft des Stockes – wie ein Schwert aus der Scheide! Im Fackelschein blitzt der Stahl gefährlich auf. Da ist es mit dem Mut der Verfolger vorbei. Wie eingeschüchterte Hunde entweichen sie ins Dunkel.
»So viel Geschrei und so wenig Courage«, knurrt der Alte und klopft mir auf die Schulter. »Komm endlich rein, Junge. Bei Nacht sollten Kinder nicht mehr auf der Straße sein.«
Wie kann ich die Erleichterung beschreiben, die ich empfand, als ich an diesem Abend von der Wärme und dem Essensduft unserer Herberge umfangen wurde? Da schien es mir wenig zu bedeuten, dass ich ein Strafgericht von Ahasver zu erwarten hatte. Was konnte er sagen? Er wusste ja nichts von meinen vorherigen Abenteuern. Also würde es nur darum gehen, dass ich von neuem sein Gebot missachtet hatte, in die Stadt gegangen und mit dem Pöbel handgemein geworden war. Oder? Dennoch wurde mir unbehaglich, als sich alle anderen nach dem Mahl scheu zurückzogen und mich mit ihm allein ließen.
Lange sprach er nicht. Dann knurrte er: »Du willst den Teufel herausfordern, nicht wahr?«
Ich hatte keine Antwort.
Mit einem unwilligen Schnauben stieß er den Atem aus. »Es ist kein Spaß mehr – oder glaubst du das? Es ist bitterer Ernst. Sie haben mir das Todeszeichen geschickt!«
Es war etwas in seinem Ton, ein Ausdruck kalter Missbilligung, der mich ärger traf, als wenn er im Zorn über mich hergefallen wäre.
»Du solltest wenigstens wissen, in was du deine Nase steckst«, fuhr er fort. »Es wird dir nicht bekommen, das wollte ich dir sagen.«
»Ich muss wissen …«, setzte ich an. »Sagt mir …« – und verstummte sogleich wieder.
»Ich bin dir keine Erklärung schuldig. Tu,
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