Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tanz der Dämonen

Tanz der Dämonen

Titel: Tanz der Dämonen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Westfehling
Vom Netzwerk:
auf andere, bessere Positionen ein.«
    Das ist zweifellos sein Antrieb, dachte ich. Ehrgeiz! Er hat hochfliegende Pläne, und er ist nicht mehr jung. Das erklärt die Sucht nach Zukunftsdeutung.
    »Hör zu«, sagte er. »Es fügt sich, dass ich morgen dort zu tun habe. Wenn du willst, kannst du mich begleiten.«
    Ich hatte den Verdacht, dass er diesen Besuch gerade jetzt erst angesetzt hatte, aber was sollte mich daran stören? Ich stimmte mit Erleichterung zu.
    »Was wirst du tun, wenn du dort bist?«
    »Ich möchte dem Bruder von Herrn Arndt ein paar Fragen stellen. Das ist alles.«
    »Und es wird keinen Ärger geben?«
    »Welchen Ärger, Herr? Dafür ist kein Grund …«
    Er nickte – nicht ganz ohne Bedenken, wie mir schien. »Das ist meine Bedingung«, sagte er. »Und dass du mir in allem die Wahrheit sagst.«
    »Ihr meint diese Vision neulich?«
    »Ich glaube, dass du mir mehr sagen kannst als bisher. Willst du dir das überlegen?«
    »Ich werde mir Mühe geben, Herr. Darf ich darüber schlafen?«
    Er nickte mit dem Anflug eines Lächelns. »Es gibt hier eineKammer neben der Küche. Da kannst du die Nacht verbringen. Sie hat allerdings kein Fenster …«
    »Ich bin Euch sehr dankbar.«
    Er nickte wieder. Und dann überraschte er mich so sehr, dass mir augenblicklich der Schweiß ausbrach. Er sagte, ohne den Plauderton aufzugeben: »Nimm dich vor Pater Nabor in Acht! Er vergisst niemandem etwas. Du kannst ihn nicht versöhnen. Du musst ihm aus dem Weg gehen!«
    Ich hörte seine Stimme wie durch Watte, und es fiel mir, heftig erschrocken, wie ich war, ziemlich schwer, seinen Worten zu folgen. »Ich bin … nun, ich verfüge in der Justiz dieser Stadt über gewisse Vollmachten. Ich habe, will ich sagen, eine Position in der Rechtspflege. Das mag dir genügen. Verstehst du … dein Fall gehört in meine Zuständigkeit …« Ich verstand die Erklärung, die er folgen ließ, so, dass er derzeit das Amt eines Gewaltrichters versah. »Allerdings nur vertretungsweise und noch nicht fest bestallt.« War das wohl die Hoffnung, die er vor Augen hatte? Oder zielte er höher? Nur langsam wurde mein Kopf wieder klar. Für den Augenblick hörte ich nur ein Wort heraus, und nach dem fragte ich mit trockener Stimme: »Mein Fall? Ihr wisst von mir? Was wirft man mir vor?«
    »Lass mich erklären. Es ist einfach so, dass ich von Amts wegen gewisse Vorkommnisse verfolge. Jetzt, wo die Fürsten in der Stadt weilen, müssen wir erst recht über alles im Bilde sein. Nun gut, so habe ich erfahren, dass ein Junge aufgetaucht ist, der umhergeht und Fragen stellt. Allerdings war mir bis eben nicht bewusst, dass es sich bei diesem Jungen um dich handelt. Auch über deinen Meister haben wir einige Erkenntnisse. Doch ist es mir lieber, wenn es kein Aufheben um ihn gibt. Du verstehst? Um ihn und um dich.«
    Ich spürte etwas wie Schwindel. Was hatte ich mir da eingebrockt? In welche Falle war ich getappt? Wie konnte ich entkommen?
    »Lasst mich gehen! Ich habe nichts verbrochen!«
    »Bleib ruhig. Dir droht bei mir keine Gefahr. Ich halte meine Hand über dich!«
    »Aber man hat mich beschuldigt, nicht wahr?«
    »Gewiss, gewiss. Jemand hat Anschuldigungen erhoben. Man hat …«
    »Pater Nabor«, unterbrach ich. »Ihr sprecht von Pater Nabor.«
    Seine tiefen Atemzüge sagten mir genug.
    »Ja, so ist es«, murmelte er.
    »Er hasst mich. Ich habe mir seinen Zorn zugezogen. Er will mich aus dem Weg räumen. Heute hat er versucht, mich festnehmen zu lassen. Ist er es auch, der Bruder Anselmus und die Bettler einsperren ließ? Meine Freunde?«
    Er schaute mich fast ängstlich an. »Seine Beschuldigungen sind nicht neu«, sagte er. »Er sieht diese Stadt voll böser Mächte. Er wittert Teufelswerk überall. Finstere Machenschaften, Dämonenbeschwörungen, sogar schwarze Messen. Er ist ein Eiferer. Dabei macht er keinen Unterschied, wo ein Unterschied gemacht werden muss, wie gerade du wohl sehr gut weißt … zum Beispiel zwischen schwarzer und weißer Magie …«
    »Schon wahr«, sagte ich zögernd. »Schwarz und Weiß. Gut und Böse …«
    »Du musst bedenken«, fuhr er fort, »er ist ein wichtiger Berater der Inquisitionsbehörde. Es sind nicht mehr die Zeiten eines Jacobus Hochstraten, aber man kommt an diesen Mächten nicht vorbei! Du weißt wohl, dass in gewissen Dingen die geistliche Gewalt zuständig ist. So erhebt der Erzbischof Anspruch auf die Blutgerichtsbarkeit, also Todesurteile, wenn es denn zu dergleichen kommt … Aber ich will dich

Weitere Kostenlose Bücher