Tanz der Dämonen
… Ja, gewiss …«
»Ist er nicht ein ausnehmend hässlicher Kerl?«
»Ja, ja, das kann man sagen …«
»Dann habe ich wahrscheinlich ihn gesehen. Ich glaube, es war ein Mann, der Euch mit der Faust gedroht hat. Euch selbst, scheint mir, sah ich in einer Art Robe und mit einer Amtskette oder so etwas.«
Die Wirkung dieser Lüge entsprach meiner Erwartung. Er biss sich auf die Fingernägel vor Spannung, wollte seine Unruhe aber verbergen.
»Es war alles so undeutlich«, sagte ich. »Und ich bin müde.«
»Nichts sonst?« Ich musste Acht geben, dass ich ihm nicht zu viel sagte. Sein Interesse musste mir erhalten bleiben. Oh, ich hatte eine ganze Menge gelernt von Ahasver!
»Es hat mich seitdem nicht losgelassen«, stöhnte ich. »Dergleichen Erschütterung hat noch nie eine Sitzung hervorgebracht. Die Bilder kommen an manchen Tagen wieder, und jedes Mal sind sie deutlicher. Ich glaube, wenn ich mich noch einmal sehr darauf konzentrieren würde … Ich bin sehr erschöpft, versteht Ihr?«
Er lehnte sich zurück und musterte mich mit einem Blick, der plötzlich voll Zweifel war.
»Du brauchst Ruhe«, sagte er. Die Aufregung war von ihm abgefallen. »Wir können später mehr davon sprechen. Inzwischen …« Und hiermit überraschte er mich nun sehr angenehm! »Inzwischen möchte ich, dass du mein Gast bist, hier in meinem Haus.«
Er ließ Speisen und Getränke auftragen. Die Magd beäugte mich argwöhnisch. Was mochte ihr Herr mit diesem Straßenlümmel zu schaffen haben? Wie ich später erfuhr, war er Witwer und hatte keine Kinder. Möglicherweise versorgte sie ihn nicht nur in Küche und Haushalt und hegte die Hoffnung, er werde sie eines Tages zur Frau nehmen.
Während wir speisten, fragte ich mich, was ihm wohl im Kopf herumging. Ich brauchte auf die Antwort nicht lange zu warten.
»Erzähl mir, dieser Ahasver … hat er seinen – äh – besonderenRuf eigentlich zu Recht? Hast du schon lange mit ihm gearbeitet? Und seine Vorhersagen: Sind sie wirklich so viel wert, wie man mir bedeutet hat?«
Ihr sollt bekommen, was Ihr haben wollt, dachte ich und sagte: »Ich weiß nicht, wer Euch von ihm erzählt hat, aber seit ich ihn kenne, bin ich aus dem Staunen nicht herausgekommen. Verlasst Euch drauf: Er hat erstaunliche Dinge vollbracht! Dem Fürsten von Eckmühl hat er ein Horoskop gestellt, das noch heute als ein Wunder gilt, und dann der Bürgermeister von Magdeburg! Dem hat er sein Amt vorhergesagt, als dieser selbst noch nicht daran geglaubt hätte, und seinen ganzen Aufstieg mit unbegreiflich genauen Einzelheiten! Ich war dabei, er hat sich meiner bescheidenen Gabe oft bedient, ganz so, wie es bei Euch gewesen ist.«
Er atmete tief. Zugleich legte sich jedoch seine Stirn in Falten. Er verfiel in ein tiefes Grübeln. Gut so! Keine Fragen nach Einzelheiten. Schließlich war ich nie in Magdeburg gewesen, und ich wusste nichts über den Fürsten von Eckmühl, außer dass ich einmal den Namen gehört hatte.
»Warum hast du dich von ihm getrennt?«
Jetzt hieß es, besonders wachsam zu sein!
»Er hat mich streng behandelt, und von seinem Verdienst habe ich nie etwas abbekommen.« Das war gar nicht völlig falsch.
Er dachte nach und murmelte dann: »Du stehst also auf der Straße. Brauchst du Geld?«
So leichthin das gesagt war, verriet es doch, dass er keineswegs ohne Misstrauen war. Nun gut. Er mochte abergläubisch sein bis zur Narrheit, aber deshalb musste er nicht dumm sein. Ich beschloss, in diesem Punkt auf Ehrlichkeit zu setzen und ihm offen zu sagen, was ich wollte. Nichts macht den Menschen mehr zu schaffen, als wenn sie sich über den Preis ihres Gegenübers im Unklaren sind. Das wusste ich damals schon.
»Nein, Herr«, sagte ich. »Es ist nicht das. Aber ich habe wirklich einen Wunsch an Euch …«
»Also sag ihn.«
Und nun, nachdem ich tief Luft geholt hatte, erzählte ich ihm in groben Zügen, worum es mir ging. Dass ich auf der Suche nach meinem Vater war, was ich mit Herrn Arndt erlebt hatte und wie sich mein Interesse auf den Aussätzigen gerichtet hatte. Seltsamerweise zeigte er wenig Verwunderung.
»Und deshalb hoffe ich, dass Ihr mir helfen werdet, weil ich gehört habe, dass Ihr Zugang zu dem Haus habt, wo diese Kranken leben …«
Er nickte nachdenklich. »Was du da gehört hast, ist richtig. Der Rat der Stadt wünscht über alles informiert zu sein, was dort vor sich geht. Das ist keine sehr beliebte Aufgabe. Ich habe sie übernommen. Sie schließt gewissermaßen die Aussicht
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